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Schwarzfahren legalisieren!


Neue konstruktive Beiträge aus dem AStA zu einem studentischen Dauerbrenner

Eigentlich behaupten alle, es zu wollen. Die Studenten wollen es, die Politiker aller Fraktionen wollen es, die Verkehrsbetriebe wollen es - selbst der AStA will das Semesterticket. Sagen jedenfalls alle. Die Diskussionen und Verhandlungen darüber dauern trotzdem schon länger als mein bisheriges Studium, und das will etwas heißen!

Wer ob dieser Umstände die Hoffnung aufgegeben hatte, jemals wieder zu Preisen aus Vor-Wende-Zeiten (respektive Friedenszeiten) Busse und Bahnen nutzen zu können, dürfte Mitte April beim Lesen der Zeitung freudig überrascht worden sein: Durchbruch beim Semesterticket! VBB beschließt: Für 215 DM im Semester kreuz und quer durch Berlin und Umgebung! Indes, die Freude währte nur kurz. Was die Zeitungen meldeten, war schon vorher klar - CDU und SPD hatten es bereits im Koalitionsvertrag festgelegt. Strittig war nur der Umfang der im Semesterticket enthaltenen Leistungen: Kostenlose Mitnahme von Kindern, Hunden oder Fahrrädern? Nur ABC-Netz oder ganz Brandenburg? Kostenloses Zugfahren innerhalb des Verbundgebietes? Kündigungsrechte, Zahlungsmodalitäten, Vertragsanpassung? Hierzu schwieg sich der Aufsichtsrat des VBB aus (der hatte nämlich den Durchbruch verkündet). Und so befinden sich die Verhandlungen nach wie vor in einer "heißen Phase". Oder im Endstadium.

Aber wir wollen fair sein. Immerhin war man seitens der Studentenvertreter schon lange von einigen der abstrusesten Forderungen abgerückt (u.a. kostenloser öffentlicher Nahverkehr für alle Sozialschwachen). Auch muß der Preis nicht mehr, wie es noch vor einem Jahr hieß, mit einer "1" vorne beginnen. Umgekehrt ließen auch VBB und dessen wichtigste Gesellschafterin BVG mehr Verhandlungsbereitschaft erkennen. Warum kommt es dennoch nicht zu einer Einigung?

Dies liegt insbesondere daran, daß beide Seiten sich nur millimeterweise vorwärts bewegen. Ursächlich dafür sind die Widerstände, die beide Seiten von ihrer jeweiligen "Basis" verspüren. Vor allem die BVG scheint ihre leeren Kassen gerne durch die auf den ÖPNV angewiesenen Studenten füllen zu wollen. Studenten gehören wohl zu der Kundschaft, die bei Preiserhöhungen nicht so schnell auf andere Verkehrsmittel umsteigen kann - und Preiserhöhungen können relativ leicht beschlossen werden. Dagegen müßte ein höherer Beitrag zum Semesterticket erneut mühevoll mit den Studentenvertretern ausgehandelt werden, wenn man eine pauschale Kündigung mit Wirkung für alle Studenten einer Uni vermeiden will.

Auch müßte man sich jedesmal mit den ungeliebten Partnern im VBB verständigen. So tut die BVG alles dafür, das Semesterticket gar nicht oder nur zu ihren Bedingungen zustandekommen zu lassen.

Offenbar meinen aber auch die studentischen Verhandlungsführer, nur sie wüßten genau, was gut für ihre Schäflein sei. Nur so läßt sich verstehen, daß auch sie sich in den Verhandlungen kaum vorwärts bewegen. Man dürfe sich keine Blöße geben, um nicht zu schnell zu viele Zugeständnisse zu machen. Außerdem seien die Angebote nicht gut genug, um von den Studenten angenommen zu werden. Herrgott, laßt das doch die Studis in einer Urabstimmung selbst entscheiden! Die werden schon selbst wissen, ob sie ein Semesterticket mit einem bestimmten Leistungsumfang sofort haben oder noch etwas länger mehr zahlen wollen in der Hoffnung, dadurch zukünftig ein besseres Angebot herauszuholen.

Da die Verhandlungsführer von "Semtix" jedoch wissen, wie eine solche Abstimmung an den meisten Unis ausgehen dürfte, versuchen sie sich weiter in Zähigkeit. Dabei wird nur unzureichend berücksichtigt, daß man möglicherweise zu einem (zu) hohen Preis einsteigen, sich aber dafür bei späteren Anpassungen (die allgemein eher Anpassungen nach oben sein dürften) besser einbringen, sprich bremsen, kann.


Das Semesterticket im Studentenparlament

Statt dessen darf dann das StuPa immer wieder Resolutionen beschließen, in denen es "Semtix" den Rücken stärkt. Da wird dann dies und jenes für "unverzichtbar" erklärt, ohne welches man auf keinen Fall einem Semesterticket zustimmen könne. Das erinnert verdächtig an die Rituale der Tarifparteien vor Tarifverhandlungen, in denen man sich dann doch in der Mitte einigt.

Auf der Sitzung am letzten Freitag lag denn auch wieder so eine Resolution vor, die wiederum einer Resolution vom März ziemlich ähnlich sah. Wer sich allerdings auf die üblichen Rituale eingerichtet hatte, wurde dann jedoch gründlich überrascht. Zuerst verkündete Annette Heppel (die für die FU an "Semtix" beteiligt ist), daß ein konkretes Angebot vorliege, das die BVG an den anderen Verkehrsbetrieben vorbei abgegeben habe. Schnell stellte sich dann aber heraus, daß die BVG mit diesem Angebot noch hinter Positionen zurückfiel, die vorher schon einigermaßen gesichert erschienen. Neben einigen schwerlich zumutbaren Klauseln über Langzeitstudenten und Geltungsbereich blieb insbesondere die Härtefallregelung offen.

Eine solche Regelung muß jedoch getroffen werden, weil das Semesterticket ansonsten vor den Verwaltungsgerichten überhaupt keine Chance hätte. Dafür erhebt man entweder einen Zuschlag (was bei 215 DM kaum noch möglich zu sein scheint) oder die Studentenschaften finanzieren einen Härtefallfonds aus der Bewirtschaftung der Beträge (wie eigentlich beabsichtigt). Dazu muß jedoch eine hinreichend große Summe für eine hinreichend lange Zeit zur Verfügung stehen - dies aber ist bei den von der BVG vorgeschlagenen Bedingungen nicht der Fall.

Während sich Opposition und Teile des AStA-Lagers in der Beurteilung der Situation im wesentlichen einig waren, schienen einige AStA-Radikalinskis der Obstruktionspolitik der BVG in nichts nachstehen zu wollen: Überraschend stellte Vanessa Lux von der FSI Psychologie den Antrag, den Resolutionsentwurf dahingehend abzuändern, daß die Einführung des Nulltarifs im öffentlichen Personennahverkehr gefordert wurde. Notfalls täte es auch ein Ticket für ganz Berlin-Brandenburg für 180 DM, Preiserhöhungen ausgeschlossen. Und wenn ein solches Angebot vorliegen sollte, wollte man sich dennoch die Entscheidung vorbehalten, ob man eine Urabstimmung einleiten wolle oder nicht.

Ungläubiges Kopfschütteln quer durch die Fraktionen über diesen Rückfall in sozialistische Utopien. Man hätte auch einfach gleich den Antrag stellen können, "Semtix" das Verhandlungsmandat zu entziehen. In einer Auszeit des AStA-Lagers wurde mühevoll ein Kompromiß geschmiedet und dann auch verabschiedet: Preiserhöhungen werden ausgeschlossen und die Forderung nach einem kostenlosen Sozialticket wird auf der nächsten Sitzung gestellt. Auf das sich das StuPa mit der Forderung "Schwarzfahren für alle!" ein weiteres mal als wahrer Hüter studentischer Interessen erweist.


1,452 Millionwn Mark spurlos verschwunden? - Auch der AStA hat keinen Überblick

Traurig. Wir haben ihn den Witz der Woche genannt - den Rechenschaftsbericht des scheidenden AStA-Vorstandes. In stolzen neun Zeilen (!) präsentieren Nico Röseler, Alexander Klose und Kaya Deniz ein Jahr Tätigkeit für die Studierendenschaft der FU Berlin - neun Zeilen schriftliches Nichts (siehe abgedruckter Rechenschaftsbericht).

Man stelle sich vor, eine Regierung arbeitet und verbraucht Steuergelder, verrät aber niemandem, was sie eigentlich tut und wofür sie Geld ausgibt. Das ist schwer vorstellbar, denn bei "gewöhnlichen" Regierungen gibt es Kontrollinstanzen. Sei es ein Parlament oder eine Öffentlichkeit bzw. Medien. Was aber macht unser AStA (unsere "Regierung")? Und was passiert mit unseren Zwangsbeiträgen (unseren "Steuergeldern")?

Über seine Arbeit gab uns der AStA-Vorstand in seinem Rechenschaftsbericht anlässlich der StuPa-Sitzung am vergangenen Freitag Auskunft: Man hat mit dem Präsidialamt über das Studierendenschaftshaus Otto-von-Simson-Straße 13 verhandelt. Erfolglos! Man hat den AStA vor Gericht bei der Verhandlung zum Politischen Mandat vertreten. Erfolglos! Und natürlich: Der AStA-Vorstand hat seine satzungsgemäßen Aussagen erfüllt. War das wirklich alles? Eine beeindruckende Arbeitsbilanz. Aber was ist mit dem lieben Geld? Der AStA verwaltet den Haushalt der Studierendenschaft - im letzten Jahr 1,452 Millionen Mark. Ein Blick in den Bericht des Finanzreferat sollte Aufschluss geben (siehe rechts). Leider Fehlanzeige! Das Finanzreferat hat nach eigenen Angaben ein Jahr lang versucht, sich einen Überblick (!) über die Finanzen der Studierendenschaft zu verschaffen.

Wie steht es bei uns mit der Kontrolle? In unserer Zwangsgemeinschaft "Studierendenschaft": Eine interessierte Öffentlichkeit gibt es nicht. Dazu sind 13 Mark je Semester wohl noch zu wenig. Und Kontrolle im Parlament gibt es kaum. Zumindest schafft es die AStA-tragende Mehrheit dort noch ganz gut, sich die Minderheit vom Halse zu halten. Gewährung von Kontrollrechten im StuPa? Fehlanzeige! Bestes Beispiel: Der Haushaltsausschuss. Er wäre dafür zuständig, das Finanzgebaren des AStAs zu überwachen. Im vergangenen Jahr wurde dieser mit drei Mitgliedern besetzt - bezeichnenderweise war die Opposition nicht vertreten. Der Ausschuss hat seit seiner Einsetzung vor einem Jahr allerdings noch nie im Parlament berichtet. Neuer Höhepunkt: In diesem Jahr wird es offensichtlich gar nicht erst für nötig gehalten, den Ausschuss neu zu besetzen: Der Haushaltsausschuss wurde am Freitag zum zweiten Mal ohne Begründung von der Tagesordnung abgesetzt.

Philipp Franck & Florian Schierle

(erschienen im DEFO-Info Nr. 42 vom WS 2000)



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