Ein weiteres Geburtstagsgeschenk trägt den Titel Über das Wasser. Es handelt sich um eine Novelle, geschrieben vom niederländischen Autor Hans Maarten van den Brink. Mich hat ja schon das Cover des Buches sehr angesprochen, zwei ruhig durch leicht bewegtes Wasser gleitende Menschen in einem Ruderboot, die im Wasser eine Spuren hinterlassen. Zwei Wirbel werden zurückgelassen, dort wo die Ruder eingetaucht sind. Sehr schön und sehr gut die feine Vergänglichkeit aufnehmend, die eines der Hauptthemen der Novelle ist. Die Hauptfigur ist ein Junge, der vom Wasser, vom Fluss und vom Rudern fasziniert ist und sich aus introvertierter Perspektive kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkriegs zögernd eine neue Welt erschließt. Immer angetan vom Wasser, vom Befahren desselben, von der Kraft seines Ruderpartners. Hier tritt auch der meines Erachtens einzige Mangel hervor: der Ruderpartner des empfindsamen Helden schlägt in die in der Literatur so gerne bediente Kerbe der blonden Hanse
– Menschen, denen alles leicht zu fallen scheint, die sich zielstrebig, selbstbewußt und kraftvoll durchs Leben bewegen und die sich immer Gegensatz zur feinfühligen Hauptfigur befinden, für die sie ein Faszinosum sind. Ein Klischee, dessen Ausdruck sich auch schon bei Thomas Mann findet und das mich noch nie überzeugt hat. Davon unbetroffen bleibt die Stimmung des Textes sehr schön, vieles bleibt offen und lässt Raum für eigene Gedanken. Ein hervorragendes Büchlein über Freundschaft, Wasser und das Dahinfließen der Zeit. Eine Lesefreude von kurzer Dauer, aber nachhaltige Eindrücke gebend. Dank an Henning für die treffliche Auswahl!