[Freie Universität Berlin] [FU-Nachrichten - Zeitung der Freien Universität Berlin]
 
  
[Ausgabe 7-2001]
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Wie demnächst wohl die meisten Universitäten in Deutschland, so steht auch die Freie Universität schon mitten in einer Emeritierungs-/ Pensionierungswelle von Professoren/innen. Diese Welle hat zu Beginn der 90er Jahre begonnen (s. Grafik) und ist Folge der gewaltigen Expansion des Hochschulsystems und der damit verbundenen erheblichen Zunahme der Zahl von Professuren zu Beginn der 70er Jahre (s.Tabelle).

Gleichzeitig mit dem anstehenden Generationswechsel findet an der Freien Universität ein Abbau der Zahl der Professuren statt, die gegenüber 1990 fast auf die Hälfte vermindert werden. Dies belastet die Universität zusätzlich, zumal der Rückgang der Studierendenzahlen nicht mit dem der Professuren Schritt hält. Trotz des Stellenabbaus steht die Freie Universität auch vor einer Welle von Neuberufungen. Im Gegensatz zu dem stetigen und daher unmerklichen Erneuerungsvorgang früherer Jahrzehnte bedeutet der auf wenige Jahre komprimierte Generationswechsel für die Freie Universität daher auch eine große Herausforderung.

Mit der Erneuerung verbinden sich aber nicht nur Risiken, sondern auch große Chancen, die durch eine kluge Berufungspolitik in dem anstehenden „Wettbewerb um die besten Köpfe“ genutzt werden müssen. Denn angesichts des Stellenabbaus, der damit verbundenen inhaltlichen Neukonfiguration der Fächer, der Entwicklung neuer wissenschaftlicher Fragestellungen und den veränderten Erwartungen an das Leistungsspektrum einer Universität kann es nicht nur wie bisher darum gehen, einen Berufungsvorgang im Wesentlichen auf die sorgfältige Prüfung der fachlichen und akademischen Qualifikation einzelner Bewerbungen zu beschränken. Denn die Bedeutung jeder zur Besetzung anstehenden Professur wird auch im Interesse neuer Forschungskooperationen im fachlichen Zusammenhang mit allen anderen neu zu überdenken und im Hinblick auf ein spezifisches Profil abzuwägen sein, wobei auch der Kompetenzbereich jeder einzelnen Professur im Interesse einer nicht nur auf Spezialitäten konzentrierten Lehre weniger eng definiert werden sollte.

Mit strategischer Berufungspolitik Leistungsfähigkeit sichern

Und schließlich sollten im Interesse des wissenschaftlichen Nachwuchses und einer ausgewogeneren Altersverteilung Entscheidungen für jüngere Bewerber/innen ermutigt werden – das gilt ebenso für Frauen und für Kandidaten/innen aus dem Ausland oder zumindest mit Auslandserfahrungen. Insbesondere die Förderung der Internationalität durch Berufungen aus dem Ausland liegt im strategischen Interesse der Universität in dem zunehmenden internationalen Wettbewerb. Wo aber der „Kandidaten-Markt“ leergefegt sein sollte, sollte eine Berufung nicht als Selbstzweck zwanghaft dennoch stattfinden, sondern Mut zur Lücke bestehen oder vielleicht stattdessen eine Nachwuchsgruppe gefördert werden. Fachbereiche und ihre Berufungskommissionen tragen zunehmend die Verantwortung, jenseits aller fachspezifischen Überlegungen auch solche strategischen Ziele erfolgreich umzusetzen. Denn es gilt, die Leistungsfähigkeit der Freien Universität in Forschung und Lehre, ihr internationales Profil und ihre Attraktivität als „Centre of Excellence“ für die kommenden Jahrzehnte nicht nur zu sichern, sondern zu stärken. Wir sollten bei alldem nicht vergessen: Der allgemeine Anspruch an die Universität ist durch ihre Rolle in der wiedervereinigten Hauptstadt, die eine europäische Metropole werden will, nicht geringer, sondern umfassender geworden. Mit der Erneuerung der Professorenschaft wird dies einzulösen sein.

Die FU-Nachrichten wollen den anstehenden Generationswechsel durch besondere Berichterstattung begleiten. Dies erfordert nicht so sehr die große Zahl der „Personalvorgänge“ als die Würdigung der Lebensleistung der Ausscheidenden – das gehört ebenso selbstverständlich zum akademischen Stil wie die Begrüßung der Neuberufenen. Natürlich gilt dies ebenso für die Studierenden: Fachbereiche verabschieden daher ihre Absolventen/innen, und wir begrüßen die Neuimmatrikulierten in der zentralen Immatrikulationsfeier. Auch das Sommerfest im Juli, der FU-Ball im November, die Feier des FU-Gründungstags am 4. Dezember, die Immatrikulations-, Promotions- oder Diplomfeiern, die Veranstaltungen des Campus-Clubs für Erst- und Zweitsemester, der Begrüßungsempfang für ausländische Studierende und Gastwissenschaftler/innen sowie die Aktivitäten der Ernst-Reuter-Gesellschaft der Freunde und Förderer der Freien Universität dienen der Pflege des inneren und äußeren Stils der Freien Universität. Durch diese Aktivitäten will sich die Universität ein persönlicheres Gesicht geben, um nicht nur als Arbeitsplatz, sondern auch als Treffpunkt sichtbar und erlebbar zu sein – auch für diejenigen, die inzwischen die Universität verlassen haben.

„Die Freie Universität lebt durch die Personen,die in ihr tätig sind.“

Manche der jetzt Ausscheidenden blicken auf eine Zeit zurück, die ihnen vielleicht wenig Anlass für anhaltende Bindung gegeben haben mag, denn die Freie Universität hat in den letzten 40 Jahren nicht nur friedfertige, sondern auch bittere, teilweise ideologisch besetzte Auseinandersetzungen erlebt. Dass sie aber das Bewusstsein für ihre Kernaufgaben auch über solche schwierigen Zeiten hinweggerettet hat, ist an ihrer heutigen Leistungsstärke abzulesen: Bislang jedenfalls ist sie nach der Leistungs„messung“ der zuständigen Senatsverwaltung die erste Adresse in Berlin und dass sie auch international eine sehr gute Adresse ist, zeigen die erfreulich zahlreichen Gastwissenschaftler/innen aus aller Welt, die zu einem wissenschaftlichen Studienaufenthalt hierher kommen.

Dies ist Anlass, denen zu danken, die einen großen Teil ihrer Lebensleistung an der Freien Universität erbracht haben. Wir wünschen Ihnen, dass Sie mit Befriedigung und Stolz zurückblicken. Sie hinterlassen eine Universität, die Ihre Nachfolger/innen – wie ihre Rufannahme beweist – als eine Universität mit Zukunft betrachten. Das ist Ihnen zu danken. Die Freie Universität lebt durch die Personen, die in ihr tätig sind – darum ist auch die jetzt anstehende Erneuerung so wichtig. Aber sie lebt auch durch die Personen, die ihr nach Ende ihrer aktiven Tätigkeit verbunden bleiben. Wir verabschieden uns von Ihnen mit Dank und Respekt und hoffen darauf, dass Sie „Ihrer Universität“ in Wohlwollen zugewandt bleiben.

Univ.-Prof. Dr. Peter Gaehtgens Präsident der Freien Universität Berlin

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