Zum 31. Dezember letzten Jahres ist Prof. Dr. Helga Haftendorn aus dem Dienst der Freien Universität Berlin ausgeschieden, ohne allerdings damit ihre aktive Arbeit einzustellen.
Helga Haftendorn kam 1978 von der Universität Hamburg bzw. der damaligen Hochschule der Bundeswehr an die Freie Universität Berlin. Geprägt durch die Aufbaujahre der Bundesrepublik und einen Studienaufenthalt in den USA, hat sie sich vor allem auf die deutsche und amerikanische Außenpolitik, die Nordatlantische Allianz und die internationale Sicherheitspolitik spezialisiert. Folgerichtig gründete sie 1986 die Arbeitsstelle &Mac226;Transatlantische Außen- und Sicherheitspolitik am damaligen Fachbereich Politische Wissenschaft. Vor allem in ihren Berliner Jahren sind zahlreiche Bücher, Sammelbände und Aufsätze entstanden, die nach wie vor von der Wissenschaftsgemeinschaft häufig zitiert und oftmals auch als Grundlagentexte für die Lehre im Fach Verwendung finden.
Akademischer Katalysator
Grundlagen der nachhaltigen Arbeit Helga Haftendorns sind zum einen die erfolgreiche Einwerbung von Drittmitteln bei deutschen und amerikanischen Stiftungen (Deutsche Forschungsgemeinschaft, VolkswagenStiftung, Thyssen-Stiftung, MacArthur Foundation, Ford Foundation etc.) und zum anderen die ausgeprägt internationale Ausrichtung ihrer Arbeit. Die eingeworbenen Drittmittel hat sie jedoch nie allein für Forschungsprojekte eingesetzt, sondern sie dienten vor allem Ausbildungsprojekten. So wurde die Doktorandenförderung zu einem der zentralen Markenzeichen ihrer Arbeit. Die Arbeitsstelle funktioniert im Sinne von Frau Haftendorn als akademischer Katalysator, so dass heute eine große Zahl von Diplomierten und Doktorierten aus dem Haftendorn-Stall in hohen Positionen auf nationaler und internationaler Ebene zu finden sind: in der Politik und in der Wissenschaft sowie für viele überraschend in der Wirtschaft.
Als Gastprofessorin lehrte Prof. Haftendorn in den USA (Georgetown University, 1977-78; Stanford University, 1982-83) sowie am European University Institute in Florenz (1989). Darüber hinaus ist sie in zahlreichen &Mac226;Boards und &Mac226;Steering Commitees namhafter Institutionen tätig (u.a. an der Harvard University in den USA, am International Institute for Strategic Studie in London und am Stockholmer Friedensforschungsinstitut
SIPRI). 1991/92 wurde sie Präsidentin der International Studies Association. Weitere Anerkennung fand ihre wissenschaftliche Leistung vor allem durch die 1993 erfolgte Wahl in die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Im November 1995 erhielt Helga Haftendorn den renommierten Max-Planck-Forschungspreis für internationale Zusammenarbeit. Bezeichnenderweise verwendet sie das damit verbundene Preisgeld für ein Kooperationsprojekt mit dem Center for International Affairs an der Harvard University zweifellos die Top-Adresse in der Welt für ein derartiges Vorhaben, das 1999 mit einer gemeinsamen Veröffentlichung beider Forschungsgruppen erfolgreich abgeschlossen wurde.
Berufung in Bundeswehr-Kommission
Anerkennung hat Helga Haftendorns Arbeit indessen nicht allein in der akademischen Welt gefunden. Sie versteckt sich selbst und ihre Mitarbeiter/innen und Studierenden nicht im &Mac226;Elfenbeinturm, sondern will auch Außenwirkung im politischen Raum erzielen. Augenfällige Wertschätzung hat ihre Kompetenz in diesem Bereich zuletzt durch die 1999/2000 erfolgte Berufung in die Kommission der Bundesregierung zur &Mac226;Gemeinsamen Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr gefunden. Auch von dieser Praxisorientierung profitieren wiederum oft die Studierenden, indem gewissermaßen nebenbei attraktive Praktikumsplätze im In- und Ausland vermittelt werden.
Auch nach ihrem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst bleibt Helga Haftendorn der akademischen Arbeit weiterhin verpflichtet. Sie ist Mitherausgeberin der Akten-Edition zur auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland, schreibt an einer Monographie zur deutschen Außenpolitik und arbeitet in einem Verbundprojekt mit französischen und amerikanischen Partnern zur Problematik der &Mac226;triangle relations zwischen Berlin, Paris und Washington.
Ihre Studierenden und Mitarbeiter/innen haben nicht allein die Sachkompetenz, sondern vor allem auch ihre Offenheit für neue Entwicklungen sowie die Fairness im Umgang geschätzt. Mit großer Genugtuung konnte Helga Haftendorn zum Abschluss ihrer Arbeit an der Freien Universität Berlin erfahren, dass ihre fruchtbare Arbeit nicht zuletzt dadurch gewürdigt wird, dass es gelang, mit Prof. Dr. Thomas Risse einen Nachfolger für die Professur zu finden, dessen hohe Standards und internationale Ausrichtung ganz in ihrer eigenen Tradition stehen. Ihr Rat wird trotzdem in vielen Fragen auch weiterhin gesucht und gefunden werden.
Dr. Ingo Peters
Foto: Kundel-Saro
Der Autor ist Akademischer Rat in der Arbeitsstelle Transatlantische Außen- und Sicherheitspolitik am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität und war dort langjähriger Mitarbeiter von Professor Haftendorn.