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öffentliche Gelder - Geheimsache? (Mai 1998)

"Ihr glaubt doch nicht, daß wir Euch - unseren politischen Gegnern - Einblick in unsere Finanzen geben!"

Derart nahm Carl Wechselberg von der UL/UDS (PDS-Hochschulgruppe) auf der StuPa-Sitzung am 22. Mai 1998 zu unserem Begehren Stellung, in die Finanzunterlagen des Allgemeinen Studentenausschusses Einsicht nehmen zu wollen."Unsere Finanzen" - damit bezog er sich nicht auf seine persönlichen Finanzen oder die seiner hochschulpolitischen Gruppe (wir hätten Verständnis!), sondern auf die Beiträge, die alle Studierenden jedes Semester bezahlen müssen. Weitere O-Töne waren ebenso aufschlußreich: "Ihr maßt Euch politische Kompetenzen an, die Euch nicht zustehen! (...) Wir werden es mit allen Mitteln verhindern, daß Ihr als unsere politischen Gegner Einblick in unsere Finanzen bekommt!" So sehen Sie also aus, die Vorstellungen eines führenden Vertreters des AStA-Spektrums zur parlamentarischen Kontrolle studentischer Gelder!

Es scheint nicht nur am Willen zum angemessenen Umgang mit öffentlichen Geldern zu fehlen, sondern auch an handwerklicher Professionalität. So äußerte sich ein Finanzreferent ähnlich aufschlußreich wie zuvor Carl: "Es läßt sich nicht feststellen, wieviel ein einzelnes Referat des AStA ausgegeben hat! (...) Es gibt auch keine vernünftige Archivierung der Unterlagen, so daß eine Rechnungsprüfung durch die Studentenparlamentarier überhaupt nicht möglich ist!" Da tun sich Abgründe auf!

Als Lektüre sei den im AStA derart (Un)Tätigen die Protokollerklärung der drei AStA-nahen Studierenden zur Umsetzung der Erprobungsklausel empfohlen. Axel Gebauer (selbst AStA-Mitglied) schreibt: Es sei zu fürchten, es werde "sich niemand im AS (Akademischer Senat) dafür verantwortlich fühlen, die Entscheidungen, die auch immer Entscheidungen über die Verwendung öffentlicher Gelder sind, der Öffentlichkeit gegenüber zu begründen."

Apropos Ver(sch)wendung öffentlicher Gelder: Auch in dieser StuPa-Sitzung trug die AStA-tragende Mehrheit nicht der Tatsache Rechnung, daß drei Fachschaftsräte trotz Anspruchs aus der Satzung der Studentenschaft bislang keinerlei Mittel zur Selbstbewirtschaftung zur Verfügung gestellt bekommen. Die Fachschaftsräte Altertumswissenschaften, Anglistik und Rechtswissenschaft benötigen zur Erfüllung ihrer Aufgaben auch finanzielle Mittel. Der AStA aber versucht seit mehr als 2½ Jahren in wiederholt rechtswidriger Weise, die 1,1 Mio. DM pro Jahr (aus den 13DM je Semester an Studentenschaftsbeiträgen) allein und viel weniger sinnvoll als die Fachschaftsräte auszugeben. Man stelle sich nur einmal vor, was ein Fachschaftsrat an einem Fachbereich mit einem Bruchteil des Geldes auf die Beine stellen könnte: eine Fachschaftszeitung, studentische Evaluation, noch bessere Beratung, ein studentisches Café, etc. Das DEFO hat viele dieser Dinge schon erfolgreich realisiert bzw. angegangen; was muß dann erst ein auch demokratisch legitimierter und ausreichend finanzierter Fachschaftsrat können?!

Von AStA-Seite wird demgegenüber immer wieder auf die "Fachschaftsinis" verwiesen. Diese sind aber ebenso wie das DEFO nur Gruppierungen, die auf viel Eigeninitiative, aber keinerlei demokratischer Legitimation durch Wahlen basieren. Außerdem sind diese von Geldgebern (beispielsweise dem AStA) abhängig, so daß der schnöde Mammon dann auch Einfluß auf die Inhalte der Arbeit ermöglicht. Das tiefere Motiv für die Ablehnung der Fachschaftsräte durch den AStA scheint denn auch mehr im befürchteten Verlust politischer Kontrolle über die FSI´s zu liegen. Dies kann man verstehen, entspricht aber nicht der Satzung der Studentenschaft.

Schon eher als Marginalie erscheint dann die Neuwahl des AStA, der sich auf 32 bzw. 33 der 60 Mitglieder des StuPa stützen kann. Bemerkt sei daher nur noch eines: Die "Gruppe 97" - angetreten unter anderem für mehr finanzielle Transparenz in der Studentenschaft - wählte diesen AStA ohne erkennbare Skrupel mit. Die Liste "Drosophila" schien da schon mehr Zweifel zu hegen, wählte dann aber auch - brav!

Nun ja - Macht korrumpiert. Und überhaupt: "Was interessiert mich mein dummes Geschwätz von gestern?!"

Andreas Schulz

(erschienen im DEFO-Info-Update Nr.37/1 vom SS 1998)



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