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Innovative Forschungsansätze für die Arzneimitteltherapie von schweren Hauterkrankungen - Dermatopharmakologie - Hauptsache gesund?

Histologische Darstellung der Humanhaut

Catarina Pietschmann

"Das ist zum aus der Haut fahren!" – "In Deiner Haut möchte ich nicht stecken." Viele Redewendungen drehen sich um das größte menschliche Organ, die Haut. "Sich in der eigenen Haut wohlfühlen" – einmal wörtlich genommen – das ist leider nicht jedem gegeben. Rund drei Prozent der Deutschen leiden an Psoriasis vulgaris – der Schuppenflechte, einer Erkrankung, die meist im zweiten Lebensjahrzehnt beginnt. Dabei kommt es zu einer beschleunigten Teilung der Hautzellen. Sieben Mal schneller als bei gesunder Haut wandern die Zellen der äußersten Hautschicht, der Epidermis, an die Hautoberfläche. Es bilden sich glänzende Schuppen, die Haut darunter ist gerötet und juckt. Die Ursache ist nicht eindeutig geklärt, aber es gilt als gesichert, dass die Anlage dazu vererbt wird. Ekzeme – der Oberbegriff für eine große Gruppe von entzündlichen Hauterkrankungen – sind ebenfalls weit verbreitet und ihre Behandlung meist langwierig.

Am Institut für Pharmazie verfolgt die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Monika Schäfer-Korting neue Forschungsansätze zur Verbesserung der Arzneimitteltherapie von Hautkrankheiten. Im Mittelpunkt der pharmakologischen Forschung stehen dabei Wirkstoffe gegen Ekzeme und Psoriasis.

Ziel des Ekzem-Projektes ist es, die Verträglichkeit einer probaten Wirkstoffklasse zu verbessern. Zur Therapie werden heute vorwiegend steroidale Hormone, wie die Glukokortikoide, eingesetzt. Die lokale Behandlung mit Salben kann jedoch bei längerer Anwendung zur Hautatrophie führen, das heißt, die Bindegewebszellen bilden nicht mehr ausreichend strukturgebendes Kollagen. Als Folge wird die Haut dünner, sie kann sogar reißen. "Ein erhöhtes Risiko besteht bei Kindern: sie haben ohnehin eine viel dünnere Haut als Erwachsene", erklärt Schäfer-Korting. "Werden von außen ständig Hormone zugeführt, reduziert die Nebennierenrinde die eigene Produktion, zudem wird das Körperwachstum gehemmt." Durch Veränderung der chemischen Struktur kann man die Wirkstoffe optimieren. Die verbesserte Substanz ist dann zwar immer noch ein Hormon, hat aber weniger starke Nebenwirkungen.

Histologische Darstellung der rekonstruierten Epidermis (Kunsthaut)

Gleichzeitig werden am Institut mit Glukokortikoiden beladene sogenannte "feste Lipid-Nanopartikel" – eine Entwicklung aus eigenem Hause (AG Prof. Rainer Müller/Dr. Wolfgang Mehnert) – getestet. Das sind kleine Fettkügelchen, die durch schnelles Einrühren in eine wässrige Flüssigkeit ihre definierte Größe erhalten. Im Gegensatz zu den in der Kosmetik verwendeten Liposomen (leeren Lipidhüllen) sind die Nanopartikel sehr stabil. Sie schleusen den Wirkstoff – sozusagen Huckepack – in die gewünschte Hautschicht. Geplant ist die Markierung der Partikel mit Gold oder Silber, um sie bei ihrem Weg durch die Haut (Resorption) unter dem Mikroskop sichtbar machen zu können. "Tierversuche machen wir hier nicht", versichert Schäfer-Korting. "Für Penetrationsversuche und Verträglichkeitstests benutzen wir OP-Material oder Kunsthaut." Sie besteht aus einem Polymer, auf dem Hautzellen – so genannte Keratinozyten – regelrecht "ausgesät" werden. Durch Teilung vermehren sich die Zellen und nach Kontakt mit Luft verhornen sie anschließend wie lebende Haut. In Kooperation mit der Universität München werden Glukokortikoid-Zubereitungen – auch die Wirkstoffkügelchen – an gesunden Probanden getestet.

Wirksamere Arzneimittel für die Psoriasis-Therapie zu entwickeln, ist das Ziel des Projektes von Dr. Burkhard Kleuser. Hier gilt es, einen neuen Wirkstoff zu finden, der die beschleunigte Produktion von Hautzellen bremst. Vor allem Vitamin D (Calciferol) und seine Stoffwechselprodukte werden dazu untersucht. "Auf die Idee, Schuppenflechte mit Vitamin D zu behandeln, kam man in den 70-er Jahren durch Zufall", erzählt Schäfer-Korting. "Das Vitamin reguliert den Calciumhaushalt des Körpers. Es bewirkt die Aufnahme des Minerals aus dem Darm und die Einlagerung des Minerals in die Knochen, weswegen ein Osteoporosepatient damit behandelt wurde. Während der Behandlung besserte sich die Psoriasis, unter der er außerdem litt, deutlich."

Vitamin D ist in Lebensmitteln wie Fischleberöl, Eigelb, Milch und Avocados enthalten. Der menschliche Körper produziert es aber in ausreichenden Mengen selbst aus Cholesterol. Ein wichtiger Stoff im Signalweg von Vitamin D ist das Sphingosinphosphat – eine Substanz, welche die Zellteilung in der Haut hemmt. Also, genau das, was bei Psoriasispatienten erwünscht ist. Statt in hohen Dosen Vitamin D zu verabreichen, was wegen einer übermäßigen Calciumaufnahme zur Verkalkung des Gefäßsystems führen kann, will man nun gleich das Sphingosinphosphat zur Therapie einsetzen. "Das Problem ist nur, diese Substanz durch die Haut zu schleusen." Auch hier werden die festen Lipid-Nanopartikel wieder ins Spiel kommen.

Um diese und andere polymere Partikel besser erforschen zu können, ist die Einrichtung eines interdisziplinären Forschungsverbundes geplant, an dem neben Pharmazeuten, Medizinern und Mikrobiologen auch Physiker und Polymerforscher beteiligt sein sollen.

 
 
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