DEFO an der FU - Studentenparlament | |||||||||
Man weiß nie so recht, ob man lachen oder weinen soll. Die Sitzungen des Studentenparlaments (StuPa) haben immer wieder etwas Groteskes; lustig ist es allerdings eigentlich eher selten - meistens eher zum Heulen. Vor Weihnachten kam das StuPa nach langer Auszeit wieder einmal zu einer Sitzung zusammen:
Die Wahl eines AStA-Vorsitzenden braucht viel Zeit. Das ist an sich nichts neues, nach den StuPa-Wahlen im Januar hat es diesmal jedoch bis in den Dezember gedauert. Ein neuer Rekord! Nur einen Monat vor den Neuwahlen ist nun doch noch ein neuer AStA im Amt. Eine ordentliche Entlastung der Verantwortlichen erfolgte jedoch wie gewohnt nicht und die von Landesrechnungshof und Präsidium geforderten Rechnungsprüferberichte lagen ebenfalls nicht vor. Das üblich groteske Szenario.
Trauriger ist der Umgang mit engagierten Kommilitoninnen und Kommilitonen der Bioinformatik. Diese bemühen sich seit Mitte letzen Jahres darum, eine eigene Fachschaft zu werden: Angehängt an den Fachbereich Informatik, aber inhaltlich halb Biologen, halb Informatiker, haben sie bislang keine Möglichkeit, eigene Vertreter in die Fachbereichsgremien zu entsenden und so ihre speziellen Interessen zu vertreten; denn inhaltlich ein eigener Studiengang, sitzen sie doch gremientechnisch zwischen allen Stühlen. Während das Rechtsamt der Uni keine Hindernisse für eine neue Fachschaft sah, blieb eine Hürde: Die Satzung der Studentenschaft müßte geändert werden. Das aber wiederum ist die höchste Hürde, denn so eine Satzungsänderung braucht mindestens 40 Stimmen im StuPa, sprich eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Dazu wäre die Anwesenheit und Zustimmung eines Großteils der AStA-Gruppen notwendig. Nachdem die Bioinformatiker in den letzten Sitzungen immer wieder mit formalen Tricks hingehalten wurden (Hat der AStA etwa etwas gegen neue Fachschaften?), war es diesmal so weit, ihr Antrag samt Tagesordnungspunkt (TOP) stand ordnungsgemäß auf der Tagesordnung, sogar ganz weit oben. Nur leider scheiterte es an der Anwesenheit, es waren keine 40 StuPa-Mitglieder aufzutreiben, so daß eine Abstimmung nicht möglich war. Da sich daran während der gesamten Sitzung nichts entscheidendes änderte, halfen leider auch die ständigen wir vertagen es um einen TOP weiter nach hinten nicht viel. Vielleicht reicht es ja bei der nächsten Sitzung des - dann neuen - StuPa zu einer satzungsändernden Mehrheit, vielleicht ist das StuPa ja zumindest am Anfang seiner Legislaturperiode etwas besser gefüllt.
Nicht nur die Bioinformatiker haben es bei unserem AStA schwer, sondern auch unsere behinderten Mitstudierenden. Sie haben es sogar unnötig schwer, leider durch das Semesterticket. Schade nur, daß dies das Mehrheit des StuPas nicht sonderlich interessiert. Aufmerksam wurden wir auf das Problem auf folgender Website: "Die Einführung des Semestertickets an der FU bietet nicht nur Vorteile für die Studenten. Behinderte, die die BVG nicht nutzen können, müssen jedes Semester erneut zunächst die Gebühren bezahlen. Erst dann können sie eine Rückerstattung beantragen. [...] Das Hamburger Studentenwerk hat ein vereinfachtes Verfahren. Dort werden behinderte Studierende auf Wunsch dauerhaft und mit minimalem bürokratischen Aufwand von den Semesterticketgebühren befreit." (Zitat von http://www.semesterticket-fu.de.vu) Zum Hintergrund: Es gibt Behinderte, die den ÖPNV aufgrund des Schwerbehindertengesetzes mit einer entsprechenden Wertmarke nutzen können. Diese sind ohnehin vom Semesterticketvertrag ausgenommen. Daneben gibt es aber auch Behinderte, die den ÖPNV gar nicht erst nutzen können. Diese müssen gemäß der aktuellen Regelung jedes (!) Semester unter Vorlage eines amtsärztlichen Attests eine Befreiung beantragen und zudem auch noch die Semesterticketbeiträge vorstrecken! Dieses Vorgehen belastet die Betroffenen nicht nur mit unnötiger und zeitraubender Arbeit, sondern widerspricht auch eklatant der aktuellen Gesetzeslage. Also hat sich das DEFO dafür stark gemacht, daß endlich die gesetzlichen Regelungen eingehalten werden, keine unnötigen bürokratischen Hürden errichtet werden und die entsprechenden Befreiungsanträge nicht in jedem Semester erneut gestellt werden müssen. Es sollte eine echte Befreiung von der Zahlungspflicht eintritt und nicht nur der vorzustreckende Betrag irgendwann einmal erstattet werden. Gleiches gilt übrigens auch für Studierende, die ein Auslandsjahr absolvieren. Warum soll nicht auch hier eine Befreiung für die gesamte Zeit des Auslandsaufenthaltes möglich sein? Leider wurde unser entsprechender Antrag (mit ausführlicher Begründung) auf der vorletzten Sitzung des StuPa mit fadenscheinigen Begründungen nicht zugelassen bzw. behindert und auch auf der letzten Sitzung wollte man sich nicht wirklich mit dem Thema befassen: Erst wurde der TOP ganz ans Ende der Tagesordnung versetzt und schließlich - obwohl durchaus noch Zeit war - gänzlich von der Sitzung vertagt! Für alle möglichen und unmöglichen Sachen hat unser AStA Zeit, für die Belange unserer behinderten Studierenden aber nicht ... Wundert es da eigentlich, daß die Einrichtung eines Behindertenreferates seit Jahren abgelehnt wird!?!
Vor allem eines ist dem AStA wichtiger, und zwar sein Geld. Oder eigentlich Eurer Geld, denn Ihr müßt ja zahlen, der AStA gibt nur aus. Aber dafür mit vollen Händen. Um nur ein paar Zahlen zu nennen: Die Ausgaben für ehrenamtlich(?) Tätige betragen sagenhafte 105.000 EUR, für freie Mitarbeiter 150.000 EUR, für Geschäftsbedarf, Porto und Telefon kommt der AStA auf 58.000 EUR, Veröffentlichungen 30.000 EUR, Veranstaltungen 20.000 EUR ... Die Personalkosten stiegen wiederholt an, von 44 % im letzten Jahr auf nun geschlagene 54 % des Gesamthaushalts! Was das Präsidium wohl diesmal dazu sagt? Ach ja, ein neues Fahrzeug will man sich auch mal wieder leisten, und die meisten Monita des Landesrechnungshofs sind auch noch nicht ausgeräumt, aber wenn kümmert's? Und da diese horrenden Ausgaben natürlich auch irgendwie finanziert werden müssen, will der AStA auch mehr Geld von Euch. Nachdem es mit den völlig unverschämten 8,00 EUR pro Semester im Zuge der Euroumstellung nicht geklappt hat - das konnten wir verhindern -, sollen es diesmal immerhin 7,50 EUR statt der bisherigen 6,64 EUR (die alten 13 DM) werden. Das macht dann insgesamt 565.000 EUR, satte 21.000 EUR mehr als im letzten Jahr, und unglaubliche 155.000 EUR mehr, als bei einem sinnvollen und den Studierenden wirklich etwas bringenden Haushalt nötig wären! Interessant war übrigens, daß man uns gegenüber auf der Sitzung immer wieder beteuert hat, man werde ja im nächsten Haushaltsjahr (also 2004/2005) richtig mit dem Sparen anfangen. Warum dies allerdings nicht schon ab April 2003 möglich sein sollte, konnte oder wollte man uns nicht verraten. Beschlossen ist dies allerdings noch nicht. Vielleicht aufgrund unserer massiven inhaltlichen Kritik oder unserer detaillierten Änderungsanträge - warum auch immer, die Haushaltsdebatte wurde mitten in den Änderungsanträgen abgebrochen und der nächsten Sitzung nach den Wahlen und damit dem neu besetzten StuPa zugeschanzt. Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben, es kommt also auf das Wahlergebnis und damit gerade auf Eure Stimme an, ob dieser Ausgabenwahnsinn doch noch zu stoppen ist!
Ja, ein Fahrtkostenantrag. Was so besonders daran war? Nun ja, zuerst einmal wurde der Antrag - wie leider so oft - entgegen dem ausdrücklichen Willen des StuPa erst nachträglich gestellt (eigentlich soll man sich vor einer Fahrt um deren Finanzierung kümmern). Zudem war der Antragsteller nicht persönlich erschienen, sooo wichtig schien es also doch nicht zu sein. Interessanter war aber, daß der Antragsteller nicht der FU sondern der HU anzugehören schien. Nun ja, auch wenn die Studentenschaft der HU ausweislich des Antragstextes zu einer finanziellen Unterstützung nicht bereit war, so kann man im Rahmen von Solidarität unter Studierenden vielleicht mal über die Grenze der eigenen Universität hinweg Unterstützung gewähren. Aber es kam noch besser: Der Antragsteller ist nicht einmal Student! Auf unsere Nachfragen hin hörten wir von einigen informierten AStA-Mitgliedern - die darüber hinaus aber nicht sehr mitteilsam waren -, daß nicht ein einziger Studierender an diese Fahrt teilgenommen hat! Auch wenn es inhaltlich um eine durchaus begrüßenswerte Sache gehen mag - die Aufarbeitung des Generalplans Ost -, ließ der Antrag aus unserer Sicht zu viele Fragen offen. Studentische Gelder, die einer strengen Zweckbestimmung unterliegen, können nicht einfach so ohne jeden studentischen Bezug verteilt werden. Die Studentenschaft ist mit Euren Pflichtbeiträgen schlicht nicht die Geld- und Förderquelle für andernorts nicht finanzierte Forschungsprojekte. Als dann ein Geschäftsordnungsantrag, die Fahrtkostenübernahme wenigstens solange zu vertagen, bis man zumindest den Antragsteller persönlich im StuPa befragen konnte, abgelehnt wurde, konnten wir nur noch die parlamentarische Notbremse ziehen: Die Opposition verweigerte sich dieser Abstimmung, verließ den Sitzungsraum und ließ zugleich feststellen, daß das StuPa nicht mehr beschlußfähig war. Auch muß uns diese Notbremse der Opposition nicht peinlich sein, peinlich ist es vielmehr für den AStA, daß es ihm trotz seiner satten Mehrheit im StuPa nicht gelungen ist, wenigstens dreißig seiner StuPa-Mitglieder zu dieser Sitzung zu mobilisieren! Und dies in einer Sitzung, in der sogar der AStA-Vorsitz gewählt wurde und ein Haushalt beschlossen werden sollte; stärker kann man sein Desinteresse an der Arbeit im StuPa wohl kaum zum Ausdruck bringen, oder?
Mit dem Haushalt sind wir wieder massiv in Verzug, für behinderte Studierende hat der AStA kein Ohr und keine Zeit, die Bioinformatiker warten immer noch auf ihre eigene Fachschaft und Eure Beiträge sollen steigen. Wem das nicht paßt und wer das verändern will, für den gibt es auch in diesem Jahr wieder Gelegenheit: Die studentischen Wahlen finden am Dienstag bis Donnerstag statt! Stephan Manske (erschienen im DEFO-Info-Update 46/1 im WS 2002 / 2003) |
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