Interview: „Für mich ist Strippen eine Kunst“

Priscillia Van B. Foto: www.prisciliavanb.com

Interview: „Für mich ist Strippen eine Kunst“

„Für mich ist Strippen eine Kunst“, sagt Priscilia Van B, die für 5 Jahren als Stripperin arbeitet. Ursprünglich kommt sie aus Paris, hat aber schon verschiedene Clubs in aller Welt gesehen. Heute gewährt sie uns einen Einblick in ihre Berufswelt.

von Antonia Gottschick

Fangen wir doch mal an: Kannst du dich kurz vorstellen? Wer bist du? Was machst du?

Mein Name ist Priscilia, Priscilia Van B. Ich bin 27 Jahre alt und komme aus Paris, habe aber lange Zeit in London gelebt, wo ich viel als Stripperin gearbeitet habe.

Im Bereich „Sex-Work“ habe ich auch als Camgirl gearbeitet, aber größtenteils eher gestrippt. 

Wenn ich also über deinen Beruf spreche, bevorzugst Du es “Stripperin” oder “Sex-Worker*in” genannt zu werden?

Also das ist mir egal. Ich würde aber Stripperin sagen, da es das ist, was ich hauptsächlich gemacht habe.

Wie genau laufen die Shows, in denen du arbeitest ab?

Ich arbeite in verschiedenen Clubs. In einigen tanze ich nur vor den Kunden an der Stange, sie schauen also nur zu. Ich habe aber auch in Clubs mit Lap Dances gearbeitet. Allerdings galt auch da immer die Regel, dass die Kunden mich nicht anfassen dürfen. Sie versuchen es zwar, aber man lernt es zu umgehen (lacht).

Du meintest du tanzt schon länger: Wie lange arbeitest du schon als Stripperin?

Ich habe 5 Jahre lang on/off gestrippt, habe jetzt allerdings wegen Corona aufgehört.

Wie bist du zum Strippen gekommen?

Das war noch in Paris: Eine Freundin hatte mir gesagt, dass ich hübsch aussehe. Sie arbeitete damals in einem Club, wo sie eine Menge Geld gemacht hat, und ich brauchte einen Job. Ich mochte das Nachtleben und dachte mir: “Warum nicht? Ich kann’s ja versuchen”. Da war ich 20 und bin einfach zu der Audition gegangen und habe dort gestrippt. So hat es angefangen: Ich brauchte einen Job und Geld und dachte mir, dass das cool und nicht zu anspruchsvoll sei. Ich lag aber definitiv falsch (lacht).

Inwiefern ist der Job anspruchsvoll? Was war anders als du es dir vorgestellt hattest?

Es ist anspruchsvoll wegen der Kunden. Du musst alles für sie sein: Das “Dream-Girl” aber auch jemand zum Reden, du musst ihnen zuhören und ein gutes Gefühl vermitteln. Einfach alles in einem, was echt anstrengend sein kann.

Es ist aber auch körperlich anstrengend: Du tanzt jeden Tag. Es ist also keineswegs “Easy-Money”, wie man es sich vorstellen würde. Viele der Kunden sind einsam und damit umzugehen kann manchmal wirklich schwierig sein.

Ja, das kann ich mir gut vorstellen! Aber mal weg von dem negativen zu einem positiveren Thema: Was gefällt dir an deinem Job am meisten?

Das Geld – als ich angefangen habe. Damals habe ich wirklich sehr gut verdient. Ich werde wie eine alte Stripperin klingen (lacht), aber damals haben nur die wirklich guten Tänzerinnen, mit viel Talent, hübschen Kostümen und tollen Shows gut verdient. Jetzt – ich möchte nicht zu kritisch klingen –, aber jetzt ist es viel einfacher Stripperin zu werden. Wenn du heute in einen Club gehst, zu einer Audition und ein wenig tanzen kannst, wirst du schnell genommen. Früher gab es in einem Stripclub richtige Shows, wo die Mädels Tricks gemacht haben und wirklich sehr hübsch aussahen. Damals konnte man sehr viel Geld verdienen und das war das, was mir an meinem Job am besten gefallen hat.

Für mich ist Strippen eine Kunst. Du lebst eine Fantasie, mit den Lichtern, dem Make-Up; es ist ein Kostüm für mich. Das ist auch etwas, was ich am Strippen liebe. Und ich liebe Tanzen und Pole Dancing, auch allgemein auf der Bühne zu stehen mag ich sehr gerne.

Ja, ich kann mir gut vorstellen, dass es toll ist diese hübschen Kostüme anzuziehen und auf der Bühne zu stehen.

Ja genau, es ist wie ein Alter Ego. Es ist so als wärst du nicht du und das macht es einfacher.

Wenn ich in die Clubs gehe, ist mein Strippername “Kinky” und dann gehe ich auf die Bühne vor einem vollen Club und mache eine Show. Kinky kann das, aber ich, Priscilia, könnte das nicht, dafür wäre ich zu schüchtern. 

Wie würdest du deine Beziehung zu deinen Kollegen beschreiben? Wie ist das Arbeitsumfeld?

Am längsten habe ich in einem Club in London gearbeitet und dort habe ich die schönsten Mädels kennengelernt, äußerlich wie innerlich. Wir waren wie Schwestern, wie eine Familie, ohne Wettbewerb untereinander. Es war dort immer ein Vergnügen zur Arbeit zu gehen.
Das ist aber nicht immer in allen Clubs so. In einigen gibt es viel Wettbewerb und die Mädchen sind unfreundlich. Aber meistens ist es eine entspannte Atmosphäre. Unser Job ist hart, und wir verstehen einander, da müssen wir es uns nicht noch gegenseitig schwer machen. 

Du hast ja schon in verschiedenen Ländern und Städten gearbeitet. Wie war es für dich nach Berlin zu kommen? Was war anders?

Genau, ich habe in London, Paris und in Portugal gearbeitet. Hier in Deutschland war neu für mich, dass Prostitution legal ist. Ich mache sowas nicht, daher hatte ich Bedenken, dass das von mir erwartet werden würde, wenn ich in einem Club eigentlich nur tanzen möchte. Ich hatte daher Angst, dass ich dann schlechter bezahlt werden würde. 

Wie kam es dazu, dass du nach Berlin gezogen bist?

Es ist billig (lacht). 

Billig?!

Naja, in Paris und London ist die Miete viel höher und ich wollte endlich mal alleine wohnen und nicht immer mit anderen zusammen. Außerdem mag ich die Technoszene und die Leute hier sind sehr offen und aufgeschlossen. Hatte allgemein wenig mit Sex-Work zu tun (lacht). Ich konnte wegen Corona auch nicht mehr in London arbeiten, und da wurde die Miete zu hoch. Das war also auch mit ein Grund.

Würdest du beispielsweise einer Freundin empfehlen strippen mal auszuprobieren oder selbst Stripperin zu werden?

Ja, das würde ich machen, wenn sie die richtige Denkweise und das nötige Selbstbewusstsein hätte. Sie müsste aber wissen, warum sie es tut und nicht nur weil es “einfaches Geld“ ist, denn das ist es nicht. Wenn man da so rangeht, dann sollte man es lassen. Aber wenn man Lust darauf hat, dann sollte man es auf jeden Fall versuchen. Man darf es nur nicht auf die leichte Schulter nehmen, das ist das Wichtigste.

Ich glaube auch, dass es eine tolle Erfahrung ist. Ich habe so viel gelernt durch das Strippen und bin der Meinung, dass es stark zu meiner Entwicklung beigetragen hat. Ohne Sex-Work wäre ich heute nicht die Person, die ich bin. Und darauf bin ich auch stolz! Ich liebe es Stripperin zu sein!

Wie war deine Erfahrung in Berlin bisher?

Ich konnte wegen Corona nicht in die Clubs, habe aber durch eine Freundin aus London die “Berlin Stripper Collective” gefunden und ich liebe es! Ich liebe es, weil sie das Strippen aus den Clubs holen, aber wir immer noch Stripper bleiben. Es ist künstlerischer – und weniger patriarchisch. Ich liebe diese Idee, aber manchmal vermisse ich die Clubs. Trotzdem mag ich diesen künstlerischen Ansatz des Strippens mehr, da ich eigentlich mit 25 Jahren aufhören wollte zu tanzen. So kann ich weiter Stripperin sein, ohne durch die Clubs zu ziehen. Die BSC ist da die perfekte Möglichkeit.


Antonia Gottschick (20) studiert Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, mit BWL im Nebenfach, an der FU Berlin. Seit sie klein ist, liebt sie es zu tanzen und sie will nun Pole Dancing ausprobieren.