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Das Internet verändert das Studieren - World Wide Wissen

Carmen Tschirkov

Virtuelle Mumienforschung an der Universität Hamburg, ein Online-Seminar zur Alterspolitik an der Goethe-Universität Frankfurt, ein künstliches Chemielabor an der Universität Erlangen oder Tiergeburtshilfe via Bildschirm an der FU Berlin. Dies sind nur einige der Projekte, die die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung auf den Webseiten "Studieren im Netz" zusammengestellt hat.

Prof. Dr. Ludwig Issing, Leiter des Center for Media Research am Fachbereich Erziehungswissenschaften und Psychologie an der FU, ist überzeugt, dass "Universitäten sich in Richtung Online-Studium öffnen, d.h. ergänzend zum Studium auch Lehrveranstaltungen und Seminare im Internet anbieten müssen, sonst nehmen sich kommerzielle Anbieter dieser Lücke an. Insofern sind die Unis fast gezwungen diesen Schritt zu gehen."

"Einführungsveranstaltungen könnten zum Beispiel über das Netz laufen; zusätzlich werden die Studierenden in Tutorien betreut, in denen im kleinen Kreis intensives Lernen möglich ist", so die Vorstellung von Ludwig Issing. Die besten Seminararbeiten könnten gleichfalls auf den Webseiten archiviert und die Diskussion zu Schwerpunktthemen in Newsgroups vertieft werden.

Studieren könnte also sehr bequem sein. Statt sich im überfüllten Hörsaal zu drängeln, holt man den Lehrstoff einfach per Mausklick nach Hause. Doch so einfach ist der Uni-Alltag noch nicht. Für die Masse der Studierenden wird diese Möglichkeit weiterhin Zukunftsmusik bleiben. Erst ein kleiner exklusiver Kreis hat Zugang zu virtuellen Studieneinheiten, und auch die sind in Umfang und an Intensität mit einem realen Studium nicht vergleichbar. Bislang ist das Lehrangebot im Netz lediglich als Ergänzung zum Präsenzstudium und keinesfalls als Vollstudium anzusehen.

Vor allem administrative Dienste werden an der FU bereits online angeboten und abgewickelt. So können Studienanfänger die Zulassungsunterlagen, Prüfungsordnungen sowie Studienhandbücher von den Webseiten herunterladen und die Warteschlangen im Immatrikulationsbüro umgehen. Die Kurse des Hochschulsports können Mühelos via Internet gebucht werden. Auch das Vorlesungsverzeichnis liegt in der Online-Version auf dem Server der FU und erleichtert durch seine Suchfunktion das endlose Blättern durch die Druckausgabe. Die Literaturrecherche in den Datenbänken der Universitätsbibliothek vom heimischen Computer aus ist ebenso möglich wie die interaktive Studienberatung im Chatforum. Jobbörsen, Informationen zu Studium und Praktikum im Ausland und die Speisepläne der Mensen sind weitere der vielen Serviceleistungen, die die FU im Netz eingerichtet hat.

Deutsche Universitäten müssen sich nach Ansicht von Medienexperten bei der Einführung neuer Medien beeilen. "Angesichts der wachsenden Konkurrenz privater Bildungsanbieter im Internet werde der Multimedia-Einsatz für die klassischen Hochschulen zur Überlebensfrage", sagte Peter Glotz, Direktor am Institut für Medien und Kommunikationsmanagement an der Universität St. Gallen auf einer Konferenz der Bertelsmann-Stiftung zum "Multimedialen Bildungsmarkt der Zukunft". "In fünf Jahren wird die Hälfte aller Studenten an virtuellen Universitäten studieren", prognostiziert der ehemalige SPD-Bildungspolitiker.

Die hohen Investitionskosten für die Entwicklung interaktiver Lehr- und Lernprogramme sind jedoch das größte Hindernis auf dem Weg zum Lernen per Maus und Modem. Ohne Sponsoren aus der Wirtschaft oder Zuschüsse von staatlicher Seite übersteigen die Kosten für Konzeption und Verbreitung von virtuellen Studieneinheiten den Etat jeder staatlichen Hochschule. Noch sind die meisten Internet-Lehrprojekte Zuschussgeschäfte; vor allem die virtuellen Labors verschlingen große Beträge, für die neben den Landesregierungen private Geldgeber aufkommen müssen.

Traugott Klose, Leiter der Abteilung für Stuienangelegenheiten an der FU, sieht die Schwierigkeit bei Online-Lehrveranstaltungen eher darin, "dass der Dozent nicht für die 'Echtheit' der Hausarbeiten der Studenten garantieren kann. Wenn alles übers Netz läuft, könnten im Prinzip fremde Leistungen als eigene ausgegeben werden." Deswegen können die Seminare auch nicht als Lehrveranstaltung mit abschließendem Scheinerwerb anerkannt werden, "denn der Dozent muss bescheinigen können, dass der Student erfolgreich die Ziele der Lehrveranstaltungen erreicht hat, dass der Student dem Stand der Wissenschaft entsprechend seine Ergebnisse präsentiert hat." In Präsenzseminaren kann der Hochschullehrer im Gegensatz zu den Online-Seminaren durch den häufigen persönlichen Kontakt den Studenten mit seinen Fähigkeiten besser einschätzen; während eines Referats kann durch direkte Nachfragen geklärt werden, ob der Student den Stoff auch wirklich verstanden hat.

Um dem Ziel des Online-Studiums näher zu kommen, haben sich viele Hochschulen in den einzelnen Bundesländern zu Internet-Verbünden zusammengeschlossen. Mit der Gründung der Hochschul-Multimedia-Gesellschaft im Juni dieses Jahres wollen die Berliner Hochschulen die Entwicklung und Herstellung von multimedialem Lehr- und Lernmaterial unterstützen. Die Produkte sollen nicht nur in der Lehre, sondern auch in anderen Einrichtungen zum Einsatz kommen.

An der FU sind die infrastrukturellen Voraussetzungen für das Arbeiten und Studieren mit und im Internet vorhanden. Über 50% der Mitglieder (Studierende und Beschäftigte) der FU besitzen bereits einen Internetzugang; die Benutzerkonten, die über fachbereichsinterne Server laufen, nicht mitgezählt. Die ZEDAT konnte innerhalb der letzten sieben Jahre einen Anstieg der Benutzerzahlen um das Zwanzigfache – von 1650 auf 31.668 – ausmachen. Und das, obwohl die Zahl der FU-Mitglieder im gleichen Zeitraum um ca. 30.000 auf knapp über 50.000 gesunken ist.

Nicht nur die Lehre könnte sich durch das Internet verändern, sondern auch das Lernen selbst: Während das Internet mit seinen unendlichen Räumen, Pinnwänden und Diskussionsforen Platz für jede Gruppengröße bietet, Simulationsprogramme einfache Laborversuche sowie Datenbanken und Textsammlungen den Gang zur Bibliothek ersparen, erfordert es darüber hinaus vom Lernenden Medienkompetenz; d.h. die Fähigkeit, mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien Informationen zu suchen, auszuwählen, zu beurteilen, sinnvoll zu nutzen und mit anderen Menschen zu kommunizieren.

Für die Studierenden der Zukunft heißt das noch lange nicht, dass sie ihr Dasein während der universitären Ausbildung ausschließlich vor dem Computer fristen müssen: Aufgrund der bisherigen Erfahrungen erwartet Ludwig Issing, "dass Online-Studienangebote nicht zum vollständigen Ersatz des Direktstudiums führen werden, sondern zu dessen Ergänzung."

[Links]

Informationen für Studienanfänger:
http://www.fu-berlin.de/studierende/

Bewerbung und Immatrikulation:
http://www.fu-berlin.de/studium/bewerbung/

Interaktive Studienberatung:
http://www.fu-berlin.de/studienberatung/optimist/

Hochschulsport:
http://www.hs-sport.fu-berlin.de

Universitätsbibliothek:
http://www.ub.fu-berlin.de/

Jobs:
http://www.fu-berlin.de/studierende/jobs.html

Online-Vorlesungsverzeichnis Wintersemester 2000/2001:
http://www.fu-berlin.de/vv/

Informationen Studium und Praktika im Ausland zum Herunterladen:
http://www.fu-berlin.de/studienberatung/DOC/pdf_praktika.pdf

Speisepläne der Mensen der FU:
http://home.t-online.de/home/ studw.bln.mensa-west/mensasud.htm

 
 
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