DEFO an der FU - Studentenparlament | |||
Willkommen im Wintersemester 2002/03! Ihr habt ja sicher auch alle schon Euren neuen Studentenausweis? Und habt dafür vorher einige Euronen an die Uni überwiesen? Vielleicht habt Ihr da ja auch mal geguckt, WAS Ihr da eigentlich zahlt? Da findet sich unter anderem der Posten "Beitrag zur Studentenschaft". Und wie jeder Jurastudent weiß, bedarf es für solch eine ja belastende Zahlungsaufforderung einer Rechtsgrundlage. Nur welche ist das? Insbesondere wo das Studentenparlament entgegen den Erläuterungen zum Rückmeldeantrag eben noch keinem (wirksame) Haushalt und keine Beitragshöhe beschlossen hat!? Genau diese Frage stellte sich im Frühjahr auch Britta R. (Name von der Redaktion geändert). Und zwar stellte sie sie gleich den Zuständigen im Immatrikulationsamt und der Universitätsleitung. Das Immatrikulationsamt antwortete zuerst und verwechselte sogleich erst einmal die "Beiträge zur Studentenschaft" mit "AStA-Beiträgen". Obwohl, sooo unrecht hat das Immatrikulationsbüro da ja auch wieder nicht, wenn doch immerhin über 50 % der Gelder ans AStA-Personal gehen (. Das Präsidium antwortete allerdings etwas ausführlicher. Zum einen verweist es auf eine vorläufige Festsetzung der Beitragshöhe per Ersatzvornahme vom 29.11.2001, zum anderen führt es aus: "... Im Übrigen hat das Präsidium der Freien Universität am 11.04.2002 nebst dem Haushaltsplan 2002/2003 auch die Beitragserhebung für das Sommersemester 2002 und das Wintersemester 2002/2003 - teilweise mit Modifizierungen gegenüber den Beschlüssen des Studentenparlaments - gemäß § 20 (1) BerlHG [...] genehmigt. Danach bleibt es einer Beitragserhebung von 6,64 EUR pro Student/in und Semester." Noch ausführlicher wurde das Präsidium gegenüber dem Studentenparlament (hier nachzulesen). Nun gut, dann hat also das Präsidium anstelle des Studentenparlaments die Beitragshöhe festgelegt und irgendwie - so ganz klar kommt das ja nicht heraus - den Haushaltsplan "mit Modifizierungen gegenüber den Beschlüssen des Studentenparlaments [...] genehmigt." Nur, was bedeutet nun das Schreiben des Präsidiums? Erstmal eines vorweg: Die Studentenschaft verwaltet sich selber (§ 18 I 3 BerlHG). Auf die Finanzen bezogen heißt das, sie entscheidet selbstständig, wofür sie Geld ausgibt und wofür nicht. Also auch wenn etwa das Präsidium es für zweckmäßiger hielte, für X Geld auszugeben und dafür bei Y zu sparen, so hat dies keinen Einfluß auf die Ausgaben der Studentenschaft. Allerdings ist die Studentenschaft nicht völlig frei in ihren Entscheidungen; wenn sie nämlich rechtswidrig handelt, dann ruft dies (zumindestens theoretisch) das Präsidium auf den Plan, denn das Präsidium übt die Rechtsaufsicht aus (§ 18 IV BerlHG). Bei den Finanzen sieht das ganze sogar noch etwas strenger aus, denn Haushaltsplan und Beitragshöhe bedürfen sogar ausdrücklich der Genehmigung des Präsidiums. Da aber auch dies Teil der Rechtsaufsicht ist und keine Fachaufsicht darstellen darf, kann das Präsidium die Genehmigung nur verweigern, wenn Haushalt oder Beitrag rechtswidrig sind. Da die verschiedensten Haushaltsentwürfe für das laufende Haushaltsjahr 02/03 jedoch allesamt rechtswidrig waren, hat das Präsidium genau das getan, es hat regelmäßig die Genehmigung verweigert. Da es das Studentenparlament aber auch nach etlichen Versuchen und entsprechenden Hinweisen des Präsidiums nicht in der Lage war, einen rechtmäßigen Haushalt aufzustellen, wurde es dem Präsidium am 11.04.2002 zu bunt und sie haben selber gehandelt. Wie, das Präsidium kann anstelle des Studentenparlaments handeln? Ja, das kann es, und dies ebenfalls aufgrund ihrer Rechtsaufsicht bei rechtswidrigem Handeln, denn ein Handeln ist ja bekanntermaßen jegliches Tun aber auch Unterlassen, oder wie es § 56 III BerlHG ausdrückt: "In Fällen rechtswidriger Unterlassung erteilt [das Präsidium] die erforderlichen Anweisungen oder trifft die unterlassenen Maßnahmen selbst." Unterläßt also die Studentenschaft etwas, wozu sie rechtlich verpflichtet ist, so ist dieses Unterlassen rechtswidrig und dann kann und muß das Präsidium mittels einer sogenannten Ersatzvornahme einschreiten. Dabei muß aber immer beachtet werden, daß die Ersatzvornahme nur der Rechtsaufsicht dient und deshalb nicht zur Durchsetzung eigener Ermessensentscheidungen oder Zweckmäßigkeitserwägungen genutzt werden darf. Ist nun aber das Aufstellen eines Haushaltsplanes verpflichtend? Wozu dient er überhaupt? Der Haushaltsplan ermöglicht es dem Studentenparlament gegenüber dem exekutiven AStA die finanziellen Rahmen festzulegen bzw. allgemein der Festlegung der Ausgabenpolitik der Studentenschaft. Denn der AStA als ausführendes Organ hat den Haushalt zu vollziehen und nicht eigenmächtig über die Schwerpunktsetzung zu entscheiden. Ohne Haushalt also kein finanzielles Handeln des AStA. Allerdings ist das Studentenparlament in eben dieser Schwerpunktsetzung und seiner Ausgabenpolitik frei, nach seinem Ermessen zu entscheiden. Niemand kann es - bei Einhaltung der "Grundsätze einer sparsamen Haushaltswirtschaft" (§ 20 I BerlHG) zwingen, etwa mehr Geld für Beratung auszugeben oder bei den Publikationen für Studentenstreiks zu sparen. Insoweit bestehen also keine rechtlichen Verpflichtungen, so daß auch kein rechtswidriges Unterlassen möglich ist. Allerdings ist das Studentenparlament nach § 20 BerlHG und § 15 der Satzung der Studentenschaft verpflichtet, einen Haushaltsplan aufzustellen. Dies insbesondere deshalb, weil es - als Ausnahme zur grundsätzlichen, oben geschilderten Ermessensfreiheit - doch einige zwingende Ausgaben gibt. Dazu gehören durch Gesetz oder Satzung vorgeschriebene Ausgaben oder vertragliche Verpflichtungen, die die Studentenschaft erfüllen muß, etwa die Zuwendungen, die die Fachschaften zu erhalten haben, die Aufwandsentschädigungen für die AStA-Referenten, die Löhne der Angestellten oder die Vergütung für den verpflichtend zu bestellenden Wirtschaftsprüfer. Insoweit ist die Studentenschaft eben doch verpflichtet, Ausgaben zu tätigen und zumindestens dafür einen Haushalt aufzustellen. Und wird diese Verpflichtung nicht erfüllt, dann haben wir es mit einem rechtswidrigen Unterlassen zu tun und das Präsidium kann und muß - nach mehrmals erfolgter Mahnung (http://www.fu-berlin.de/defo/fub/stupa19.html) - per Ersatzvornahme diese unterlassenen Maßnahmen, also die Haushaltsplanung, selbst vornehmen. Aber Vorsicht! Das Präsidium darf aber eben nur die wirklich rechtswidrig Unterlassenen Teile eines Haushaltes selbst erstellen. Alles, was die Studentenschaft aufgrund ihrer Selbstverwaltung und dem darauf resultierenden Ermessen rechtmäßig tun oder unterlassen kann (etwa keine weiteren Ausgaben jenseits der Pflichtausgaben beschließen), darf durch diese rechtsaufsichtliche Maßnahme nicht berührt werden. Es gibt also quasi einen Pflichtteil und eine Kür und das Präsidium darf nur den Pflichtteil regeln, ansonsten würde aus der Rechtsaufsicht nämlich eine Fachaufsicht! Natürlich könnte man nun argumentieren, daß zumindestens die vorläufige Festsetzung der Beiträge vom 29.11.2001 aus sachlichen - nicht etwa rechtlichen! - Gründen zwingend notwendig gewesen wäre, da die Versendung der Rückmeldeunterlagen und damit der Zahlungsaufforderungen nun einmal kurz bevorstand. Und daß es ein sehr schwerwiegender Eingriff in die Selbstverwaltung gewesen wäre, wenn tatsächlich nur das allernötigste an Beiträgen eingefordert worden wäre und dem Studentenparlament damit jegliches nachträgliche Handlungschance genommen worden wäre. Das Präsidium selbst führt in seinem Schreiben (s.o.) aus, daß die Studentenschaft von den Einschränkungen der Vorläufigen Haushaltswirtschaft befreit werden solle. Dabei wir aber übersehen, daß Selbstverwaltung auch eigene Verantwortung bedeutet, so daß die Folgen von selbstverschuldetem Nichthandeln eben auch getragen werden müssen. Dies insbesondere, wo es in der Hand des Studentenparlaments gelegen hat (und zum nächsten Semester auch wieder liegt), einen rechtmäßigen Haushalt rechtzeitig aufzustellen. Ein Schutz vor den Folgen des eigenen (Nicht-)Handelns kann nicht mit den Mitteln der Rechtsaufsicht erfolgen. Dies gilt insbesondere, wo es für solche, nicht auf rechtswidrigem Vorverhalten beruhenden Maßnahmen eine eigene Norm im BerlHG gibt, nämlich den § 56 IV "[Das Präsidium] kann in unaufschiebbaren Angelegenheiten anstelle der zuständigen Organe oder sonstigen zuständigen Stellen der Hochschule die unerläßlichen Maßnahmen und einstweiligen Regelungen treffen." und eben diese Norm keine Anwendung auf die Studentenschaft findet, da § 18 IV BerlHG ausdrücklich nur die rechtsaufsichtlichen Maßnahmen erlaubt. Halten wir also fest, in einem vom Präsidium festgelegtem Haushalt dürfen nur solche Ausgaben enthalten sein, zu denen die Studentenschaft verpflichtet ist. Und was bedeutet das für die Beiträge? Die Beiträge dienen der Finanzierung der durch den Haushaltsplan festgelegten Ausgaben. Und dem dienen sie ausschließlich, alles andere wäre auch ein unzulässiger Eingriff in die Grundrechte der Studierenden. Also muß sich die Beitragshöhe so festgesetzt werden, daß die Ausgaben gedeckt werden, nicht mehr und nicht weniger. Und was hat das Präsidium nun getan? Es geht von der Einnahmeseite aus - was eh schon ein Skandal für sich ist, schließlich guckt man eigentlich erst, was ausgegeben werden soll und darf und bestimmt dann die dafür nötigen Beiträge - und befindet ohne nachvollziehbaren Grund, daß ein Beitrag von 6,64 EUR also die alten 13 DM ein "guter" Beitrag sind, und erteilt die Anweisung, den letzten vorliegenden Haushaltsentwurf entsprechend zu verändern ("Wir gehen davon aus, dass Sie diese Maßnahmen selber veranlassen werden, andernfalls müssen diese ersatzweise durch uns vorgenommen werden."). Es liegt also mithin - anders als es der "Genehmigungs"-Beschluß auf der ersten Seite des präsidialen Schreibens andeutet, kein wirksamer Haushalt vor! Wenn man sich aber nun dennoch der Sichtweise des Präsidiums anschließt, daß 6,64 EUR benötigt würden und ggf. sogar ein Haushalt vom Präsidium aufgestellt worden wäre, so hieße dies aufgrund der oben geschilderten Eigenheiten einer Ersatzvornahme, daß all die Ausgaben, die durch diesen Beitrag gedeckt werden, zwingend notwendig wären und ein Unterlassen dieser Ausgaben demnach rechtswidrig sei. Denn was nicht rechtswidrig unterlassen wird, ist nicht zur Ersatzvornahme geeignet. Das hieße dann allerdings zweierlei: Zum einen muß es der Studentenschaft wohl erlaubt sein, über das rechtlich zwingende hinaus einen finanziellen Spielraum zu haben, es muß also neben dem Pflichtteil auch eine Kür geben. Sie müßte folglich noch weitere Ausgaben beschließen dürfen und dementsprechend natürlich auch mehr Beitrag einfordern können, denn auch diese Ausgaben wollen ja bezahlt werden. Nur, das Präsidium sagt ganz deutlich, daß es höhere Beiträge nicht genehmigen wird. Was also? Doch keinerlei Spielraum für die Studentenschaft? Zum andern hieße dies, daß alle vom DEFO bisher gestellten und in weiten Teilen sogar den Forderungen des Landesrechnungshofs entsprechenden Haushaltsanträge (http://www.fu-berlin.de/defo/fub/stupa18.html) rechtswidrig gewesen wären. Denn wir haben ja eine deutliche Senkung der Ausgaben und Eurer Beiträge angestrebt. Wenn aber, wie das Präsidium offenbar meint, der Haushalt mit 570.000 EUR und 6,64 EUR Beitrag pro Semester und Student/in nur rechtlich notwendige Ausgaben enthält - ansonsten wäre ja ein Ersatzvornahme in dieser Höhe nicht möglich -, dann würden unsere Anträge und die Forderungen des Landesrechnungshofs (http://www.fu-berlin.de/defo/fub/stupa16.html) ja massiv rechtliche Verpflichtungen ignorieren und damit rechtswidrig sein!? Will man so etwas wirklich von Seiten des Präsidiums behaupten? Also irgendetwas stimmt da nicht und meiner Ansicht nach ist dies der Umfang der Ersatzvornahme durch das Präsidium. Es hat - wenn denn - schlicht einen viel zu umfangreichen Haushalt aufgestellt, anstatt sich auf das rechtlich notwendige zu beschränken. Und demzufolge ist natürlich auch der Beitrag von 6,64 EUR viel zu hoch gegriffen. Ach ja, nur nebenbei, falls jetzt jemand Lust verspürt, sein Studium durch praktische Erfahrungen im Verwaltungsstreit zwecks Rückforderung zu erweitern: Bislang (Stand 21.09.2002) hat das Studentenparlament es immer noch nicht fertiggebracht, einen Haushalt oder eine Beitragsordnung für das laufende (sic!) Haushaltsjahr zu beschließen. Es "gilt" also immer noch der Haushaltsplan und die Beitragsfestsetzung des Präsidiums, naja, oder eben auch nicht. Stephan Manske (erschienen im DEFO-Info Nr. 46 vom WS 2002 / 2003) |
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