Waxing-Studios in Berlin: Ein Stück Brasilien in Deutschland

Schönes junges Mädchen im Schönheitssalon. Foto: prostooleh

Waxing-Studios in Berlin: Ein Stück Brasilien in Deutschland

Von manchen als überflüssiger Beruf angesehen, ist das Waxing ein sehr wichtiger Teil der Geschichte vieler brasilianischer Frauen in Berlin, die ein neues Leben außerhalb ihrer Heimat suchen. Motiviert werden sie von ihrer Liebe zur Profession oder den flexiblen Arbeitszeiten. Auf jeden Fall ist es ein Beruf, hinter dem viel mehr steckt, als man denkt.

von Natália Scholz Haferkamp

Wenn man an das Land Brasilien denkt, hat man oft als Erstes ein Bild von einem Ort mit großer Hitze, Stränden, Fußball und Karneval vor Augen. Ebenso assoziieren viele das Land mit schönen Frauen, die sehr knappe Bikinis tragen und ihre spektakulären Körper zur Schau stellen. Abgesehen vom Sexismus ist dies das Bild, das verkauft wird und das sich auf ein anderes Element bezieht, das mit dem Land zusammenhängt: das Waxing.

Eine Suche in den Gelben Seiten und auf Google Maps zeigt mehr als 20 Haarentfernungssalons in Berlin. Dies schließt nicht diejenigen ein, die inoffiziell arbeiten und diejenigen, die aus irgendeinem Grund die Details ihres Unternehmens nicht im digitalen Umfeld veröffentlicht haben. Auffallend ist jedoch die große Anzahl von Salons mit portugiesischen Wörtern und Ausdrücken oder mit Hinweisen auf Brasilien in ihrem Namen. Einige Beispiele sind BellaBrasil, Brasil Wax Studio, Morena Bonita Wax (in etwa schöne Brünette), Sempre Bonita (immer schön) und Copacabana Brazilian Waxing Studio.

Waxing als Familienerbe

Alexsandra in ihrem Studio bei den Vorbereitungen des Wachses. | 
Foto: Aliaksandra Liebers

Andere Studios haben eher deutsche Namen, zeigen aber auch einen Hauch von Brasilien. Dies ist der Fall bei Alexsandra Monteiros Studio Waxing-Alle. Die Brasilianerin, die seit 18 Jahren außerhalb ihres Heimatlandes lebt, davon 12 Jahre in Portugal, sagt, dass das Handwerk der Haarentfernung in ihrer Familie liegt. Ihre Mutter hat früher schon in einem Salon gearbeitet, heute üben Alexsandra selbst und ihre beiden Schwestern diesen Beruf aus. Ihre Karriere als Haarentfernerin begann vor fast 30 Jahren, als sie 18 Jahre alt war und ist bis heute eine Leidenschaft von ihr. „Ich erfülle mir den Traum, meine Arbeit zu zeigen und die Lehre fortzusetzen, die uns unsere Mutter hinterlassen hat. Meine Schwestern und ich arbeiten nicht nur, um mit der Haarentfernung zu arbeiten. Wir tun dies mit Liebe, denn wir wissen, dass wir es mit Menschen zu tun haben“, erklärt sie.

Die Ernsthaftigkeit, mit der Alexsandra ihre Arbeit angeht, motiviert sie dazu, immer neue Informationen und Kurse in diesem Bereich zu besuchen. Sie sagt, dass sie in Deutschland bereits zwei Kurse absolviert hat. Der erste wurde von einer ihrer Schwestern unterrichtet und bestand aus einem etwa dreimonatigen Praktikum. Der zweite dauerte nur einen Tag, den sie praktisch als Bezahlung für den Erhalt eines Diploms betrachtet. „Ich fand das nicht richtig“, sagt Alexsandra, die ihre Kritik sogar mit dem Kursleiter teilte: „An einem Tag lernt man nichts. In meinem Fall und im Fall der anderen Teilnehmer waren wir bereits Berufstätige und wollten nur das deutsche Diplom. Aber was ist, wenn die Person nichts weiß, die Temperatur des Wachses nicht kennt oder wie man die Empfindlichkeit der Haut von Menschen erkennt? Waxing ist eine ernste Angelegenheit!“.

Die Entwicklung der Waxing-Technik

Das Wachs, das Alexsandra verwendet, riecht nach Weintrauben. | 
Foto: Aliaksandra Liebers

Obwohl es oft mit Brasilien in Verbindung gebracht wird, gibt es das Waxing schon lange bevor das Land überhaupt auf der Landkarte der Zivilisation stand. Alexsandra sagt, dass es zu Kleopatras Zeiten (69 v. Chr. – 31 v. Chr.) bereits Haarentfernungstechniken gab, die der heutigen Methode ähneln. „Damals verwendete man Ton, Honig und Sandelholzextrakt. Es wird berichtet, dass Kleopatra Stoffstreifen oder Tierhaut in heißem Bienenwachs badete, um die Haare zu entfernen“, informiert sie.

Heute sind die Techniken sicherlich fortschrittlicher und die Produkte vielfältiger. Einige Wachse werden aus Honig und Eukalyptusöl hergestellt, andere aus Aloe Vera und sogar aus weißer Schokolade. Auch die Herkunft ist unterschiedlich. Alexsandra bestellt ihre Produkte direkt aus Italien und sagt, dass ihre Zusammensetzung fliederfarben ist und nach Trauben riecht. Unabhängig davon, garantiert sie, ist die Wirkung aller Produkte dieselbe und darauf kommt es an.

Eine Chance in Deutschland

Alexsandra sagt auch, dass Waxing eine Arbeit ist, die eine Chance für Frauen bietet, die aus Brasilien nach Deutschland kommen, aber die Sprache nicht sprechen. Für den Dienst sei es nicht erforderlich, fließend Deutsch zu sprechen, was Vor- und Nachteile mit sich bringe. Auf der negativen Seite kritisiert sie die mangelnde Vorbereitung der Mitarbeiter, die nicht unbedingt wissen, wie das Wachsen funktioniert und was die Kunden einem gewissen Risiko aussetzt. „Ich habe schon in anderen Waxing-Studios gearbeitet und weiß, wie der Prozess abläuft. Die Chefin würde auf einem Blatt Papier erklären, wie man wachst und so kommt es, dass viele Menschen am Ende verbrannt werden. Leider handelte es sich um einen Fehler von jemandem, der einen Auftrag ausführt, ohne es zu wissen.“, kommentiert die Geschäftsführerin.

Andererseits ist dies eine Fähigkeit, die man erlernen kann und die gute Fachleute in diesem Bereich hervorbringt, wie im Fall von Luci*, die bei ihrer Ankunft in Deutschland zwei Jahre lang als Haarentfernerin gearbeitet hat. Die Geschichte von Luci ist etwas ungewöhnlich: die Arbeit in einem Waxing-Studio war etwas völlig anderes als ihre früheren Erfahrungen, zu denen eine Ausbildung als Erzieherin und eine 12-jährige Karriere als Anwältin gehörten. Luci erzählt, dass sie einen Mini-Job in einem Waxing-Studio gefunden hatte, den sie aufgrund der flexiblen Arbeitszeiten mit ihrem Sprachkurs verbinden konnte. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich die Fähigkeit habe, mit den Händen zu arbeiten, denn ich habe immer mit dem Verstand gearbeitet, aber es war eine tolle Herausforderung“, berichtet sie.

Dies gilt auch für Gabriela de Oliveira, die einen Abschluss in bildender Kunst und jahrelange Erfahrung mit kosmetischen Behandlungen hat. Die Haarentfernung, die sie seit Juni 2021 ausübt, ist jedoch etwas Neues für Gabriela. Sie sagt, dass sie sich nicht vorstellen konnte, diese Arbeit zu machen, da sie so invasiv und intim ist. Mit der Zeit aber hat sie Geschmack daran gefunden und es ist für sie zu einer Art Therapie geworden, obwohl es anstrengend sein kann: „Es ist körperlich sehr anspruchsvoll, man muss seine Kraft einsetzen und die ganze Zeit stehen. Man muss auch immer nett sein und bereitwillig die Kunden willkommen heißen, aber es ist eine sehr lohnende Arbeit und ich genieße die Erfahrung“, betont Gabriela.

Zukunftspläne

Die Geschichte dieser Frauen hat trotz ihrer Unterschiedlichkeit einige Gemeinsamkeiten, wie zum Beispiel ihre Herkunft aus Brasilien und ihren Weg und ihre Beständigkeit im Beruf des Waxings. Ihre Zukunftspläne gehen jedoch auseinander.

Luci hat gerade ihr C1-Zertifikat für fortgeschrittene Kenntnisse der deutschen Sprache erhalten, was der letzte Schritt zur Anerkennung ihrer Ausbildung als Erzieherin ist, der Beruf, den sie ausüben möchte. Gabriela hingegen verfolgt den Weg, eines Tages ihren eigenen Schönheitssalon zu eröffnen. Für sie ist es eine Leidenschaft, einer Frau Freude zu bereiten, die in den Spiegel schaut und sich noch schöner findet, nachdem sie ihre Augenbrauen oder ihre Lippen gut gestaltet hat.

Alexsandra lebt bereits ihren Traum und hat keine Angst vor den Herausforderungen, die sich ihr stellen werden. „Wenn wir unseren Beruf haben, dann weil wir Talent haben“, sagt sie und fügt hinzu: „Für mich ist nichts unmöglich, nichts ist schwierig. Wenn man einen Traum hat, lohnt es sich ein Risiko einzugehen“.

*Name auf Wunsch geändert


Natália Scholz Haferkamp studiert Filmwissenschaft und Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Freien Universität Berlin. Ursprünglich kommt sie aus Brasilien und versucht immer, ein bisschen über ihr Land zu erzählen.


2022-06-02T13:05:00+02:00 Kategorien: Berlin + Brandenburg, Kunst + Können, Lesen|Tags: , , , , |