Ich bin ziemlich im Hintertreffen mit den Ankündigungen der guten Nachrichten aus der Welt der Wissenschaft… Dem will ich mich heute jedenfalls ein wenig entgegenstemmen, denn ich sitze zwar erschöpft aber trotzdem beschwingt in dem Zug, der mich von der von unserem Kolleg veranstalteten Summer School Nach dem
wieder zurück nach Hause bringt. Die Organisation der Summer School war anstrengend, aber ich glaube, dass alle TeilnehmerInnen Gutes mitgenommen und gemeinsam an einem offenen akademischen Arbeiten mitgewirkt haben. Mir hat es auch reichlich Freude gemacht!Spatial Turn
: Raum im Brennpunkt disziplinärer Perspektiven
Zurück zur Nachricht: Vor einiger Zeit habe ich mich mit einem Abstract für die Tagung Die Sprache der Dinge – kulturwissenschaftliche Perspektiven auf die materielle Kultur der Gesellschaft für Ethnographie beworben. Die Bewerbung für diese spannende Tagung war zu meiner großen Freunde erfolgreich, so dass ich im November in Berlin einige Überlegungen, Videos und Absichten zur Thematisierung der Dinge in der sozialwissenschaftlichen Forschung präsentieren kann.
Wie üblich hier auch noch das Abstract:
Automatische Irritationen – Überlegungen in Video zur Initiativentfaltung der Dinge.
Beim Lösen eines Fahrscheins an einem der Fahrkartenautomaten der Deutschen Bahn wird innerhalb von ein paar Minuten eine Vielzahl von Interaktionsregistern gezogen. Die Begegnung mit dem Automaten ist eine Herausforderung für alle Beteiligten, für die Jungen oder Alten, mit Muße oder in Hast, für die Neulinge oder die Erfahrenen, für die die gerade einen Fahrschein lösen oder für die Wartenden – in der kurzen Handlungssequenz passiert sehr viel mehr als ein reines Bedienen eines passiven, technischen Apparats.
Beim Eintreten in den Bahnhof werden Türen durchquert. Die Tür als sicht- und manipulierbare Grenze zwischen Innen und Außen ist einer der zentralsten Aspekte architektonischer Konfigurationen des Sozialen. Dieses Ding markiert eine wichtige symbolische Grenze, in seiner Materialität ist es aber gleichzeitig Bestandteil von ausgesprochen alltäglichen Handlungsroutinen.
Die zwei Dinge, welche im Mittelpunkt dieser Präsentation stehen, scheinen sehr unterschiedlich zu sein: der Fahrkartenautomat ist für seine Komplexität geradezu berüchtigt, während die Tür gleichsam von selbst in den Routinen des Alltagslebens unterzugehen droht.
In dieser Präsentation sollen diese zwei Dinge jedoch nicht als
etwas behandelt werden: nicht als Symbol
, nicht als Mensch-Maschine-Interface
, nicht als Grenze
und auch nicht als Ding-an-sich
. Durch den Einsatz von digitalen Videoaufzeichnungen sollen die hier untersuchten Dinge in ihrem Wechselspiel mit dem Wahrnehmen und Handeln der Menschen hervortreten. In der detaillierten Analyse von Videosequenzen wird deutlich, welche Aspekte der Dinge in der Interaktion relevant werden. In Anbetracht des konkreten Materials soll die Frage verhandelt werden, von wo die Initiative ausgeht: handeln die Dinge oder doch nur die Menschen? In der Präsentation soll nicht nur die Performativität des Geschehens betont werden, auch die Performativität der Präsentation soll reflektiert werden: welche Herausforderungen stellen die Dinge an Methode und Methodologie der Analyse? Wie gehen wir sinnvoll mit dem um, was gelegentlich als das nicht-Repräsentationale bezeichnet wird?
In der immer auch kontingenten Interaktion mit dem Ding verflechten sich Wahrnehmen und Handeln zu einem genauso dichten Geflecht wie die Menschen und die Dinge. Auf theoretischer Ebene sollen Merleau-Ponty und die Entwicklungen in den neueren Science and Technology Studies der Analyse Instrumente an die Hand geben, mit denen ein Teil der Ordnung des Geflechts nachvollzogen werden kann.
Ich bin gespannt, wie die Diskussionen zu den Dingen in der Ethnographie/Ethnologie/Museumskunde geführt werden!