Leben mit Traum

Leben mit Traum

Cornelius Bütow studiert an der Neuen Schule für Fotografie und momentan sind fünf seiner Werke in der Ausstellung SHOES zu sehen. Noch bis zum 18. September 2016 sind seine Fotos neben denen von 13 anderen jungen Künstlern in der hauseigenen Galerie der Neuen Schule für Fotografie ausgestellt. Wir sprachen über die Anfänge in einer Szene, in der es schwierig ist, Fuß zu fassen.

Von Hannah Sophia Raehs

Hallo Cornelius. Du studierst an der Neuen Schule für Fotografie hier in Berlin. Wie kam es dazu, woher kam die Motivation?

Ich hab zu meinem 18ten Geburtstag meine erste digitale Spiegel-Reflex-Kamera bekommen. Einfach aus dem Grund, weil ich das Geräusch mochte, das die Kamera macht, wenn es auslöst und die Tiefenunschärfe. Habe damit dann extrem viel ausprobiert und habe gemerkt, dass das ‘ne Sache ist, die mir extrem viel Spaß macht und generell war das halt auch ‘ne Zeit in meinem Leben, wo ich mir Gedanken machen musste, wo ich hingehen will mit meinem Leben und hab dann gedacht: „Fotografie ist ‘ne coole Sache, das hab ich früher schon gerne gemacht.“

Und dann kam mehr oder weniger gleichzeitig das Interesse zur Mode und dann war das so: „Hey, die beiden Sachen kann man eigentlich ganz cool kombinieren.“ Nach der Schule habe ich dann ein Praktikum bei ‘nem Werbefotografen gemacht und danach dann bei ‘nem anderen Fotografen und da war für mich schon klar, dass ich das auch gerne studieren will und in die Richtung weiter gehen möchte.

Welche Gründe gab es für die Entscheidung an dieser Schule zu studieren?

Es gibt in Berlin eigentlich nur vier Universitäten oder auch Schulen, an denen man Fotografie als Hauptfach studieren kann. Und da kommt es dann darauf an, welche Ausrichtung die Schule hat. Da kamen für mich nur zwei in Frage. Und zwar die Neue Schule für Fotografie und der Lette Verein. Der hatte mich halt beim ersten Mal leider nicht angenommen und ich habe mich zusätzlich bei der Neuen Schule beworben und die hat mich angenommen. Da habe ich dann erstmal ein Semester studiert und dann habe ich mich nochmal beim Lette Verein beworben und der hat mich wieder abgelehnt. Dann hab ich mir gesagt: „Okay Scheiß drauf, bleibste einfach da.“

Und wie sieht so eine Bewerbung aus?

Wir stellen ‘ne Mappe zusammen, die bei der Neuen Schule für Fotografie allein aus freien Arbeiten bestehen musste. Du solltest dich selbst halt darstellen: deine Interessen, deine Darstellung, deine Art von Fotografie. Und das sah bei der Neuen Schule für Fotografie eigentlich relativ entspannt aus. Man wurde eingeladen zum Bewerbungsgespräch, nachdem man sich beworben hatte mit Motivationsschreiben und dann kam man mit der Mappe. Dann musste man noch ein, zwei Wochen warten oder sowas und dann kam auch schon die Antwort.

Und das ist eine private Universität?

Uni kann man das eigentlich nicht nennen. Sondern wirklich eine Schule und die ist komplett privat.

Das heißt du absolvierst dort eine Ausbildung?

Der Nachteil an der Schule, wenn man das überhaupt als Nachteil bezeichnen kann, ist, dass sie halt nicht staatlich anerkannt ist. Das ist halt wirklich ‘ne private Schule, wo man monatlich oder pro Semester zahlt.

Das heißt ich hab danach einen Abschluss von der Neuen Schule für Fotografie. Und das ist ja mit das Tolle an dem Studiengang der Fotografie, man braucht keinen staatlichen Abschluss, weil es im Prinzip in der Branche darauf ankommt, wie viel du kannst, wie gut du bist, wie kreativ du bist. Und natürlich extrem darauf, welche Connections du hast.

Neue Schule für Fotografie

Die Neue Schule der Fotografie existiert in ihrer heutigen Form seit 2007 und ist lokalisiert in Berlin-Mitte. Die Gebühren betragen in den ersten beiden Semestern monatlich 325€, in den darauffolgenden 270€. Cornelius arbeitet nebenher bei der Modekette Zara, um sich zu finanzieren.

Darauf können wir ja später nochmal zurückkommen. Wie ist das Studium denn aufgebaut in der Regel?

Es gibt nicht jede Woche Unitage. Es ist generell so, dass du im ersten Semester noch am meisten Unterricht hast. Da bekommst du die Fächer, die du belegen musst. Da ist die Fachklasse, wo du am meisten Unterricht hast und da hast du feste Aufgaben, zu denen du fotografieren musst und die du dann zum nächsten Unterricht mitbringst. Die werden da dann auch besprochen. Das ist alles sehr zeitintensiv.

Im ersten Semester war analoge Fotografie Thema, da gab es auch den Technik-Unterricht, wo du die Grundlagen der Kamera und der Filme gelernt hast, wie ist so ein Film überhaupt aufgebaut, von der Chemie her, und solche Dinge. Und dann natürlich die Dunkelkammertechnik. Das war alles sehr spaßig fürs erste Semester, danach war ich aber auch sehr froh als ich wieder ins Digitale wechseln konnte. Ich fotografiere viel zu viel, als dass ich analog gut fotografieren kann. Bei analog musst du dir halt echt überlegen, ob das das Bild ist, das du haben möchtest. Oder ist es noch nicht genau das.

Nun habt ihr an der Neuen Schule der Fotografie ja immer wieder Ausstellungen. Wer organisiert die? Studenten? Kommilitonen?

Das machen die Dozenten, die auch darauf spezialisiert sind, Ausstellungen zu kurieren. Zum Beispiel unsere letzte Ausstellung. Wir hatten im Semester die Aufgabe Schuhe zu fotografieren, unter dem Aspekt Modefotografie. Und der Dozent war von meinen Arbeiten so dermaßen begeistert, dass er gesagt hat: „Ey cool, wir haben bald Fashionweek in Berlin und die Galerie von der Schule ist noch nicht verplant zu dem Zeitpunkt.“ Also hat er zwei weitere Klassen zu dem Thema fotografieren lassen und die Leute, die ausstellen wollen, gebeten sich bei ihm zu bewerben. Und dann hat er die Besten ausgewählt.

Herzlichen Glückwunsch.

Danke sehr. Und das hat er gemacht und eine Ausstellung mit dreizehn Fotografen zusammengestellt. Wir haben uns dann im Vorhinein nochmal getroffen und er hat sich die Arbeiten angeguckt, gesagt, ob man vielleicht nochmal ein Bild rausnehmen könnte oder ein anderes reinnehmen. Er wollte unsere Vorschläge zur Präsentation der Bilder hören und hat selber welche gebracht. Und ich bin mit seiner Wahl des Ortes super happy, weil man die Bilder halt auch sieht, wenn man draußen auf der Straße vorbeiläuft.

Ist denn so eine Ausstellung bei der man Präsenz zeigt und Werke präsentiert eine wichtige Möglichkeit Kontakte zu knüpfen?

Generell  möchte ich das nicht verneinen, aber ich habe gemerkt, dass die Ausstellungen, die bei uns laufen, schon eher die Abschlussarbeiten sind, die dann auch am meisten besucht werden. Also auch bei uns in der Galerie der Schule. Bei unserer Ausstellung SHOES war zwar auch was los, aber weniger als bei ‘ner Abschlussarbeit. Hängt auch damit zusammen, dass es so kurzfristig war. Nur zwei Wochen vor der Vernissage wussten wir, dass wir ausstellen werden. Das heißt im Vorhinein lief nicht so viel, was PR angeht. Wir hatten zwar Flyer und Plakate, die wir verteilen konnten als Studenten, und ich hab mich auch bemüht die zu verteilen aber…

Die Frage ist ja immer wie weit sowas reicht.

Genau, ich denke es waren wirklich am meisten Freunde und Bekannte von Ausstellenden dabei. Aber auch der Projektleiter von der Firma REX, der sich mit mir ein bisschen über meine Arbeiten unterhalten hat und ich denke da ist es im Bereich des Möglichen, dass ich eins meiner Werke an ihn verkaufen kann.

Es ist also möglich, Connections zu machen durch so eine Ausstellung, aber das ist immer ‘ne Glückssache.

Klar. Und wenn man sonst Kontakt knüpfen möchte, muss man Initiative ergreifen und sich vorstellen und bewerben.

Ja, und da muss ich sagen, ist von der Schule bisher wenig gekommen. Also, ich kann bisher noch nicht sagen, dass ich einen einzigen Kontakt über die Schule geknüpft habe, bis auf diese Ausstellung. Da muss man schon selber sehr hinterher sein.

Also existiert ein großes Konkurrenzverhalten innerhalb…

Innerhalb der Studenten nicht wirklich…

…aber innerhalb der Szene.

Ja, man weiß halt, dass es eine Branche außerhalb der Schule gibt. Und das merkt man besonders über social media, wie groß die Konkurrenz tatsächlich ist. Und auch sehr qualitativ.

Cornelius Bütow

Cornelius Bütow

Bist du denn jemand, der sich hinsetzt und checkt, was andere machen. Lässt du dich davon beeinflussen?

Hm, beeinflussen, kann ich nicht sagen. Aber es interessiert mich auf jeden Fall. Wenn ich zum Beispiel bei facebook Arbeiten von anderen Fotografen sehe, denke ich mir: „Oke, cool. Wow. Sehr geil.“ Bewunderung ist schon da, natürlich. Besonders wenn man weiß, was dahinter steckt, worauf man bei ‘nem Bild achten muss. Man sieht, wo andere schon sind, wo man selber vielleicht noch nicht angekommen ist.

Ich sehe natürlich den Unterschied zu früheren Arbeiten, den Fortschritt. Aber das hängt wieder nicht so sehr mit der Schule zusammen. Da merke ich eher wie sehr mein persönliches Umfeld mich auch in meiner Fotografie prägt. Besonders auch durch meinen Job bei Zara, da merke ich: „Okay das geht in diese Richtung mit der Mode.“ Dann entwickle ich mich persönlich natürlich auch weiter, auch mit meiner Mode und meinem Verständnis von Mode. Aber natürlich auch in meiner Fotografie.

Und das ist das, was du machen möchtest? Modefotografie?

Ja, auf jeden Fall. Zu guten 70/80%. Das ist ‘ne Sache, von der ich weiß, dass es mich sehr stark interessiert. Ich kenne mich aber auch sehr gut und weiß, dass ich später nicht nur das eine mache, was ich dann tagtäglich mache. Weil  ich einfach ein Typ bin… ich brauche extrem viel Abwechslung. Deswegen könnte ich z.B. auch nie ‘nen Bürojob machen, ich brauch die Abwechslung, Und natürlich hast du die auch in der Modefotografie, weil du ja mal den Designer fotografierst, mal die Kollektion von dem Designer, aber ich brauche auf jeden Fall auch die Werbefotografie. Natürlich in ‘nem bestimmten Bereich der Werbefotografie, der sehr viel mit der Mode zusammen hängt, aber sich auf ein Produkt konzentriert. Aber ich will halt später nicht mein ganzes Geld nur mit der Fotografie erwirtschaften.

Weil es nicht möglich ist, oder..?

Natürlich ist es möglich, aber ich weiß einfach… durch das Studium habe ich einfach gemerkt, es ist nicht allein die Fotografie die mich interessiert, es ist auch zu einem sehr großen Teil die Mode, die mich interessiert. Da kann ich mir halt auch sehr gut vorstellen, dass ich später in ‘nem Modemagazin arbeite und da irgendwelche Kombinationen zum Stil des Magazins erstelle. Das kann ich mir total gut vorstellen!

Das ist also deine berufliche Vorstellung, das würdest du gerne in so 10, 20 Jahren machen.

Genau, also schon sehr viel mit Fotografie. Aber durch meinen jetzigen Beruf weiß ich auch wie entspannt es ist, dass man weiß, dass man jeden Monat sein Gehalt hat. Und das hast du halt als selbstständiger Fotograf nicht. Da musst du wirklich Tag für Tag hasseln, dass du deine ganzen Aufträge bekommst. Und da kann es dann auch mal sein, dass einen Monat lang Flaute ist.

Also wäre eine Festanstellung für dich ideal, in der du deine Persönlichkeit entfalten kannst.

Genau. Das ist natürlich auch ein Traumbild, dass ich mir zusammenmale, aber man muss halt gucken, wie man das erreicht.

Dafür viel Erfolg und alles Gute und herzlichen Dank.


Large Blog ImageHannah Sophia Raehs ist Studentin der Englische Philologie und Publizistik- Kommunikationswissenschaft im 4. Semester an der FU Berlin.