|
Baugeschichte Ortsgeschichte
|
Mauerwerk Wir kennen keine
mittelalterlichen Holzkirchen und Fachwerkkirchen aus dem Teltow.
Holzkirchen mag es in der Frühzeit der deutschen Besiedlung
des Teltow gegeben haben, und Fachwerkkirchen, wenn auch neueren
Datums, gibt es (noch) in der weiteren Umgebung. Neuere Grabungen
im Inneren der Dorfkirche von Berlin-Marienfelde machen die
Existenz einer hölzernen Vorgängerkirche dieser sehr
alten Dorfkirche wahrscheinlich. Feldsteine In der Literatur, vor allem in
der älteren, liest man oft von "Granitquadern",
wenn von dem Feldsteinmaterial, aus dem die Kirchen gebaut sind,
die Rede ist, bzw. "Granitquaderbauten", wenn die
Feldsteinkirchen selber gemeint sind. Nur etwa 20-30% der
Feldsteine sind tatsächlich Granite, die übrigen sind
andere Gesteinstypen, wie Gneise, Quarzite, andere Tiefengesteine,
selten auch einmal Kalke. Die Zusammensetzung der verschiedenen
Gesteinstypen schwankt stark, je nachdem was die Gletscher auf der
betreffenden Feldmark hinterlassen haben. Daher ist der Begriff
"Feldsteinkirche" korrekt, "Granitquaderkirche"
etc. jedoch falsch. Eine etwas ausführlichere Darstellung
findet sich in Ibbeken (1999). Mauerwerk - generelle Überlegungen Die Mauern der mittelalterlichen
Kirchen im Teltow (und auch anderswo in Brandenburg) wurden in der
Zweischalentechnik hochgezogen, d.h. eine innere und eine äußere
Wand wurden mehr oder weniger sorgfältig mit Mörtel
hochgemauert. Der Zwischenraum wurde mit Mörtel, unbehauenen
Feldsteinen und mit Gesteinssplittern von der Gesteinsbearbeitung
aufgefüllt. Bei fast allen mittelalterlichen Kirchen besteht
die äußere Mauerschale aus Blendmauerwerk, das nicht
oder nur teilweise (z.B. steinsichtig) verputzt wurde. Die innere
Schale ist in der Regel nicht verblendet, sondern wurde verputzt.
Es ist jedoch damit zu rechnen, daß manche mittelalterliche
Kirchen auch außen verputzt worden sind. Zur Stabilisierung
der Mauern mit äußerem Blendmauerwerk wurde - analog
zum Werkstein- und Backsteinbau - eine Mauerwerkstechnik unter
Verwendung von Läufern und Bindern benutzt, d.h. längliche
Feldsteinquader wurden abwechselnd "längs" und
"quer" zur Mauer eingebaut (s. Abb.). Würden nur
Läufer verwendet werden, würde das zur Instabilität
der Mauer führen. Ein "schön" aussehender
Mauerwerksverband (d.h. gequaderte Feldsteine ohne Zwischenräume)
läßt generell keinerlei Rückschlüsse auf das
Verbundverhalten oder auf die Qualität des Verbundes im
Mauerwerkskern zu. Einstürze von Mauern können sich in
Form von Rissen über längere Zeit hin andeuten, aber
auch plötzlich auftreten. Ein erfahrener mittelalterlicher
Werkmeister hatte natürlich keine Vorstellung von den in
einem Mauerverband auftretenden Kräften, kannte aber die
Resultate von schlechter Mauerwerksausführung. Die Mauern
wurden daher nach empirisch gewonnenen Regeln meist optimal
gebaut. Die größten Probleme dürften
unterschiedliche Setzungen des Baugrunds verursacht haben.
Mauern neigen generell zu Verformungen. Im folgenden Schema sind diese natürlich übertrieben dargestellt. Die Kräfte selber sind nur mit modernen Methoden zu messen, die Resultate können aber nach längerer Zeit als Risse sichtbar werden.
Besondere Probleme treten bei unbearbeiteten Feldsteinen auf. Hier treten neben der durch die Querdehnung bedingten horizontalen Zugkraft noch andere Kräfte auf, die sich aus der punktuellen, gegenseitigen Abstützung der Feldsteine ergeben. Außerdem sind die Findlinge meist härter als der Mörtel. Auch können die Feldsteine kein Wasser aufsaugen, sodaß sich keine Verbindung zwischen Stein und Mörtel bildet. Jeder Feldstein wirkt wie ein Keil auf seine Mörtelunterlage. Die Folge waren Mauereinstürze schon während des Mauerns, wenn nicht sehr sorgfältig gearbeitet wurde. Wir haben ein Beispiel im Jüterboger Raum gesehen (Werder), wo die aufgehenden Mauern von Turm und Schiff entlang einer Baunaht von unten nach oben divergieren. Der Turm ist in diesem Fall vermutlich nur wenige Jahrzehnte später angebaut worden; d.h. die ersten Setzungsschäden im Schiff sind bereits in den ersten Jahrzehnten nach Baubeginn aufgetreten.
Mauerwerksausführung Die Ausführung des Blendmauerwerks wurde in der bisherigen Literatur häufig für die Datierung der Kirchen herangezogen. Wichtig dabei sind die Form der Blendsteine, die Art der Behauung (z.B. nur gespalten oder gequadert), der Grad der Quaderung der Steine, mehr oder weniger regelmäßige Verwendung von dünnen Zwischenschichten, die relative Größe und Sortierung nach Größenklassen sowie die Lagigkeit, wobei die Lagen in etwa gleich hoch oder unterschiedlich hoch sein können (isodom oder pseudoisodom). Änderungen in der Mauerwerksausführung geben u. U. Aufschluß über die Abfolge der einzelnen Bauabschnitte.
Ein typischer, quaderförmig behauener Feldstein mit unbearbeiteter Rückseite (hinten) von der zerstörten Kirche in Heinersdorf (Lkr. TF). Als "beste" Mauerwerksausführung wird i.a. eine Mauer mit Blendquadern angesehen, die in möglichst dichtem Verband, aber mit Mörtel, aufeinandergeschichtet sind. Die Blendquader wurden im Idealfall an fünf Seiten behauen, die hintere Seite blieb unbearbeitet. Als die "unordentlichste" oder "schlechteste" Mauerwerksausführung gilt eine Mauer mit nur außen behauenen oder gespaltenen Feldsteinen, oder mit unbehauenen, völlig ungleich großen, in Mörtelschichten "schwimmenden" Feldsteinen. Die Begriffe "beste" bzw. "gute" oder "schlechte" Mauerwerksausführung sind jedoch rein subjektiv und sagen über die Qualität bzw. die Stabilität einer Mauer nichts aus. Wir haben Kirchen in "guter" wie auch in "schlechter" Mauerwerksausführung beobachtet, die schwere Setzungsschäden aufweisen oder sogar schon einmal eingestürzt waren, also offensichtlich (und objektiv) eine schlechte Qualität des Mauerwerks haben bzw. hatten. Umgekehrt gibt es Kirchen in "guter" wie auch "schlechter" Mauerwerksausführung, die keinerlei Risse und Setzungsschäden haben, deren Mauerwerk offensichtlich (und objektiv) von guter Qualität ist bzw. war. Wir möchten diese subjektiven Begriffe nicht mehr oder nur in Anführungszeichen verwenden. In der Literatur wird meist von der These ausgegangen: je "sorgfältiger" oder "besser" die Mauerwerksausführung, desto älter ist die Kirche. Pfeifer (1997) stellte dabei folgende Abfolge auf: Feldsteine quaderförmig an fünf Seiten behauen, mit geringen Mörtelzwischenlagen - 1. Hälfte 13. Jahrhundert Feldsteine, quaderförmig behauen (meist weniger sorgfältig), mit scherbenartigen Zwischenlagen ("eingezwickte" Lagen) - 2. Hälfte 13. Jahrhundert Feldsteine, nur gespalten, mit dickem Mörtelbett und Ausgleichsschichten, aber noch Lagen - Anfang 14. Jahrhundert Feldsteine, gespalten oder auch nicht, mit dicken Mörtelschichten, regellos - 15. Jahrhundert. Franz Bentler, in seinem Werk "Die mittelalterlichen Dorfkirchen der Prignitz" (1995) vertritt weitgehend dieselbe Ansicht. Wir fanden jedoch "fast vollständige" Anlagen (Apsis, eingezogener Chor, Schiff) mit wenig "sorgfältiger" Mauerwerksausführung, die folgerichtig von Pfeifer (1997) ins 14./15. Jahrhundert datiert werden (z.B. Lobbese/TF). Dem widerspricht jedoch ein rein romanisches Stilinventar bei Fenster-, Portal- und Innenbögen, außerdem die Baustruktur. Der "Dehio" und das Werk "Bau- und Kunstdenkmale in der DDR", die der Baustruktur mehr Aussagekraft in Hinblick auf die Datierung dieser Bauten zugestehen, stellen diese Kirchen folgerichtig in die 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts (z.B. auch Mörz im Fläming). Bei anderen Kirchen kann
eindeutig eine zeitliche Abfolge von "schlechter"
Mauerwerksausführung hin zu "sehr guter"
Mauerwerksausführung beobachtet werden. Die Kirche von Raben
bei Belzig zeigt Apsis, Chor und östlichste Teile des
Schiffes in der Mauerwerksausführung mit scherbenartigen
Zwischenlagen, die in die 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts
datiert werden müßte. Der Hauptteil des Schiffes
besteht dagegen aus Lagen von gut gequaderten Feldsteinen ohne
Zwischenschichten. Dieser Teil müßte folglich in der
ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstanden sein müßte.
Die Baunaht zwischen den beiden unterschiedlichen
Mauerwerksausführungen treppt jedoch eindeutig nach Westen
ab, d.h. der westliche Teil in sehr "guter"
Mauerwerksausführung ist sicher später entstanden als
der östliche Teil in "schlechter"
Mauerwerksausführung. Gerade umgekehrt (und damit "richtig")
ist die Abfolge der Mauerwerksausführung in Grubo (Ldkr. PM),
mit Mauerwerk in guter Quaderung ohne Zwischenlagen in Apsis und
Chor, und Mauerwerk mit Zwischenlagen im Schiff.
Dorfkirche Gebersdorf/Niederer Fläming mit "schlechter" Mauerwerksausführung (Lagen ohne Quaderung) unten und "guter" Mauerwerksausführung (gute Quaderung) oben. Der leicht eingezogene Turm ist später angebaut und hat ebenfalls ein "schlechte" Mauerwerksausführung. Diese unterscheidet sich aber in der Größe der Feldsteine von der "schlechten" Mauerwerksausführung des Schiffes. Bei der Kirche in Mörz ist
der etwas eingezogene Turm eindeutig später an das
Kirchenschiff angebaut worden. Die Westmauer des Kirchenschiffes
ist durchgehend, während Nord- und Südwand des Turms an
die Westwand des Schiffes anstoßen. Die Westwand des
Schiffes ist zugleich die Ostwand des Turmes. Nord-, West- und
Südwand des Turmes sind wesentlich dicker als die Westwand
des Schiffes (und Ostwand des Turmes). Auch hier zeigt sich der
(später entstandene) Turm in einer Mauerwerksausführung
mit exzellenten Feldsteinquadern, die Kirche in wesentlich
"schlechterer" Mauerwerksausführung mit
ungequaderten, nur an der Schauseite behauenen, lagig verlegten,
relativ kleinen Feldsteinen. Bei anderen Kirchen wechselt die
Mauerwerksausführung von "schlecht" zu "sorgfältig"
von unten nach oben.
Kirche von Wildenbruch (nördlich von Treuenbrietzen). Die "beste" Mauerwerksausführung aus exakt behauenen Quadern findet sich im oberen Teil des Turmes. Die Nordseite des Chores der Kirche in Thyrow im Teltow zeigt sich ebenfalls in sehr unterschiedlicher Mauerwerksausführung und wechselt von "guter" zu "schlechter" Quaderung der Feldsteine und im oberen Teil wieder zu "guter" Behauung. Gerade diese Beobachtungen der
wechselnden Ausführung des Mauerwerks innerhalb einer Kirche,
und die "falsche" Abfolge in der Mauerwerksausführung
beweisen eindeutig, daß die Ausführung des Mauerwerks
kein Kriterium zur Datierung der Kirchen sein kann (siehe auch
Diskussion unter Datierung). Die Ausführung des Mauerwerks
ist eine "Modeerscheinung" und/oder von den finanziellen
Möglichkeiten des Patrons abhängig gewesen, vielleicht
auch vom Können und der Zusammensetzung eines Bautrupps. In
der Mehrzahl der Fälle stimmt die von Viola Pfeifer
angegebene Abfolge, aber sie stellt nur die "Hauptmoderichtung"
dar, nicht unbedingt eine starre und eindeutig ablesbare zeitliche
Abfolge. Außerdem haben wir noch andere Typen der
Mauerwerksausführung beobachtet, die in das folgende Schema
mit eingeflossen sind. Das Schema ist lediglich als Hilfe zur
Beschreibung der jeweiligen Mauerwerksausführung gedacht. Es
wurde bewußt keine zeitliche Einordnung vorgenommen.
Außerdem ist die Mauerwerksausführung immer auch im Zusammenhang mit dem Putz zu sehen. Bei vielen Feldsteinquaderbauten ist zu beobachten, dass mutmaßlich verputzte Gebäudeteile oder durch primäre "Anbauten" (z.B. Sakristeianbauten) verdeckte Partien ein ungequadertes Mauerwerk aufweisen. Es wurden damit Kosten für die Steinmetzarbeiten an der Bearbeitung der Feldsteine eingespart. Schema der Mauerwerksausführung von Feldsteinkirchen Wir schlagen vor, die Mauerwerksausführung (der äußeren Blendquaderschale) zunächst nach der Lagigkeit und nach den Zwischenschichten zu gliedern. Lagigkeit und Zwischenschichten können sowohl bei guter Quaderung wie auch bei ungequaderten Feldsteinen vorkommen.. Lagen Lagen waagrecht oder etwas wellenförmig, oder abfallend/ansteigend isodom (gleich hohe Lagen) gequadert (gut, weniger gut, kaum) pseudoisodom (unterschiedlich hohe Lagen) gequadert (gut, weniger gut, kaum) mit scherbenartigen regelmäßigen Zwischenschichten isodom (gleich hohe Lagen) gequadert (gut, weniger gut, kaum) pseudoisodom (unterschiedlich hohe Lagen) gequadert (gut, weniger gut, kaum) Keine Lagen gespalten, außen behauen, unbehauen
|
|||
|
|
|||
Die Mauerwerksausführung
kann trotz der obigen Einwände vermutlich doch in begrenztem
Maße zur Datierung der Kirchen benutzt. Die Technik der Feldsteinbearbeitung Die Bearbeitung der Feldsteine setzt eine besondere Technik voraus, die sicherlich erst hier im Verbreitungsgebiet der nordischen Findling (Feldsteine) entwickelt wurde. Trotz der Änderung der Mode, die im 14. Jahrhundert die Feldsteine nicht mehr in eine Quaderform brachte, sondern die Feldsteine nur noch spaltete, dürfte die Fertigung zur Bearbeitung nie ganz verloren gegangen sein. Eine erste Renaissance erlebte das Feldsteinmuerwerk im 19. Jahrhundert. Vermutlich gab hier die Publikation des preussischen Baumeisters David Gilly aus dem Jahr 1798 "Handbuch der Land-Bau-Kunst" einen entscheidenden Anstoß. Doch diese "Renaissance" ebbte bereits zu Ende des 19. Jahrhunderts wieder ab. Erst in jüngster Zeit ist wiederum eine Belebung des Feldsteinhandwerks zu beobachten, in erster Linie eine Folge der Renovierungen von vielen denkmalgeschützten Feldsteinbauten, seien es die mittelalterlichen Feldsteinkirchen oder die bäuerlichen Gebäude des 19. Jahrhunderts. Wir möchten hier lediglich auf zwei Publikationen aufmerksam machen: Puls, K und H. Habicht (1997). Feldsteinmauerwerke in Brandenburg. Schriftenreihe Märkische akademie Ländlicher Raum e. V., Heft 1/1997, 69 S. und Puls, Uta und Klaus Puls (1998): Dem alten Feldsteinhandwerk auf der Spur. Landkreis Märkisch-Oderland Kreiskalender 1999: 73-75. Ziegelformate Die Ziegelformate haben sich im
Laufe der Jahrhundert stark gewandelt. Allerdings gibt es in der
Literatur unterschiedliche Angaben zu deren Verwendung als
Zeitmarken. Anscheinend war dies regional unterschiedlich,
außerdem dürften Ausnahmen immer vorgekommen sein. Die
große Fehlerquelle bei der Benutzung von Ziegelformate zur
Bestimmung der Baugeschichte ist die Wiederverwendung alter
Ziegel. Mauerstärke Die Mauerstärke der Wände
kann u.U. ebenfalls zu einer groben Datierung der Kirche
herangezogen. Wir konnten bisher zwar noch keine absoluten
Kriterien herausarbeiten, die zur Datierung der Kirchen
herangezogen werden könnten. Generell ist jedoch zu sagen,
daß die spätromanischen Kirchen dickere Mauern hatten
(über 90 cm bis ca. 130 cm), als etwa spätgotische (ca.
80 bis 90 cm) oder barocke Kirchen (ca. 50-60 cm). Giebel Die Giebel eines Gebäudes
sind je nach Dachstuhlkonstruktion ein wichtiges tragendes Teil
eines Baues. Bei einer Kirche kommt ihnen zusätzlich zur
tragenden Funktion oft noch eine Schmuckfunktion hinzu
(Ziergiebel, Zinnengiebel). Prinzipiell können Giebel
hochgemauert sein, in Fachwerk ausgeführt oder verbrettert
sein. |
Letzte Änderung: 16.4.2005
©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 1999-2005