Die Freie Schule am Mauerpark ist eine staatlich anerkannte Grundschule in freier Trägerschaft. Diese Schule entwickelt ein alternativ-pädagogisches Konzept, das auf das Lerninteresse der Kinder setzt mit Orientierung an R. und M. Wild, M. Montessori und J. Juul. In diesem Interview spricht Ute Karnopp, eine der Leiterinnen über wichtige und aktuelle Themen wie Lehrerknappheit und den Umgang mit Corona.
von Maria Bychkova
Was ist denn Ihre genaue Position und was zeichnet Ihre Schule aus? Wie unterscheidet sich diese von den Anderen?
Wir sind eine kleine Schule und ich und meine Kollegen arbeiten in der Leitung, einmal bei der Koordination von pädagogischen Themen und auch den Finanzen. Wir sind nicht mit der staatlichen Schule vergleichbar. Wir legen Wert auf kleine Arbeitsgruppen von maximal zehn Schülern und jeweils begleitenden Arbeitsleitern. Wir sind der Auffassung, dass Kinder ihre Umgebung aus eigenem Antrieb, auf ihre eigene Art und in ihrem eigenen Tempo mit allen Sinnen erforschen. Deshalb wollen wir Kindern vielfältige Entwicklungsräume anbieten in einer Schule, in der sie ungehindert ihren eigenen Impulsen folgen können beim zwanglosen Lernen sowie beim Spielen. Wir haben jetzt kein allumfassendes Schulkonzept, aber legen wie gesagt dennoch Wert auf kleine Arbeitsgruppen. Wir sind eine Grundschule, gehend bis Klasse 6. Wir verfügen über mehr Lernräume, wir arbeiten jahrgangsübergreifend und meistens arbeiten Klassen 1-3 Klasse zusammen, aber ab der vierten Klasse wird dann meistens intensiver gelehrt. Wir arbeiten reformpädagogisch, Montessori spielt eine Rolle, es gibt ganz verschiedene Konzepte.
Die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen
Durch die Pandemie müssen sehr viele Schulen zum Online Unterricht wechseln und haben öfters ausschließlich digitale Unterrichtsstunden. Nach einer kleinen Diskussion erklärte Frau Karnopp, dass an der Freien Schule der Präsenz Unterricht kontinuierlich priorisiert wird. Dies ist nur durch die geringe Anzahl an Schülern und die Bildung kleiner Arbeitsgruppen möglich. An den Berliner Schulen müssen sich Schülerinnen und Schüler sowie das Schulpersonal drei Mal pro Woche testen, wie sieht es an der Freien Schule am Mauerpark aus?
Mit welchem Gefühl starten Sie ins neue Jahr? Bei euch läuft alles also in Präsenz?
Im Einzelfall gibt es natürlich eine Unzufriedenheit oder Ausnahmen, aber generell besuchen alle unsere Schüler den Unterricht in Präsenz. Unsere Aussichten für dieses Jahr sind also auch weiterhin alles in Präsenz stattfinden zu lassen, denn das ist es was unsere Schule ermöglichen will mit den kleinen Klassen und generell der geringen Schüleranzahl auf unserer Schule. Solange alles läuft wie erhofft, bleiben wir optimistisch.
Bestehen bestimmte Impferwartungen oder Prognosen? Sind manche Kinder vielleicht sogar schon geimpft?
Nein, die meisten sind nicht geimpft, es gibt Einzelfälle bei denen es so ist, aber dies ist in jedem Fall die Entscheidung Familien oder der Eltern. Dies wird auch nicht nachkontrolliert und wird in der Zukunft auch nicht so sein.
Werden die Kinder getestet und wenn ja wie oft?
Ja, die Kinder werden täglich getestet. Bei niedrigen Inzidenz Fällen vier mal die Woche, aber generell eigentlich jeden Tag. Eigentlich auch immer sofort in der Schule oder in manchen Fällen auch von zu Hause aus. Man kann sagen, dass wir an unserer Schule durch die geringe Schülerzahl definitiv in der Lage sind das Coronavirus im Rahmen zu halten. Wie gesagt Einzelfälle gibt es natürlich auch.
Wir befolgen eigentlich die vom Senat vorgegebene Regeln. Die Modi sind verschieden und hängen von der Lage und aktuellen Vorschrift ab. Die angepasste Testfrequenz gilt jeweils auch für das schulische Personal.
Lehrermangel wird bundesweit ein Problem
Wie ma aus einer Studie der Bertelsmann Stiftung entnehmen kann, wird die Zahl der Schüler bis 2030 bundesweit um 278.000 auf 11,2 Millionen steigen. Es wird also mehr und mehr Schüler und auch weniger Lehrer geben. Dieses Problem hat sich auch durch die Corona Pandemie verschärft und man beobachtet an vielen Schulen den Lehrermangel.
Was halten Sie von der Situation? Herrscht bei Ihnen das gleiche Problem?
Es ist ein Problem. Oft sind Lehrer betroffen und müssen zu Hause bleiben weil sie dann in Quarantäne müssen. Ja auf jeden Fall ist dies ein großes Problem. Insbesondere zur heutigen Zeit. Zwar noch nicht soweit, dass wir die Schule zu machen müssen, aber es ist auf jeden Fall ein Problem.
Warum denken Sie gibt es immer weniger Menschen die Lehrer werden wollen?
Naja zum Beispiel bei uns, da wir eine freie Schule sind, ein freier Träger, was bedeutet, dass bei uns die Bezahlung dementsprechend weniger ist. Ich kann leider nicht für andere Schulen sprechen, aber bei uns liegt es vermutlich an der Bezahlung. Sprich, dass sich bei uns Lehrer nicht bewerben, liegt hauptsächlich an der finanziellen Situation. Ich würde aber behaupten, dass dies bei anderen Schulen nicht anders aussieht. Bei uns wird ein Lehrer oder Lehrerin sagen, dass wir knapp 3000 € für eine 36 Stunden Stelle bezahlen und dies ist für viele natürlich nicht so attraktiv. Wenn die Leidenschaft für das Konkrete hier, für das Reformpädagogische gegeben ist, dann engagieren sich die Menschen natürlich auch. Dann ist das gar kein Thema. Jedoch wenn eine Person wirklich auf das Geld angewiesen ist, sieht der Lehrerberuf nach einer schlechten Option aus.
Wie sieht es mit Quereinsteigern aus? Was für Qualifikationen braucht man?
Wir brauchen die Qualifikationen eines Lehramt Studenten. Es gibt natürlich hier und da auch Quereinsteiger aber grundsätzlich brauchen wir die Qualifikationen. Wir brauchen wirklich jemanden der auch Lehramt studiert hat. Die Schule muss diese bestimmten Qualifikation auch einhalten, wir sind zwar eine freie Schule, aber auch staatlich anerkannt also müssen wir auch die Qualifikation gegenüber dem Senat einhalten – müssen auch ab und zu die Qualifikation nachweisen. Der Lehrer oder die Lehrerin kriegt eine so genannte Lehr- oder Unterrichtsgenehmigung vom Senat. Beispielsweise wenn bei uns eine Kollegin neu anfängt, müssten wir diese Qualifikationen einreichen und erst dann erhält man eine Unterrichtsgenehmigung. Mann muss auch dementsprechend ausgebildet sein um mit so einem Job zurecht zu kommen. Die Lautstärke in den Klassen sorgt nicht selten für Kopfschmerzen den ganzen Tag lang. Wir haben die Möglichkeit Quereinsteiger aufzunehmen, diese müssen aber einen bestimmten Schlüssel einhalten. Diese Quer- und Seiteneinsteiger unterrichten oft zum ersten Mal in ihrem Leben. Das Problem ist einfach: es gibt zu viele Schüler und zu wenige Lehrer.
Was würden Sie Menschen raten die Lehrer werden wollen? Was sind Ihre Aussichten für die Zukunft?
Das Einzige was ich sagen kann ist: Engagierte junge Menschen werden absolut gebraucht.
Wir können alle nur hoffen, dass sich die Zeiten ändern werden und alle Ihren wahren Weg finden werden.
Maria Bychkova ist 20 Jahre alt und studiert an der Freien Universität Englische Philologie im Kernfach und Publizistik- und
Kommunikationswissenschaft als Zweitfach. Sie ist eine totale Leseratte
und in ihrer Freizeit gibt es nichts schöneres für sie, als mit einem
Buch draußen zu sitzen und zu lesen.