Home

Landschaft

Baugeschichte

Kirchen

Literatur

Baugeschichte

Ortsgeschichte
Baustruktur
Mauerwerk
Öffnungen
Ornamentik
Innenbögen
Decken
Türme
Dächer
Innenausstattung
Datierung
Rekonstruktion
Verbreitung

Türme

Die Türme sind bei der Mehrzahl der Kirchenbauten die markantesten Bauteile. Sie ragen meist am  höchsten auf und sind auch durch ihren Abschluß dorf- und landschaftsbestimmend. In Brandenburg kommen bei den mittelalterlichen Dorfkirchen bis auf eine einzige Ausnahme nur Westtürme vor, während in Süddeutschland eher die Chortürme dominieren. Bisher existieren in der Literatur nur ungenügende Erklärungen zum Warum der Verbreitung von Chortürmen und Westtürmen. Auf eine detaillierte Diskussion der Argumente wird hier verzichtet. Bemerkenswert ist jedoch, daß ähnliche Kirchen- und Turmtypen häufig benachbart sind. Ein Vorbild/Nachahmer-Effekt ist wenigstens z.T. nicht auszuschließen. 
Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt erscheint uns die Persönlichkeit des Orts- und Patronatsherrn gewesen sein. An Hand einiger weniger Beispiele läßt sich plausibel machen, daß der Patronatsherr Einfluß auf den Kirchentypus und ev. auch die Turmgestaltung genommen hat (z.B. Groß Kienitz und Dahlewitz).

Generell lassen sich zwei Grundtypen von Westtürmen unterscheiden.

Eigentliche Türme, die sich im Grundriß manifestieren; darunter fallen die bereits erwähnten Querwesttürme, aber auch die nachträglich angebauten Westtürme, oder Westtürme, die durch Abtrennung des westlichen Teils des Kirchenschiffs entstanden sind, oder auch ältere Türme, an die eine neue Kirche angebaut worden ist.
Dach- bzw. Giebeltürme sowie Dachreiter, die streng genommen nur Dachaufbauten sind. Im Grundriß kann nicht entschieden werden, ob die Kirche einen aufgesetzten Turm hat(te) oder nicht.


Eigentliche Türme

a. Ursprüngliche Türme

In diese Kategorie fallen die bereits beschriebenen, von Anfang an im ursprünglichen Bauplan der Kirche angelegten Querwesttürme, die die gleiche Breite wie das Schiff haben. In seltenen Fällen können sie auch breiter als das Schiff sein. Nicht beobachtet, aber theoretisch möglich sind auch ursprüngliche Westtürme, die schmaler als das Schiff sind.
Die Querwesttürme sind vor allem im Ostteltow hoch hinausgeführt und haben ein Dach, das quer zu dem des Kirchenschiffs verläuft. Die meisten erreichten in ihrer ursprünglichen Form jedoch nur die Traufhöhe des Schiffes und sind erst wesentlich später (mehr als 100 Jahre) hochgemauert worden. Sie sind auch heute mit unterschiedlichen Turmkonstruktionen geschmückt. 

b. Nachträglich in das westliche Kirchenschiff eingebaute Türme

Die Abtrennung des westlichen Teils des Kirchenschiffes für einen Westturm kommt selten vor, kann aber für etliche Kirchen wahrscheinlich gemacht werden bzw. nachgewiesen werden. Indizien sind Fenster, die hart an der neuen Mauer zwischen Turm und Schiff liegen oder gar von dieser Mauer zugesetzt werden.
Eine Zwischenkonstruktion zwischen Dachtürmen und eigentlichen Türmen sind die Turmkonstruktionen von Viesen (nördlicher Fläming) und Groß Ziescht (Niederer Fläming). Bei beiden Kirchen sind die Türme massiv aus Feldstein hochgemauert. Sie sind jedoch schmaler als das Kirchenschiff, in das sie hineingebaut worden sind, und stehen auf zwei Ost-West-verlaufenden Entlastungsbögen. In beiden Fällen ist der Turm durch eine Nord-Süd-verlaufende Wand mit Verbindungsbogen vom Schiff abgetrennt.

c. Nachträglich angebaute Westtürme

In die Kategorie nachträglich gebaute Westtürme fallen die verschiedensten Turmtypen; Türme in Schiffsbreite, breitere Türme als die Schiffsbreite, eingezogene Türme, Türme mit quadratischen oder rechteckigen Grundrissen; sogar separat stehende Glockentürme kommen vor. Türme, deren Breite von der Schiffsbreite abweicht, können mittig stehen oder nach Norden oder Süden versetzt sein. Es gibt durchaus Fälle, in denen es nicht einfach ist, nachträglich angebaute von ursprünglichen Westtürmen zu unterscheiden, vor allem wenn Schiff und Turm ein unregelmäßiges Mauerwerk haben. Hier können Untersuchungen im Inneren des Turms helfen. Im Falle eines nachträglich angebauten Turms ist in der Regel kein Verbindungsbogen zwischen Turm und Schiff vorhanden. Eventuell kann noch ein altes Westportal als Zugang zum Schiff dienen. Manchmal ist auch der Aufbau der Turmostwand auf die Schiffswestwand durch eine Baunaht markiert.
Nachträglich angebaute Türme können mit ihrer Ostwand auf die Westwand des Schiffes übergreifen, wobei eine Wand eingespart werden konnte, oder auch eigene Fundamente auf ihrer Ostseite haben.

In der Regel sind die nachträglich angebauten Türme aus Feldsteinen, Ziegeln oder einem Mischmauerwerk aus Feldstein und Ziegeln hochgezogen. Gelegentlich kommen auch Fachwerktürme oder ganz selten auch einmal Holztürme vor.

Gotische Türme haben in der Regel quadratische Grundrisse.

Dach- und Giebeltürme

Dach- und Giebeltürme sind keine Türme im eigentlichen Sinne, da sie sich nicht im Grundriß manifestieren, sondern Dachkonstruktionen. Sie können sich aber durch Stützen mit Fundamenten andeuten (z.B. bei Kirchengrabungen). 

a. Dachtürme

Dachtürme haben die verschiedensten Formen, die von quadratisch oder mit Wechsel zum Sechsecke oder Achteck reichen. Sie sind entweder aus Holz- oder Ziegelfachwerk. Meist sitzt die Westwand des Turms auf dem Westgiebel des Kirchenschiffes auf. In seltenen Fällen ist der Turm auch deutlich von der Westwand abgerückt.

b. Giebeltürme
Eine gewisse Zwischenstellung zu den eigentlichen Türmen nehmen die Giebeltürme ein, bei denen der Westgiebel des Schiffes in der Mitte über die Firsthöhe des Langhauses hochgezogen ist und die Westwand des Turmes bildet. Die restlichen drei Wände eines derartigen Giebelturmes sind meist verbrettert oder Ziegelfachwerk. Das Verwenden leichter Konstruktionen ist ein typisches Zeichen dieser Dach- und Giebeltürme, da die Dachkonstruktion einen massiven Turm nicht tragen würde.

c. Dachreiter
Meist signifikant schmaler als die Schiffs- oder Dachbreite und meist deutlich von der Westwand abgerückt sind die Dachreiter, kleine Dachturmkonstruktionen, die ihren Ursprung in der Architektur der Bettelorden hatten. Sicherlich ist es in Einzelfällen schwierig, eine Abgrenzung zwischen Dachturm und Dachreiter vorzunehmen.

d. turmlose Kirchen
Der Vollständigkeit halber werden in diesem Kapitel auch die turmlosen Kirchen aufgeführt. Viele der mittelalterlichen Kirchen wurden zunächst ohne Turm gebaut. In den meisten Fällen wurden in späteren Zeiten - bei besserer Finanzlage - Dach-, Giebel- oder Westtürme angefügt. Manche arme Gemeinde hat sich aber bis heute keinen Kirchturm leisten können. Sie haben entweder separat stehende teils steinerne, teils hölzerne Glockentürme (z.B. Paplitz bei Baruth) oder wesentlich häufiger, überdachte Glockenstühle im Friedhof.

Schallöffnungen und Fenster

Die Schallöffnungen und Fenster der Türme werden im Kapitel "Öffnungen" ausführlich behandelt.

Glocken

In Mörz bei Belzig hat sich wahrscheinlich eine der ältesten Glocken Brandenburgs erhalten. Sie wird auf etwa 1220 datiert. Interessant bei dieser Kirche ist, daß das Mauerwerk des Turmes wesentlich sorgfältiger als das der Kirche ausgeführt ist. Das veranlaßte V. Pfeifer (1997), den Turm für älter zu halten und einen stehengebliebenen Burgturm anzunehmen. Der Turm ist aber eindeutig an das Kirchenschiff angebaut. Wir wissen zwar nicht, wieviel Zeit zwischen der Erbauung der Kirche und der späteren Erbauung des Turmes vergangen sind. Wenn die Glocke das Alter des Turmes in etwa dokumentiert (also ca. 1220) und nicht von einem noch älteren Vorgängerbau des Turmes stammt, dann muß der Baubeginn der älteren Kirche wohl noch ins 12. Jahrhundert verlegt werden.

Uhren

Im 19. und 20. Jahrhundert wurden häufig Uhren an den Türmen angebracht. Meist sitzen sie in einem Schallfenster, zwischen zwei Schallfenster, sofern diese weit genug auseinander standen, oder unterhalb der Glockenstube mit ihren Schallöffnungen. Sehr viele von ihnen sind in den letzten Jahrzehnte vernachlässigt worden und funktionieren nicht mehr. Bei einigen Kirchen (z.B. Jühnsdorf) ist das Ziffernblatt mit der Zeit nur aufgemalt.

Turmdächer

Die Turmdächer werden im Kapitel Dächer näher behandelt.

Turmabschlüsse

Die Türme haben eigentlich im schmiedeeiserne Abschlüsse, die unterschiedliche Kombinationen von Windfahnen, Kreuze, Kugeln ("Knöpfe"), Sterne o.a. zeigen. Gerade in die Windfahne wurde sehr häufig das Datum (oder mehrere) der letzten großen Renovierung eingraviert. Der "Knopf" enthielt bzw. enthält sehr oft Zeitdokumente (Münzen, Schriftstücke etc.) der letzten Turmumbauten oder -renovationen.


Letzte Änderung: 16.4.2005


©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 1999-2005