Die göttlichen Gaudigängster 2000
beim 75. Richard-Heinzenburg - Gedenkstaffellauf
Foto: Chia
Meine ersten Tage in Berlin waren ziemlich chaotisch. Nicht genug damit, dass ich meinen Koffer verlor, auch die deutschen Sitten waren für mich anfangs äußerst gewöhnungsbedürftig. Unvergesslich wird mir mein erster Besuch in einer deutschen Sauna bleiben. Mindestens 15 Augenpaare richteten sich auf mich, denn ich trug als einziger ein Tuch um meine Hüfte. Auch die vielen Frauen, die ich eigentlich gar nicht erwartet hatte, waren vollkommen nackt. Ich war nicht wirklich schockiert, nur etwas (schön) überrascht. So was wäre in Australien undenkbar, obwohl wir ansonsten sehr relaxt und tolerant miteinander umgehen besonders mit dem anderen Geschlecht. Aber andere Länder, andere Sitten. Das war im November 1999. Inzwischen habe ich mich an die Umgangsformen in deutschen Saunen gewöhnt und bin jetzt dort auch unverhüllt!
Ich habe seitdem viele andere kulturelle Unterschiede erlebt. Die meisten Erfahrungen verdanke ich dem Internationalen Club der FU. Meine erste Veranstaltung mit dem Club im Wintersemester 1999, meinem ersten Semester an der FU, war ein lockerer Billardabend eine gute Chance, ungezwungen neue Leute kennen zu lernen. Trotz der mir hier unbekannten Regeln spielte ich eigentlich nicht schlecht (bis ich verlor, weil ich die schwarze Kugel ins falsche Loch schoss). Mit Knud, der den Abend organisiert hatte, und einigen anderen Teilnehmern bin ich noch heute eng befreundet. Knud ist wie ich ein ehemaliger DAAD-Stipendiat und war für ein Jahr an der Washington State University in den USA. Da er sich auch für andere Länder und Kulturen interessiert, ist er schon länger im Club tätig.
Ich kann mich noch an die Orientierungstage für die neuen ausländischen Studierenden erinnern. Mir fiel auf, dass einige von ihnen echt einsam und verloren aussahen. Als ich von dem Internationalen Club erfuhr, ergriff ich die Chance mit beiden Händen. Der Internationale Club ist ein guter Treffpunkt, um neue Kontakte zu knüpfen. Er bietet sowohl multikulturelle als auch regional orientierte Veranstaltungen an. So lernte ich nicht nur Leute aus Deutschland, sondern auch gleich welche aus den verschiedensten Ländern der Welt kennen.
Während der Vorbereitungen für Thanksgiving, unseren zweifellos größten Regionalabend, den wir jedes Jahr veranstalten, kochten wir in einer Polizeikantine im Wedding bis spät in die Nacht. Es war schweißtreibende Arbeit, aber auch ein Riesenspaß. StudentInnen unbewacht in einer Polizeikantine: Auch das wäre in Australien unvorstellbar!
Norman Chia rechts im Bild mit Bianca Bäumler, der ehemaligen Präsidentin des Internationalen Clubs der FU ist Australier. Der 26-jährige Germanistik-Student kam im Oktober 1999 als DAAD-Stipendiat an die FU. Er möchte frühestens im Herbst dieses Jahres an seine Heimatuniversität, die Monash University in Melbourne, zurückkehren.
Aussi meets Ossi
Das Kulturprogramm des Internationalen Clubs hält übrigens immer wieder Überraschungen parat. So endete eine Führung durch die Babelsberger Filmstudios, bei der wir nicht nur Kulissen für den Eröffnungsfilm der Berlinale Duell Enemy at the Gates sondern auch für Der Tunnel und Sonnenallee sahen, für mich in einer echten Lovestory mit happy end: Dort lernte ich meine jetzige Freundin, eine Cottbusserin, kennen. Sie ist auch Mitglied im Club.
Beim italienischen Abend erfuhr ich, welche ungeahnten Möglichkeiten es gibt, sich mit Händen und Füßen zu verständigen. Das Temperament der Italiener ist einfach unvergleichlich. Mich persönlich faszinierten auch die Besuche in den Berliner Museen. Die Gedenkstätte Deutscher Widerstand und das Mauermuseum waren Orte, an denen die deutsche Geschichte auf beklemmende Weise wieder lebendig wurde.
Beim Stammtisch hingegen konnte ich relaxt mit den anderen Club-Mitgliedern plaudern und über deutsche Biersorten staunen. Für die &Mac226;Aussies ist das Biertrinken schon eine nationale Leidenschaft geworden. Trotzdem würden sie niemals Bier mit Bananensaft trinken. Schrecklich, einfach schrecklich!
Vor allem hat mir der Internationale Club geholfen, verschiedene Vorurteile abzubauen. So lernte ich, dass nicht jede bayrische Bauersfrau eine &Mac226;Resi ist und nicht alle Deutschen so unhöflich wie die Kassiererinnen bei Kaisers sind. Ich konnte andere davon überzeugen, dass man in Australien weder Kängurus noch Koalabären als Haustiere hält.
Mein Highlight letztes Jahr war allerdings Weihnachten. Ich feierte Weihnachten endlich nicht allein, sondern mit der Familie meiner Freundin. Was daran so toll oder einfach anders war? Ich durfte deutsche Hausmannskost genießen und die Geschenke schon am Heiligabend öffnen. Diese Tradition hatte ich schon zuvor beim Internationalen Weihnachtsfest, das vom Akademischen Auslandsamt der FU mitorganisiert wurde, kennen gelernt.
Den Internationalen Club kann ich allen Studierenden aus dem Ausland wärmstens empfehlen. Hier kommt man mit Menschen aus anderen Kulturen und Ländern ungezwungen in Kontakt. Zum kommenden Begrüßungsabend am 20. April sind alle Interessierten herzlich eingeladen. Um 19.00 Uhr gehts los! Bei Redaktionsschluss der FU-Nachrichten stand der Veranstaltungsort allerdings noch nicht fest. Wir geben ihn kurzfristig auf unserer homepage bekannt (http://www.fu-berlin.de/internationaler-club).
Norman Chia
Der Internationale Club der Freien Universität
Der Internationale Club der FU Berlin ist ein idealer Treffpunkt für Studierende, die an einem Austausch mit anderen Kulturen und Nationalitäten interessiert sind. Der zum Wintersemester 1997/98 gegründete Club bietet auch die Möglichkeit, den oft fehlenden Kontakt zwischen Studierenden, Wissenschaftlern oder Mitarbeitern der FU zu erleichtern und zu fördern, neue ausländische Studierende beim Einstieg in das universitäre Leben und den Berliner Alltag zu unterstützen oder Berlin und seine Umgebung gemeinsam zu erkunden. Die vom Internationalen Club organisierten Aktivitäten, die von Grillfesten über Ausflüge und Exkursionen bis zu Tanz- und Musikabenden reichen, stehen grundsätzlich allen Studierenden offen.
Mitglied zu werden bringt einige Vorteile mit sich: Für 20 DM pro Jahr, die bei einem studentischen Budget sicher nicht zu hoch angesiedelt sind, erhält man u.a. Einladungen für geschlossene Veranstaltungen wie dem Ambassador Kolleg und wird bei der Vergabe von Eintrittskarten für eigene Veranstaltungen vorrangig behandelt. Es besteht auch die Möglichkeit, an einem Sprachprogramm teilzunehmen. Dabei werden Lernpartner vermittelt, die im gegenseitigen Austausch die Muttersprache des jeweils Anderen erlernen können.
Der Mitgliedsbeitrag kann entweder bei diversen Veranstaltungen bar bezahlt, oder auf folgendes Konto überwiesen werden: Berliner Sparkasse, BLZ: 100 500 00; Kontonummer: 10 10 01 01 11; Bitte immer Internationaler Club mit abgeben!
Weitere Informationen: Internationaler Club.
E-Mail: Intlclub@zedat.fu-berlin.de oder im Internet:
http://www.fu-berlin.de/internationaler-club
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