Illegale Sperrmüllentsorgung in Moabit

Sofa auf dem Fußweg. Foto: Isa Can Artar

Illegale Sperrmüllentsorgung in Moabit

Das Berliner Viertel Moabit ringt mit der zunehmenden Vermüllung der Bürgersteige durch ordnungswidrig abgestellten Sperrmüll. Anwohnerinnen und Anwohner sind genervt, das Ordnungsamt bekommt das Problem nicht in den Griff.

von Isa Can Artar

Täglich landet neuer Sperrmüll auf den Straßen Moabits. Inzwischen hat fast jede Straße des Moabits eine Ecke, an welcher Waschmaschinen, Regale, Schränke, Geschirr oder alte Fernseher abgestellt werden, die nicht mehr brauchbar sind. Und wenn die Nachbar:innen in einer Ecke Müll sehen, nutzen sie ebenfalls die Gelegenheit, ihren Müll hinzu zu schmeißen – denn so müssen sie ihren Müll nicht zu einem Recyclinghof bringen, was Zeit und Geld kosten würde. Für Menschen, die kein Auto oder keinen Führerschein besitzen, ist die Sperrmüllentsorgung besonders aufwändig, sie müssten ein Auto mieten oder einen Freund/eine Freundin fragen, der/die ein Auto besitzt und Zeit hat, ihnen bei der Entsorgung zu helfen. Da ist es bequemer, den eigenen alten Unrat einfach mit auf die Straßen Moabits zu stellen.

Sperrmüll wie in der Oldenburger Straße prägt das Straßenbild in Moabit. | Foto: Isa Can Artar

Meldungen beim Ordnungsamt helfen nicht

In der Moabiter Nachbarschaft stößt die zunehmende Vermüllung auf großes Unverständnis. Susanne Taps wohnt seit 2010 in Moabit und bedauert, dass in den letzten fünf Jahren immer mehr Sperrmüll auf der Straße landet: “Am Anfang lag Sperrmüll regelmäßig nur auf der Straße, wenn Leute umgezogen sind oder zu Weihnachten”, erzählt die Anwohnerin. Früher habe sie mehrmals andere Bewohner:innen darauf angesprochen, wenn Sperrmüll auf die Bürgersteige gestellt wurde – wegen der vielen negativen Reaktionen, die sie bekommen hat, traue sie sich inzwischen aber immer seltener in den Dialog mit den Nachbar:innen zu treten: “Bei uns lag der Sperrmüll regelmäßig vor einem kleinen Unternehmen, dessen Besitzer ich mal angesprochen habe. Der hat jedoch weit von sich gewiesen, dass er verantwortlich sei. Allerdings hat eine Mitbewohnerin in einem Haus beobachtet, dass ein Mann aus diesem Unternehmen Sperrmüll abgestellt hat”, erzählt Susanne Taps. Meldungen beim Ordnungsamt oder bei der Polizei helfen nicht. Im Gegenteil: Sie wurde vom Ordnungsamt schon schriftlich aufgefordert, auf die Meldungen zu verzichten, obwohl die Nachbarschaft andererseits durch den Berliner Senat darauf hingewiesen wurde, Abladungen von Sperrmüll zu melden.

Kaputte Möbel auf den Moabiter Straßen verärgern einige Anwohner:innen. 
| Foto: Isa Can Artar

Dabei kann die unerlaubte Sperrmüllentsorgung sogar hohe Strafen mit sich bringen: Sperrmüll auf der Straße zu entsorgen ist eine Ordnungswidrigkeit und kann laut Bezirksamt Mitte mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 € geahndet werden. In der Praxis sieht es aber anders aus. Auf Anfrage erklärte das Bezirksamt Mitte, dass wegen fehlender Zeugen oder Angaben zu etwaigen Tatverdächtigen viele Ordnungswidrigkeitsverfahren eingestellt werden müssen. Als eine Zwischenlösung bietet das Bezirksamt Sperrmüllaktionstage an, an denen Bewohner:innen ihren Müll bei einem Wagen der BSR (Berliner Stadtreinigung), den sie zu Fuß erreichen können, kostenlos beseitigen können. So konnten im letzten Jahr 1.324 Bürger:innen insgesamt 1.207 Kubikmeter Sperrmüll und 2.498 Elektro-Geräte über die Sperrmüllaktionstage entsorgen, was das Bezirksamt Mitte als erfolgreich bezeichnet. Zeitgleich stattfindende Tauschmärkte trugen dazu bei, dass andere Anwohner:innen wiederverwendbare Geräte mitnahmen.

Ein Projekt zur Beseitigung: Kiezläufer

Da die Sperrmüllanhäufung im Stadtteil ein wiederkehrendes Problem ist, erreichen viele Anfragen von Bewohner:innen das Quartiersmanagement Beusselstraße (bis Ende 2020 QM-Moabit West). Katharina Zöller arbeitet seit September 2021 im Team des Quartiersmanagements und ist Ansprechpartnerin für Bewegung und Umwelt. Zöller betont, dass das Problem zwar nicht von Bewohner:innen ehrenamtlich gelöst werden könne, aber immerhin viele Bewohner*innen sich aktiv mit dem Thema beschäftigen würden. Das Quartiersmanagement selbst kämpft seit August 2002 mit dem Projekt “Kiezläufer” gegen das Problem an: Sogenannte „Kiezläufer“ gehen durch den Kiez und schauen, wo Sperrmüll abgelegt wird. Wenn an bestimmten Stellen immer wieder Sperrmüll abgelegt wird, melden die Kiezläufer das dann an das Quartiersmanagement oder an das Ordnungsamt über die Ordnungsamt-App.

Doch ein Rundgang durch die Straßen Moabits zeigt, dass diese Maßnahmen noch lange nicht ausreichen, um die Straßen im Berliner Bezirk vom Sperrmüll zu befreien.


Isa Can Artar, ein neuer Berliner, geboren im Jahr 1993, studiert Publizistik- und Kommunikationswissenschaft als Hauptfach und Kunstgeschichte als Nebenfach im 5. Semester. Er schreibt im Tagesspiegel im Projekt „Stimmen des Exils“.


2022-05-27T09:51:31+02:00 Kategorien: Berlin + Brandenburg, Lesen, Macht + Medien|Tags: , , , , |