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[Ausgabe 7-2001]
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[Welche Erwartungen hat die FU an die künftige Berliner Hochschulpolitik]

„Wozu Latein, wenn man gesund ist?“, soll ein Mitschüler von Uwe Wesel kurz vor dem Abitur an die Tafel geschrieben und damit viel Ärger hervorgerufen haben. Eine Fragestellung, die Die Zeit in ihrer Ausgabe 36/1999 provokant als Überschrift für einige fragmentarische Lebenserinnerungen von Wesel wählte. Die Provokation war, zumindest im zweiten Fall, dem Gegenstand der Betrachtung auch angemessen: „Sein zweites Gesetz ist das Anecken“, schrieb Der Tagesspiegel in seiner Ausgabe vom 14.02.2001.

Dabei weist sein akademischer Werdegang auf den ersten Blick keine provokanten Besonderheiten auf: Nachdem Uwe Wesel zunächst 1953 in seiner Heimatstadt Hamburg das Studium der klassischen Philologie aufgenommen hatte, wechselte er 1957 zur Rechtswissenschaft und 1958 nach München. Dort legte er auch beide juristische Staatsprüfungen ab. Nach dem 1. juristischen Staatsexamen wurde er 1961 Assistent von Prof. Wolfgang Kunkel. Nach der Promotion habilitierte er sich 1968 an der Ludwig-Maximilians-Universität München für die Fächer Römisches Recht, Bürgerliches Recht und Zivilprozessrecht. Noch 1968 erhielt Wesel einen Ruf auf eine ordentliche Professur für eben diese Fächer an der Freien Universität Berlin, den er 1969 annahm. Den Lehrstuhl hatte er bis zu seiner Emeritierung im vergangenen Semester inne.

Inhaltlich allerdings eckte Uwe Wesel umso stärker an, sei es in hochschulpolitischen Fragen oder in der allgemeinen, insbesondere auch rechtspolitischen Diskussion. Von seinem Amt als Vizepräsident, der er seit 1969 war, trat er 1973 zurück, da er „zumindest nach Ansicht seiner Kritiker zunehmend Sympathie für linksextreme Positionen“ (Munzinger Archiv) in seiner Amtsführung an den Tag gelegt haben soll. Aus diesem Grund wurde er 1974 aus der SPD ausgeschlossen. Als Strafverteidiger in politischen Verfahren, als Mitglied der Jury des 3. Internationalen Russell-Tribunals („Zur Situation der Menschenrechte in der Bundesrepublik Deutschland“) 1978/79 und ganz allgemein mit seinen meist medienwirksamen öffentlichen Kommentaren und Stellungnahmen nicht nur zu rechtspolitischen Fragen sorgte Wesel für viel Aufregung. So führte zum Beispiel seine Forderung nach Abschaffung der Gefängnisse zu einer breiten Diskussion in der Presse.

Uwe Wesel bezieht nicht nur eindeutig Stellung. Es ist ihm ein echtes Anliegen, unser Rechtssystem – auch in seiner historischen Entwicklung – einer breiten, juristisch interessierten, nicht notwendig juristisch vorgebildeten Öffentlichkeit näher zu bringen, es verständlich zu machen und natürlich kritisch zu hinterfragen. Insbesondere die jüngste deutsche Geschichte fand in den vergangen Jahren sein Interesse. Neben seinen zahlreichen Hörfunkbeiträgen, beispielsweise in der Reihe „Zeitzeichen“ des WDR, und den vielen Zeitungsartikeln und Kommentaren, dienten vor allem seine Bücher diesem Ziel: so etwa „Der Mythos vom Matriarchat“ (1980), „Aufklärungen über Recht. Zehn Beiträge zur Entmythologisierung“ (1981), „Juristische Weltkunde. Eine Einführung in das Recht“ (1984), „Frühformen des Rechts in vorstaatlichen Gesellschaften“ (1985), „Fast alles, was Recht ist“ (1992), „Der Honecker-Prozeß. Ein Staat vor Gericht“ (1994), „Die Hüter der Verfassung. Das Bundesverfassungsgericht, seine Geschichte, seine Leistungen und seine Krisen“ (1996), „Geschichte des Rechts. Von den Frühformen bis zur Gegenwart“ (2. Aufl., 2001) und zuletzt „Risiko Rechtsanwalt“ (2001), um nur die wichtigsten Werke zu nennen.

Strukturen sichtbar machen

Wesels zur Meisterschaft entwickelte Fähigkeit, komplexe Sachverhalte verständlich und sprachlich brillant (was ihm auch die Mitgliedschaft als Essayist im P.E.N.-Club einbrachte) darzustellen, hat naturgemäß auch Einzug in seine Lehrveranstaltungen gefunden. Als erklärter „Makrologe“ verstand er es in unterhaltender Weise, große Zusammenhänge darzustellen und Strukturen sichtbar zu machen. Gerade seine Veranstaltungen zur Rechtsgeschichte ermöglichten den Studierenden Einblicke, die ihnen so in keinem Lehrbuch geboten wurden.

Emeritierung bedeutet Entpflichtung, unter Wahrung aller Rechte. Es ist zu wünschen, dass Uwe Wesel noch rege von seinen Rechten Gebrauch machen wird. Gerne auch mit einer Vorlesung zum römischen Recht, solange er gesund bleibt.

Dr. Christian Ahcin

Der Autor war wissenschaftlicher Assistent und langjähriger Mitarbeiter von Uwe Wesel am FB Rechtswissenschaft.

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