Home

Landschaft

Baugeschichte

Kirchen

Literatur

Baugeschichte

Ortsgeschichte
Baustruktur
Mauerwerk
Öffnungen
Ornamentik
Innenbögen
Decken
Türme
Dächer
Innenausstattung
Datierung
Rekonstruktion
Verbreitung

Mauerwerk

Wir kennen keine mittelalterlichen Holzkirchen und Fachwerkkirchen aus dem Teltow. Holzkirchen mag es in der Frühzeit der deutschen Besiedlung des Teltow gegeben haben, und Fachwerkkirchen, wenn auch neueren Datums, gibt es (noch) in der weiteren Umgebung. Neuere Grabungen im Inneren der Dorfkirche von Berlin-Marienfelde machen die Existenz einer hölzernen Vorgängerkirche dieser sehr alten Dorfkirche wahrscheinlich.
Feste Gesteine, wie sie in anderen Gegenden Deutschlands zum Bau von Häusern und Kirchen verwendet wurden, fehlen in weiten Teilen von Brandenburg völlig bzw. liegen tief im Untergrund und waren für die Menschen des Mittelalters unzugänglich. Mittelalterliche Bruch- und Werksteinkirchen können deshalb im Teltow nicht erwartet werden, es sei denn, ein spendabler Patron hätte das Material antransportieren lassen (wofür wir aber keine Hinweise haben).
Mittelalterliche, reine oder überwiegende Backsteinbauten sind aus dem Teltow ebenfalls nicht bekannt. Es sei denn, man rechnet die im 16. Jahrhundert entstandene Backsteinkirche von Klein Machnow noch dem Mittelalter zu. Aber zwei aus Backsteinen erbaute spätromanische Dorfkirchen stehen nicht allzuweit entfernt in Pechüle und Bardenitz bei Treuenbritzen. Ein Mischbau aus Ziegeln und Feldsteinen ist die (Stadt-)Kirche St. Marien in Treuenbrietzen. Jedoch wurde Backstein bereits früh zur Hervorhebung von Portalen auch im Teltow benutzt.
Nach der letzten Eiszeit war die Landschaft übersät mit kleineren und größeren Gesteinsbrocken, den Findlingen oder Feldsteinen, die vom Eis aus Skandinavien und vom Grunde der Ostsee nach Nord- und Mitteldeutschland transportiert worden waren. Sie waren reichlich vorhanden und mußten bei der Urbarmachung des Landes von den Feldern geschafft werden. Sie boten sich als Baumaterial für die Kirchen geradezu an. Die Mauern der mittelalterlichen Kirchen des Teltow sind fast ausschließlich aus diesen Findlingen oder Feldsteinen gebaut. In den Handbüchern der Baukunst wird die Bearbeitung und Verwendung von Feldstein generell sehr stiefmütterlich behandelt, obwohl es mehrere Tausend Feldsteinkirchen im norddeutsch-polnischen sowie skandinavisch-baltischen Raum gibt. Daher wird unten ein eigenes Schema der Mauerwerksausführung mit Feldsteinen entwickelt.
 

Feldsteine

In der Literatur, vor allem in der älteren, liest man oft von "Granitquadern", wenn von dem Feldsteinmaterial, aus dem die Kirchen gebaut sind, die Rede ist, bzw. "Granitquaderbauten", wenn die Feldsteinkirchen selber gemeint sind. Nur etwa 20-30% der Feldsteine sind tatsächlich Granite, die übrigen sind andere Gesteinstypen, wie Gneise, Quarzite, andere Tiefengesteine, selten auch einmal Kalke. Die Zusammensetzung der verschiedenen Gesteinstypen schwankt stark, je nachdem was die Gletscher auf der betreffenden Feldmark hinterlassen haben. Daher ist der Begriff "Feldsteinkirche" korrekt, "Granitquaderkirche" etc. jedoch falsch. Eine etwas ausführlichere Darstellung findet sich in Ibbeken (1999).
Diese Begriffsverwirrung findet sich bis in die neuere Literatur hinein, wenn auch weniger in Brandenburg. Haiduck (1992) "Beginn und Entwicklung des Kirchenbaues im Küstengebiet zwischen Ems- und Wesermündung bis zum Anfang des 13. Jahrhunderts" unterscheidet Tuffstein-, Feldstein-, Granitquader- und Backsteinkirchen. Der Tuffstein ist ein importierter Stein aus der Eifel, und Backsteine konnten regional hergestellt werden. Beide Mauerwerkstypen sind in ihrer Bedeutung klar. Doch was ist der Unterschied zwischen Feldsteinkirchen und Granitquaderkirchen? Das Baumaterial bei beiden Kirchentypen sind die Findlinge, die vom Eis transportiert worden sind. Der Unterschied ist allein in der Behauung oder Nichtbehauung der Feldsteine zu sehen. Feldsteine s.str. sind die unbehauenen oder nur an einer Seite behauene Findlinge. Granitquader sind dagegen gequaderte Findlinge, ob sie nun tatsächling aus Granit bestehen oder nicht. Eine ähnliche Terminologie benutzt auch Gilly (1992) für die romanischen Kirchen im Oldenburger Land. Eine genauere Beschreibung des Bearbeitungsgrades der Feldsteine, wie sie hier vertreten wird, ist dieser irreführenden und falschen Terminologie in jedem Falle vorzuziehen. 
In manchen Gegenden des Fläming und der Niederlausitz sind auch Raseneisensteinbrocken in den Mauern verbaut worden. Raseneisensteine sind durch aufsteigende, eisenreiche Wässer und deren Ausscheidungen entstandene Gesteine, die in ihrer Korngröße stark wechseln. Im Mittelalter wurden diese Raseneisensteine verhüttet und zu Eisen geschmolzen. Sie sind meist stark verwitterungsanfällig.

Mauerwerk - generelle Überlegungen

Die Mauern der mittelalterlichen Kirchen im Teltow (und auch anderswo in Brandenburg) wurden in der Zweischalentechnik hochgezogen, d.h. eine innere und eine äußere Wand wurden mehr oder weniger sorgfältig mit Mörtel hochgemauert. Der Zwischenraum wurde mit Mörtel, unbehauenen Feldsteinen und mit Gesteinssplittern von der Gesteinsbearbeitung aufgefüllt. Bei fast allen mittelalterlichen Kirchen besteht die äußere Mauerschale aus Blendmauerwerk, das nicht oder nur teilweise (z.B. steinsichtig) verputzt wurde. Die innere Schale ist in der Regel nicht verblendet, sondern wurde verputzt. Es ist jedoch damit zu rechnen, daß manche mittelalterliche Kirchen auch außen verputzt worden sind. Zur Stabilisierung der Mauern mit äußerem Blendmauerwerk wurde - analog zum Werkstein- und Backsteinbau - eine Mauerwerkstechnik unter Verwendung von Läufern und Bindern benutzt, d.h. längliche Feldsteinquader wurden abwechselnd "längs" und "quer" zur Mauer eingebaut (s. Abb.). Würden nur Läufer verwendet werden, würde das zur Instabilität der Mauer führen. Ein "schön" aussehender Mauerwerksverband (d.h. gequaderte Feldsteine ohne Zwischenräume) läßt generell keinerlei Rückschlüsse auf das Verbundverhalten oder auf die Qualität des Verbundes im Mauerwerkskern zu. Einstürze von Mauern können sich in Form von Rissen über längere Zeit hin andeuten, aber auch plötzlich auftreten. Ein erfahrener mittelalterlicher Werkmeister hatte natürlich keine Vorstellung von den in einem Mauerverband auftretenden Kräften, kannte aber die Resultate von schlechter Mauerwerksausführung. Die Mauern wurden daher nach empirisch gewonnenen Regeln meist optimal gebaut. Die größten Probleme dürften unterschiedliche Setzungen des Baugrunds verursacht haben. 
Der Baugrund in Brandenburg war generell für den Feldsteinkirchenbau wenig geeignet. Er ist sehr heterogen, d.h. man kann unterschiedlichste Baugrundtypen innerhalb kürzester Distanz antreffen. Auch für moderne Gebäude muß eine gründliche Untersuchung des Untergrundes durchgeführt werden. Dies haben natürlich die alten Baumeister nicht getan, sondern sie versuchten, dem Problem der Fundierung durch besonders tiefe und breite Fundamente zu begegnen.


Zweischalige Feldsteinmauer im Querschnitt (aus Conrad, 1990)

Mauern neigen generell zu Verformungen. Im folgenden Schema sind diese natürlich übertrieben dargestellt. Die Kräfte selber sind nur mit modernen Methoden zu messen, die Resultate können aber nach längerer Zeit als Risse sichtbar werden. 


Schema zur Kräfteverteilung in einer Mauer (aus Conrad, 1990)

Besondere Probleme treten bei unbearbeiteten Feldsteinen auf. Hier treten neben der durch die Querdehnung bedingten horizontalen Zugkraft noch andere Kräfte auf, die sich aus der punktuellen, gegenseitigen Abstützung der Feldsteine ergeben. Außerdem sind die Findlinge meist härter als der Mörtel. Auch können die Feldsteine kein Wasser aufsaugen, sodaß sich keine Verbindung zwischen Stein und Mörtel bildet. Jeder Feldstein wirkt wie ein Keil auf seine Mörtelunterlage. Die Folge waren Mauereinstürze schon während des Mauerns, wenn nicht sehr sorgfältig gearbeitet wurde. Wir haben ein Beispiel im Jüterboger Raum gesehen (Werder), wo die aufgehenden Mauern von Turm und Schiff entlang einer Baunaht von unten nach oben divergieren. Der Turm ist in diesem Fall vermutlich nur wenige Jahrzehnte später angebaut worden; d.h. die ersten Setzungsschäden im Schiff sind bereits in den ersten Jahrzehnten nach Baubeginn aufgetreten.


Kräfteverteilung in einem Feldsteinmauerwerk (aus Conrad, 1990)

Mauerwerksausführung

Die Ausführung des Blendmauerwerks wurde in der bisherigen Literatur häufig für die Datierung der Kirchen herangezogen. Wichtig dabei sind die Form der Blendsteine, die Art der Behauung (z.B. nur gespalten oder gequadert), der Grad der Quaderung der Steine, mehr oder weniger regelmäßige Verwendung von dünnen Zwischenschichten, die relative Größe und Sortierung nach Größenklassen sowie die Lagigkeit, wobei die Lagen in etwa gleich hoch oder unterschiedlich hoch sein können (isodom oder pseudoisodom). Änderungen in der Mauerwerksausführung geben u. U. Aufschluß über die Abfolge der einzelnen Bauabschnitte.

Ein typischer, quaderförmig behauener Feldstein mit unbearbeiteter Rückseite (hinten) von der zerstörten Kirche in Heinersdorf (Lkr. TF).

Als "beste" Mauerwerksausführung wird i.a. eine Mauer mit Blendquadern angesehen, die in möglichst dichtem Verband, aber mit Mörtel, aufeinandergeschichtet sind. Die Blendquader wurden im Idealfall an fünf Seiten behauen, die hintere Seite blieb unbearbeitet. Als die "unordentlichste" oder "schlechteste" Mauerwerksausführung gilt eine Mauer mit nur außen behauenen oder gespaltenen Feldsteinen, oder mit unbehauenen, völlig ungleich großen, in Mörtelschichten "schwimmenden" Feldsteinen. Die Begriffe "beste" bzw. "gute" oder "schlechte" Mauerwerksausführung sind jedoch rein subjektiv und sagen über die Qualität bzw. die Stabilität einer Mauer nichts aus. Wir haben Kirchen in "guter" wie auch in "schlechter" Mauerwerksausführung beobachtet, die schwere Setzungsschäden aufweisen oder sogar schon einmal eingestürzt waren, also offensichtlich (und objektiv) eine schlechte Qualität des Mauerwerks haben bzw. hatten. Umgekehrt gibt es Kirchen in "guter" wie auch "schlechter" Mauerwerksausführung, die keinerlei Risse und Setzungsschäden haben, deren Mauerwerk offensichtlich (und objektiv) von guter Qualität ist bzw. war. Wir möchten diese subjektiven Begriffe nicht mehr oder nur in Anführungszeichen verwenden.

In der Literatur wird meist von der These ausgegangen: je "sorgfältiger" oder "besser" die Mauerwerksausführung, desto älter ist die Kirche. Pfeifer (1997) stellte dabei folgende Abfolge auf:

    Feldsteine quaderförmig an fünf Seiten behauen, mit geringen Mörtelzwischenlagen - 1. Hälfte 13. Jahrhundert

    Feldsteine, quaderförmig behauen (meist weniger sorgfältig), mit scherbenartigen Zwischenlagen ("eingezwickte" Lagen) - 2. Hälfte 13. Jahrhundert

    Feldsteine, nur gespalten, mit dickem Mörtelbett und Ausgleichsschichten, aber noch Lagen - Anfang 14. Jahrhundert

    Feldsteine, gespalten oder auch nicht, mit dicken Mörtelschichten, regellos - 15. Jahrhundert.

Franz Bentler, in seinem Werk "Die mittelalterlichen Dorfkirchen der Prignitz" (1995) vertritt weitgehend dieselbe Ansicht.

Wir fanden jedoch "fast vollständige" Anlagen (Apsis, eingezogener Chor, Schiff) mit wenig "sorgfältiger" Mauerwerksausführung, die folgerichtig von Pfeifer (1997) ins 14./15. Jahrhundert datiert werden (z.B. Lobbese/TF). Dem widerspricht jedoch ein rein romanisches Stilinventar bei Fenster-, Portal- und Innenbögen, außerdem die Baustruktur. Der "Dehio" und das Werk "Bau- und Kunstdenkmale in der DDR", die der Baustruktur mehr Aussagekraft in Hinblick auf die Datierung dieser Bauten zugestehen, stellen diese Kirchen folgerichtig in die 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts (z.B. auch Mörz im Fläming).

Bei anderen Kirchen kann eindeutig eine zeitliche Abfolge von "schlechter" Mauerwerksausführung hin zu "sehr guter" Mauerwerksausführung beobachtet werden. Die Kirche von Raben bei Belzig zeigt Apsis, Chor und östlichste Teile des Schiffes in der Mauerwerksausführung mit scherbenartigen Zwischenlagen, die in die 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts datiert werden müßte. Der Hauptteil des Schiffes besteht dagegen aus Lagen von gut gequaderten Feldsteinen ohne Zwischenschichten. Dieser Teil müßte folglich in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstanden sein müßte. Die Baunaht zwischen den beiden unterschiedlichen Mauerwerksausführungen treppt jedoch eindeutig nach Westen ab, d.h. der westliche Teil in sehr "guter" Mauerwerksausführung ist sicher später entstanden als der östliche Teil in "schlechter" Mauerwerksausführung. Gerade umgekehrt (und damit "richtig") ist die Abfolge der Mauerwerksausführung in Grubo (Ldkr. PM), mit Mauerwerk in guter Quaderung ohne Zwischenlagen in Apsis und Chor, und Mauerwerk mit Zwischenlagen im Schiff.
Die Kirche in Gebersdorf im Niederen Fläming (Ldkr. TF) ist ein Paradebeispiel für den Wechsel von "schlechter" Mauerwerksausführung in den unteren Teilen der Wände zu "guter" Mauerwerksausführung in den höheren Teilen der Wände.

Dorfkirche Gebersdorf/Niederer Fläming mit "schlechter" Mauerwerksausführung (Lagen ohne Quaderung) unten und "guter" Mauerwerksausführung (gute Quaderung) oben. Der leicht eingezogene Turm ist später angebaut und hat ebenfalls ein "schlechte" Mauerwerksausführung. Diese unterscheidet sich aber in der Größe der Feldsteine von der "schlechten" Mauerwerksausführung des Schiffes.

Bei der Kirche in Mörz ist der etwas eingezogene Turm eindeutig später an das Kirchenschiff angebaut worden. Die Westmauer des Kirchenschiffes ist durchgehend, während Nord- und Südwand des Turms an die Westwand des Schiffes anstoßen. Die Westwand des Schiffes ist zugleich die Ostwand des Turmes. Nord-, West- und Südwand des Turmes sind wesentlich dicker als die Westwand des Schiffes (und Ostwand des Turmes). Auch hier zeigt sich der (später entstandene) Turm in einer Mauerwerksausführung mit exzellenten Feldsteinquadern, die Kirche in wesentlich "schlechterer" Mauerwerksausführung mit ungequaderten, nur an der Schauseite behauenen, lagig verlegten, relativ kleinen Feldsteinen. Bei anderen Kirchen wechselt die Mauerwerksausführung von "schlecht" zu "sorgfältig" von unten nach oben.
Die Kirche in Wildenbruch bei Treuenbrietzen hat im unteren Teil kleine, lediglich außen geglättete, sonst unbehauene Feldsteine. Der Turm zeigt dann aber oberhalb der Traufhöhe des Schiffes eine vorzügliche Behauung der Quader.

Kirche von Wildenbruch (nördlich von Treuenbrietzen). Die "beste" Mauerwerksausführung aus exakt behauenen Quadern findet sich im oberen Teil des Turmes.

Die Nordseite des Chores der Kirche in Thyrow im Teltow zeigt sich ebenfalls in sehr unterschiedlicher Mauerwerksausführung und wechselt von "guter" zu "schlechter" Quaderung der Feldsteine und im oberen Teil wieder zu "guter" Behauung.

Gerade diese Beobachtungen der wechselnden Ausführung des Mauerwerks innerhalb einer Kirche, und die "falsche" Abfolge in der Mauerwerksausführung beweisen eindeutig, daß die Ausführung des Mauerwerks kein Kriterium zur Datierung der Kirchen sein kann (siehe auch Diskussion unter Datierung). Die Ausführung des Mauerwerks ist eine "Modeerscheinung" und/oder von den finanziellen Möglichkeiten des Patrons abhängig gewesen, vielleicht auch vom Können und der Zusammensetzung eines Bautrupps. In der Mehrzahl der Fälle stimmt die von Viola Pfeifer angegebene Abfolge, aber sie stellt nur die "Hauptmoderichtung" dar, nicht unbedingt eine starre und eindeutig ablesbare zeitliche Abfolge. Außerdem haben wir noch andere Typen der Mauerwerksausführung beobachtet, die in das folgende Schema mit eingeflossen sind. Das Schema ist lediglich als Hilfe zur Beschreibung der jeweiligen Mauerwerksausführung gedacht. Es wurde bewußt keine zeitliche Einordnung vorgenommen.
Wir haben den Verdacht, daß die Mauerwerksausführung in isodomen Schichten ohne Zwischenschichten und mit perfekter Quaderung nur an Kirchen vorkommt, die mutmaßlich in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstanden sind. Der Umkehrschluß ist allerdings unzulässig; d.h. eine Kirche mit "unordentlicher" Mauerwerksausführung kann durchaus ebenfalls in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts entstanden sein.

Außerdem ist die Mauerwerksausführung immer auch im Zusammenhang mit dem Putz zu sehen. Bei vielen Feldsteinquaderbauten ist zu beobachten, dass mutmaßlich verputzte Gebäudeteile oder durch primäre "Anbauten" (z.B. Sakristeianbauten) verdeckte Partien ein ungequadertes Mauerwerk aufweisen. Es wurden damit Kosten für die Steinmetzarbeiten an der Bearbeitung der Feldsteine eingespart.

Schema der Mauerwerksausführung von Feldsteinkirchen

Wir schlagen vor, die Mauerwerksausführung (der äußeren Blendquaderschale) zunächst nach der Lagigkeit und nach den Zwischenschichten zu gliedern. Lagigkeit und Zwischenschichten können sowohl bei guter Quaderung wie auch bei ungequaderten Feldsteinen vorkommen..

Lagen

Lagen waagrecht oder etwas wellenförmig, oder abfallend/ansteigend
ohne scherbenartige regelmäßige Zwischenschichten
isodom (gleich hohe Lagen)
gequadert (gut, weniger gut, kaum)
ungequadert (gleich groß, ungleich groß)
unregelmäßige Auskeilungen oder regelmäßige Ausgleichsschichten
pseudoisodom (unterschiedlich hohe Lagen)
gequadert (gut, weniger gut, kaum)
ungequadert (gleich groß, ungleich groß)
unregelmäßige Ausgleichsschichten 
mit scherbenartigen regelmäßigen Zwischenschichten
isodom (gleich hohe Lagen)
gequadert (gut, weniger gut, kaum)
ungequadert (gleich groß, ungleich groß)
pseudoisodom (unterschiedlich hohe Lagen)
gequadert (gut, weniger gut, kaum)
ungequadert (gleich groß, ungleich groß)

Keine Lagen

gespalten, außen behauen, unbehauen
kleine oder große Feldsteine
keine oder eine gewisse Größensortierung
viel oder wenig Ziegelmaterial
mosaikartig (mit viel oder wenig Zwischenraum)



Lagiges Mauerwerk aus ungequaderten Feldsteinen (Dorfkirche Mörz, Lkr. PM)


Lagiges Mauerwerk mit sehr gut gequaderten Feldsteinen (Dorfkirche Glienecke, Lkr. PM)


Dieses Schema ist eine Typisierung, wobei natürlich alle Übergänge und durchaus manchmal ein Wechsel der Typen von unten nach oben, oder zwischen den einzelnen Bauteilen vorkommen kann.

Die Mauerwerksausführung kann trotz der obigen Einwände vermutlich doch in begrenztem Maße zur Datierung der Kirchen benutzt.
Die völlig unregelmäßige Mauerwerksausführung kommt anscheinend von der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts an bis ins 15./16. Jahrhundert vor. Allerdings sind Kirchen mit Apsis bzw. Kirchen mit eingezogenem Chor in völlig unregelmäßiger Mauerwerksausführung sehr selten. Die Hauptentstehungszeit von Kirchen mit völlig unregelmäßiger Mauerwerksausführung scheint im 15. Jahrhundert gewesen zu sein.
Die Mauerwerksausführung in Lagen scheint ebenfalls vom 12. Jahrhundert bis ins 14. Jahrhundert verbreitet gewesen zu sein.
Die Mauerwerksausführung mit mäßiger bis sehr guter Quaderung ohne Zwischenschichten scheint auf das 13. Jahrhundert beschränkt zu sein. Jedenfalls ist uns keine Kirche des 14. Jahrhunderts bekannt, die eine derartige Mauerwerksausführung hat.
Die Mauerwerksausführung mit mäßiger bis sehr guter Quaderung mit Zwischenschichten in den Lagerfugen, in wenigen Fällen auch in den Stoßfugen scheint auf Kirchen mit Schiff und eingezogenem Chor oder Rechteckkirchen beschränkt zu sein. Dies würde bedeuten, daß diese Mauerwerksausführung in der 2. Hälfte des 13. bis 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts entstanden wurde.

Die Technik der Feldsteinbearbeitung

Die Bearbeitung der Feldsteine setzt eine besondere Technik voraus, die sicherlich erst hier im Verbreitungsgebiet der nordischen Findling (Feldsteine) entwickelt wurde. Trotz der Änderung der Mode, die im 14. Jahrhundert die Feldsteine nicht mehr in eine Quaderform brachte, sondern die Feldsteine nur noch spaltete, dürfte die Fertigung zur Bearbeitung nie ganz verloren gegangen sein. Eine erste Renaissance erlebte das Feldsteinmuerwerk im 19. Jahrhundert. Vermutlich gab hier die Publikation des preussischen Baumeisters David Gilly aus dem Jahr 1798 "Handbuch der Land-Bau-Kunst" einen entscheidenden Anstoß. Doch diese "Renaissance" ebbte bereits zu Ende des 19. Jahrhunderts wieder ab. Erst in jüngster Zeit ist wiederum eine Belebung des Feldsteinhandwerks zu beobachten, in erster Linie eine Folge der Renovierungen von vielen denkmalgeschützten Feldsteinbauten, seien es die mittelalterlichen Feldsteinkirchen oder die bäuerlichen Gebäude des 19. Jahrhunderts. Wir möchten hier lediglich auf zwei Publikationen aufmerksam machen: Puls, K und H. Habicht (1997). Feldsteinmauerwerke in Brandenburg. Schriftenreihe Märkische akademie Ländlicher Raum e. V., Heft 1/1997, 69 S. und Puls, Uta und Klaus Puls (1998): Dem alten Feldsteinhandwerk auf der Spur. Landkreis Märkisch-Oderland Kreiskalender 1999: 73-75.

Ziegelformate

Die Ziegelformate haben sich im Laufe der Jahrhundert stark gewandelt. Allerdings gibt es in der Literatur unterschiedliche Angaben zu deren Verwendung als Zeitmarken. Anscheinend war dies regional unterschiedlich, außerdem dürften Ausnahmen immer vorgekommen sein. Die große Fehlerquelle bei der Benutzung von Ziegelformate zur Bestimmung der Baugeschichte ist die Wiederverwendung alter Ziegel.
Trotzdem lassen sich regional Trends in den Ziegelformaten beobachten, die zur ungefähren Datierung benutzt werden können. Ziegel wurden sehr häufig in Feldsteinbauten zur Hervorhebung bestimmter Stilelemente (Portale und Fenster) benutzt. Vor allem in Kombination mit den Stilelemente können Ziegelformate wertvolle Datierungshilfen werden.
Fast noch wichtiger sind Ziegelformate bei der Bestimmung von einzelnen (Um-)Bauphasen, bei denen in der Regel unterschiedliche Ziegelformate benutzt wurden. Sie lassen sich häufig zur sicheren Bestimmung von gleichzeitigen Baumaßnahmen benutzen.
Derzeit haben wir die Ziegelformate von über 200 Kirchen des Teltow und des Fläming erfaßt. Wir werden in naher Zukunft versuchen, diese Werte statistisch auszuwerten. Grob gesagt lassen sich frühgotische Ziegelformate von spätgotischen und renaissancezeitlichen Ziegeln unterscheiden. Auch barocke Ziegel sind von modernen Ziegelformaten deutlich verscheiden.

Mauerstärke

Die Mauerstärke der Wände kann u.U. ebenfalls zu einer groben Datierung der Kirche herangezogen. Wir konnten bisher zwar noch keine absoluten Kriterien herausarbeiten, die zur Datierung der Kirchen herangezogen werden könnten. Generell ist jedoch zu sagen, daß die spätromanischen Kirchen dickere Mauern hatten (über 90 cm bis ca. 130 cm), als etwa spätgotische (ca. 80 bis 90 cm) oder barocke Kirchen (ca. 50-60 cm).
Die Kirche in Schmögelsdorf (westlich von Jüterbog) im Niederen Fläming ist "stillos", d.h. es haben sich keinerlei ursprüngliche Öffnungen erhalten. Die unterschiedliche Datierung der Kirche in den "Bau- und Kunstdenkmalen in der DDR" (spätmittelalterlich) und im alten "Dehio" (wohl 17. Jh.) zeigen die Schwierigkeiten der Altersbestimmung deutlich auf. Die Mauerstärke von nur 45 cm spricht jedoch eindeutig für eine Entstehungszeit im Barock.

Giebel

Die Giebel eines Gebäudes sind je nach Dachstuhlkonstruktion ein wichtiges tragendes Teil eines Baues. Bei einer Kirche kommt ihnen zusätzlich zur tragenden Funktion oft noch eine Schmuckfunktion hinzu (Ziergiebel, Zinnengiebel). Prinzipiell können Giebel hochgemauert sein, in Fachwerk ausgeführt oder verbrettert sein.
Sehr häufig ist zu beobachten, daß das Mauerwerk der Giebel von der Mauerwerksausführung der Schiffs- und Chorwände abweicht, meist mit einer deutlichen horizontalen Baunaht abgesetzt ist. Fast generell ist zu beobachten, daß in solchen Fällen die Mauerwerksausführung schlechter ist. Für diese Beobachtung wurden in der Literatur verschiedene Erklärungen vorgebracht.
Pfeifer (1997) erklärt diese Änderung der Mauerwerksausführung mit dem Versuch einer Gewichtsersparnis. Dieses Argument ist allerdings wenig stichhaltig, denn ein Mauerwerk in weniger sorgfältiger Ausführung ist nicht leichter als etwa ein Quadermauerwerk. Lediglich eine dünnere Wand würde zu einer Gewichtseinsparung führen. Ein äußerer Rücksprung der Giebelmauer ist allerdings bei nur sehr wenigen Kirchen zu beobachten. Ein eventueller innerer Rücksprung kann nur vom Dachstuhl aus erkannt werden.
Waack (1993) bringt als Erklärung vor, daß die Kirchen als höchste Gebäude im Dorf durch Blitzschlag sehr brandgefährdet waren. "War erst der Dachstuhl abgebrannt, stand das Giebeldreieck ohne Stütze und brach leicht weg.". Auch diese Argumentation kann leicht widerlegt werden. Der Giebel ist ein tragendes Teil für den Dachstuhl, nicht anders herum. Bei den Kirchenruinen von Dangelsdorf und Schleesen stehen die Giebel nach 600 Jahren immer noch, während die Langhausseiten längst eingestürzt sind. Selbst wenn Teile des Giebels nach einem Brand eingestürzt wären, ist es wenig wahrscheinlich, daß dies immer genau auf Traufhöhe passierte.
Am wahrscheinlichsten ist es, daß die meisten Giebel erst nach einer Bauunterbrechung hochgezogen worden sind, oder verputzt worden sind und deshalb eine "schöne" Mauerwerksausführung nicht notwendig war. Die Rekonstruktion der Ostwand einer frühgotischen Kirche (Schönewalde, Ldkr. EE) ist im Kapitel "Mörtel und Putze" abgebildet.


Letzte Änderung: 16.4.2005


©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 1999-2005