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Kunsttradition
und soziale Charakterisierung
Kein Zweifel: Hogarth charakterisiert damit die soziale Zugehörigkeit
seines Geizigen. Niederländische Kunst ist nach der Vorstellung
klassischer Kunstauffassung niedere Kunst; niedrig nach dieser
Meinung deswegen, weil sie ohne Anspruch auf Idealisierung
oder Überhöhung bloß wiedergebe, was ist,
ungeschönt städtisches und ländliches Leben
abbilde. Für Hogarth, das macht die Verwendung niederländischer
Bilder auch in anderen Zyklen zweifelsfrei, charakterisieren
diese Bilder wie für viele seiner Zeitgenossen die bürgerliche
Sphäre, die Sphäre der Handwerker und Kaufleute,
die zu gewissem Wohlstand gekommen sind. Sie können sich
in derartigen Bildern wiedererkennen, finden Geschmack an
den holländischen Themen und Gegenständen und ihrer
unmittelbaren Wiedergabe. Dem Rake, das lehrt uns der
weitere Zyklus, ist dies nicht genug, er will die väterliche
klein- oder mittelbürgerliche Sphäre verlassen.
Das ererbte Geld soll ihm adligen Lebensstil ermöglichen.
Er, so erfahren wir schon in der nächsten Szene, nimmt
sich einen Fecht-, einen Tanz-, einen Musikmeister, einen
Gartenarchitekten, unterhält Reitpferde, gibt Empfänge,
er versucht nach der Mode zu leben. Die Kunst an den Wänden
seiner anspruchsvollen Wohnung, keine Frage, ist klassische
italienische Hochkunst, die Kunst des Adels.
Der Rake lebt über seine Verhältnisse, wir haben
gehört, er kommt mit Konsequenz im Irrenhaus um. So scheint
die Sozialmoral
*** der Serie einfach und eindeutig zu sein:
Wer sich über seinen Stand erhebt, der wird bös
enden. In der Tat charakterisiert Hogarth das jeweilige soziale
Umfeld sehr differenziert. Jeder Raum, seiner Architektur
und Ausstattung, sagt etwas aus über die soziale Zugehörigkeit
oder den sozialen Ehrgeiz seines Bewohners. Aber auch Kleidung,
Mimik und Gestik des Personals der Bilder werden zur präzisen
Fixierung des jeweiligen sozialen Erscheinungsbildes genutzt.
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