International Philosophy Colloquia Evian
20th Colloquium 2014 - Evian, 13-19 juillet 2014

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Kolloquium 1999: Wer spricht? - Das Subjekt und die Sprachen

20th Colloquium 2014


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Thema / Programm

Die Philosophie des 20. Jahrhunderts hat insgesamt eine Bewegung hin zur Sprache vollzogen. Der sogenannte "linguistic turn" der analytischen Philosophie ist nur ein Moment dieser Bewegung, die z.B. auch im hermeneutischen (Heidegger, Gadamer), gesellschaftstheoretischen (Habermas) und neostrukturalistischen Kontext (Lacan, Deleuze, Lyotard) sichtbar wird . Die Verschiebung philosophischer Fragestellungen hin zur Sprache hat also aufs Ganze gesehen keinen gemeinsamen Verlauf genommen, sondern sehr unterschiedliche Positionen hervorgebracht.

Das wird besonders an den Konsequenzen deutlich, die diese Entwicklung für den Begriff des Subjekts hat. Das Subjekt bekommt auf der einen Seite aus den sprachbezogenen Überlegungen heraus einen großen Stellenwert zugeschrieben, da es die Instanz abgibt, die Sprechakte vollzieht oder Sprache mit Intention verbindet. Auf der anderen Seite wird es regelrecht destruiert, wenn Sprache als ein System begriffen wird, das sich jeder Beherrschbarkeit entzieht. Prominent ist aus dieser Debatte das Schlagwort vom "Tod des Subjekts" hervorgegangen.

Das Kolloquium fragt also nach der Korrelation von Sprachen und Subjekt. Dabei ist es nicht in erster Linie interessant, polemische Konfrontationen vorzunehmen. Vielmehr sollen hinsichtlich dieser Frage positive Ortsbestimmungen unternommen werden. Welchen Ort hat das Subjekt aus der Perspektive der sprachreflexiven Wende? Welche Funktionen hat das Subjekt im Rahmen einer Sprachtheorie? Das sind einige der Fragen, die das Kolloquium leiten sollen.

Diese Fragerichtung ist dabei nicht als historische Beschränkung des Themas zu verstehen. Es soll nicht behauptet werden, daß Subjekt und Subjektivität allein aus den Positionen des 20. Jahrhunderts heraus gedacht werden könnten. Auch die Verortungen des neuzeitlichen Rationalismus oder des Deutschen Idealismus z.B. sind im Rahmen der Fragestellung von Relevanz, besonders wenn sie in sprachtheoretischer Perspektive reformuliert werden. Die Themenstellung hat zugleich das Ziel, eine Debatte zwischen den unterschiedlichen Positionen des 20. Jahrhunderts, besonders den analytischen, hermeneutisch- phänomenologischen und (neo)strukturalistischen Philosophien, zustande zu bringen. Exemplarisch sind es hier die Aspekte von Bewußtsein und Intention, von Verstehen und Sprachpragmatik, von Sprachkritik und Intersubjektivität, die das Spannungsfeld der Korrelation von Subjekt und Sprachen umreißen.

Die Frage nach dem Ort des Subjekts vor dem Hintergrund seiner Relevanz in und für Sprachen und Sprechen schließt ein, grundsätzlich einen Begriff von Sprache und einen Begriff von Subjekt zu entwickeln und zu diskutieren. Der Begriff der Sprache in der Spannung zwischen dem Primat des Zeichens oder dem des Satzes beispielsweise kann dabei genauso betrachtet werden wie die Differenz, das Subjekt als Reflexionsform oder als Epiphänomen zu explizieren. Sofern solcherlei Bestimmungen zur Beantwortung der Frage "Wer spricht?" beitragen, sind sie Teil des Themas, das dem Kolloquium gestellt ist.


Programm

LUNDI / MONTAG, 12.7.1999
matin / Vormittag
Kurt Röttgers (Hagen): Ça parle - Wer sagt das? Le retour des zombies / Es spricht - Qui dit ça ? Die Rückkehr der Zobmies
Olivier Ammour-Mayeur (Paris): La passe équivoque ou le don des langues / Die zweideutige Übergabe oder Die Gabe der Sprachen

APRÈS-MIDI / NACHMITTAG
Agata Zielinski (Grenoble): Le silence de l'ami ou le don fait au sujet / Das Schweigen des Freundes oder die dem Subjekt gemachte Gabe
Andreas Gelhard
(Bochum): La pensée de l'impossible et le langage / Das Denken des Unmöglichen und die Sprache

MARDI / DIENSTAG, 13.7.1999
MATIN / VORMITTAG
Nicolas Soleymieux (Grenoble) : Proposition d'une pensée radicale du corps-sujet chez Artaud / Vorschlag für ein radikales Denken des Körper-Subjekts nach Artaud
Malgorzata Kwieniewska (Lodz): Qui parle? / Wer spricht?

APRES-MIDI / NACHMITTAG
Aline Mura-Brunel (Paris) : Le silence et le sujet dans le roman balzacien / Schweigen und Subjekt in den Romanen Balzacs
Marion Picker (Paris / Baltimore): "… in dem Gefäß, das dich erfreut": Toi et chose, mot du nom et appel dans le Stundenbuch de Rilke / Du und Ding, Namenwort und Anrede in Rilkes Stundenbuch
Stéphane Patrice (Lyon) : Les mots de l'histoire dans le Vice-consul (Duras) / Die Worte der Geschichte im Vizekonsul

MERCREDI / MITTWOCH, 14.7.1999
MATIN / VORMITTAG
Ellen Cox (Chicago / Paris) : Les lois qui parlent : Derrida, Platon et une phénoménologie de l'admiration / Die Gesetze, die sprechen: Derrida, Platon und eine Phänomenologie der Bewunderung
Georg W. Bertram (Gießen): Différenciaition des signes et intention / Zeichendifferenzierung und Intention

APRES-MIDI / NACHMITTAG: libre / frei

JEUDI / DONNERSTAG, 15.7.1999
MATIN / VORMITTAG
Stefan Blank (Berlin): L'autre est singulière. Promis ! / Der Andere ist einzig. Versprochen!
Philippe Saltel
(Grenoble) : Amour et reconstitution subjective / Liebe und die Wiederherstellung des Subjekts

APRÈS-MIDI / NACHMITTAG
Karen Feldman (Frankfurt/Oder): Les succès performative et l'échec rhétorique de la conscience dans Phénoménologie de l'esprit de Hegel / Die performativen Erfolge und das rhetorische Scheitern des Gewissens in der Phänomenologie des Geistes von Hegel
Katrin Nolte (Berlin): Qui parle? Conventionalité et subjectivité chez Gadamer / Wer spricht? Konventionalität und Subjektivität bei Gadamer

VENDREDI / FREITAG, 16.7.1999
MATIN / VORMITTAG
Chris Doude von Troostwijk (Bruxelles) : 'Les confusion d'Augustin'. Lyotard sur le discours confessif / 'Die Verwirrungen des Augustinus'. Lyotard über den Bekenntnisdiskurs
Anita Kernwein (Stuttgart): "Au-delà du sujet": La pensée faible de Gianni Vattimo / "Jenseits vom Subjekt": Vattimos schwaches Denken
Marie-Helene Viart (Lille) : C'est toujours l'autre qui parle / Und immer spricht der andere

APRES-MIDI / NACHMITTAG: libre / frei

SAMEDI / SAMSTAG, 17.7.1999
MATIN / VORMITTAG
Frauke Kurbacher (Münster): ‚Comment parler?' Réflexions sur le rapprochement et la fuite / 'Wie sprechen?' Überlegungen zu Annäherung und Flucht
Thomas Bedorf (Bochum): ‚Can the Subaltern Speak'? Le sujet dans les Postcolonial Studies / 'Can the Subaltern Speak?' Das Subjekt in den Postcolonial Studies

APRES-MIDI / NACHMITTAG: discussion terminale

 

Organisation: Georg W. Bertram (Berlin), Robin Celikates (Amsterdam), David Lauer (Berlin). In cooperation with: Alessandro Bertinetto (Udine), Karen Feldman (Berkeley), Jo-Jo Koo (Dickinson), Christophe Laudou (Madrid), Claire Pagès (Paris), Diane Perpich (Clemson), Hans Bernhard Schmid (Wien), Contact: evian@philosophie.fu-berlin.de