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[Pharmakologen forschen mit polnischen Kollegent]

Am 1. Mai wird Polen der EU beitreten. Die Kooperation der FU-Pharmakologen mit Wissenschaftlern im östlichen Nachbarland reicht inzwischen 16 Jahre zu-rück. 1988 vereinbarten Professor Stanislaw Wolfarth, Leiter der Abteilung für Neuro- und Psy-cho-pharmakologie der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Krakau und Professor Helmut Coper, damaliger Lehrstuhlinhaber am Institut für Neuropsychopharma-kologie der Freien Universität Berlin eine Zusammenarbeit. Themen waren motori-sche Verände-rungen im Alter und darauf aufbauend die Erforschung von Ursachen neurodegene-rativer Erkrankungen. Diese Projekte wurden seither von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Bundesforschungsministerium gefördert.

Seit Mitte 2003 läuft das binationale Projekt „Investigation of pathomechanisms of Parkinson’s disease and search for neuroprotective therapies“. Koordinatorin auf polnischer Seite ist Professor Ossowska vom Institut für Pharmakologie der Polnischen Akademie der Wissenschaften Krakau und auf deutscher Seite Hans Rommelspacher, Leiter des Bereichs Klinische Neurobiologie an der Klinik und Hochschulambulanz für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité Universitätsme-dizin Berlin. Wissenschaftler von Instituten und Kliniken in Leipzig, Dresden, Jena, Bochum und Berlin entwickeln im Verbund mit den polnischen Kollegen aus Krakau und Warschau Methoden zur Früherkennung des Morbus Parkinson.

Bisher können die Symptome dieser Erkrankung erst dann diagnostiziert werden, wenn bereits siebzig bis achtzig Prozent der dopa-minergen Nervenzellen im Gehirn zugrunde gegangen sind. Außerdem wird die Be-teiligung körpereigener Substanzen aber auch von bestimmten Unkrautvernich-tungsmitteln und Insektiziden an der Zerstörung dieser Nervenzellen untersucht. Die körpereigenen Neurotoxine sind Metaboliten der Neurotransmitter Dopamin, Se-rotonin und Tryptamin, die bisher wenig beachtet wurden, weil sie in vergleichsweise geringen Mengen beim Menschen vorkommen. Das Besondere an ihnen ist, dass einige die Nerven-zellen schädigen, andere aber auch die Nervenzellen schützen, so dass ein Un-gleichgewicht zwischen den toxischen und protektiven Verbindungen, eine schlei-chende Zerstörung der Nervenzellen bewirkt.

Kürzlich konnte von den klinischen Neurobiologen der Charité nachgewiesen werden, dass durch einige der toxischen Verbindungen die Verwertung der Glukose gehemmt und so die Energieversorgung der Nervenzellen gedrosselt wird. Darüber hinaus wurden weitere Stoffwechselprozesse nachgewiesen, in die diese im menschlichen Organismus gebildeten Neurotoxine eingreifen – unter anderem die Chaperonfunktion, den Dopamintransporter und die Stimulierung der Apop-tose (programmierter Zelltod).

Zuletzt sei auf ein Beispiel hingewiesen, wie einige der protektiv wirkenden Meta-boliten, die Nervenzellen schützen können. Be-kanntermaßen gibt es unter Patienten mit Parkinsonscher Krankheit weniger Rau-cher als in der Gesamtbevölkerung. Dies könnte daran liegen, dass zwei der Metaboliten auch im Tabakrauch in großen Mengen vorkommen und durch Hemmung der Enzyme MAO-A und MAO-B im Gehirn die Umwandlung der Neutrotransmitter in die körpereigenen Neurotoxine verhindern.

Helmut Coper




Prof. Dr. Hans Rommelspacher, Bereich Klinische Neurobiologie, Klinik und Hochschulambulanz für Psychiatrie und Psychotherapie, Charité, CBF, Freie Universität Berlin, Berlin-Charlottenburg,
E-Mail: hans.rommelspacher@charite.de


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