Home

Landschaft

Baugeschichte

Kirchen

Literatur

Baugeschichte

Ortsgeschichte
Baustruktur
Mauerwerk
Öffnungen
Ornamentik
Innenbögen
Decken
Türme
Dächer
Innenausstattung
Datierung
Rekonstruktion
Verbreitung

Datierung

Ein im Moment fast unüberwindliches Problem der mittelalterlichen Dorfkirchen des Teltow ist ihre genaue Datierung. Es gibt kaum Urkunden, die Anhaltspunkte zu den Entstehungszeiten geben. Weiheurkunden oder Urkunden, die Aussagen zur Baugeschichte enthalten, existieren nicht. Dendrochronologische Datierungen sind bisher ebenfalls kaum bekannt geworden. So müssen die Kirchen anhand von ein paar wenigen, frühen Erwähnungen von einigen Kirchen und mit kunsthistorisch-stilistischen Kriterien datiert werden. Diese Kriterien können aber nur geeicht werden, wenn man einige sicher datierte Referenzkirchen hat - ein Zirkelschluß. Die Möglichkeiten der Datierung mit Hilfe kunsthistorisch-stilistischer Kriterien sind in den einzelnen Abschnitten genauer erläutert.
In den letzten Jahrzehnten kamen neue Methoden der absoluten Altersdatierung hinzu. Sie werden hier kurz vorgestellt.

Kunsthistorisch-stilistische Kriterien

Leider ist die kunsthistorische Literatur keine große Hilfe, wenn man nach Kriterien zur Datierung von Feldsteinkirchen sucht. Die in der kunsthistorischen Literatur angebenen Datierungen der Teltow-Kirchen sind meist nicht nachzuvollziehen. Beispiele aus dem Dehio/Brandenburg (2000): 
Die zweiteilige Dorfkirche (Schiff mit eingezogenem Chor) von Deutsch Wusterhausen (Ldkr. LDS) wird in das frühe 13. Jahrhundert gestellt, die Kirche von Brusendorf (Schiff, eingezogener Chor und früher auch Querwestturm) (Ldkr. LDS) wird dagegen in den Anfang des 14. Jahrhunderts gestellt. Die zweiteiligen Kirchen mit Schiff und eingezogenem Chor von Ruhlsdorf (Ldkr. PM) und Selchow (Ldkr. LDS) werden wiederum in die Mitte bzw. die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts gestellt. In den Dorfkirchen von Selchow und Deutsch Wusterhausen wurden die Triumphbögen beseitigt. Diese können also nicht das Kriterium gewesen sein. In der Dorfkirche Ruhlsdorf ist er rundbogig, in der Dorfkirche Brusendorf spitzbogig. Die Dorfkirchen in Selchow und Deutsch Wusterhausen haben rundbogige Fenster im Schiff bzw. im Chor. Allerdings hat die Dorfkirche in Deutsch Wusterhausen eine ungewöhnlich hohe Dreiergruppe von Fenstern in der Ostseite des Chores, die wohl kaum im "frühen 13. Jahrhundert" entstanden ist. Die Dorfkirche Selchow hat ursprüngliche Fenster in Schiff und Chor mit unterschiedlichen absoluten Maßen und Höhen-Breiten-Proportionen. Chor und Schiff stammen wohl aus zwei Bauetappen. Das Mauerwerk der Kirche in Selchow hat schon deutliche Zwischenschichten zwischen den Quaderlagen, die gemeinhin als jünger angesehen werden als Quadermauerwerk ohne Zwischenlagen. Welche Kriterien wurden hier benutzt, um der Kirche ein so frühes Alter zuzuschreiben?
Die Rechteckkirche von Kiekebusch wird "wohl dem 14. Jahrhundert" angehören (Dehio), während die rechteckige Dorfkirche von Groß Kienitz in die 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts gestellt wird. Man fragt sich wieder, nach welchen Kriterien diese Einstufung erfolgte. Beide Kirchen haben ein Quadermauerwerk mit dünnen Zwischenlagen und ähnliche Längen-Breiten-Proportionen. Groß Kienitz weist noch einige ursprüngliche Fenster auf, diese fehlen in Kiekebusch völlig. Welches waren hier die Kriterien, um die Kirchen unterschiedlich zu datieren? Warum können diese beiden Dorfkirchen nicht ein ähnliches Alter haben? 
Aufgrund der Unzulänglichkeiten der kunsthistorischen Literatur versuchen wir hier in diesen Seiten, zumindest in sich stimmige Datierungskriterien zu erarbeiten, die mit den meisten Beobachtungen kompatibel ist. Monokausale Datierungen (z.B. ausschließlich nach dem Mauerwerk oder nur nach Fensterformen) lehnen wir ab. Wir versuchen auch zu begründen, warum wir den Kirchen ein bestimmtes Alter zuschreiben und vergleichen sie mit anderen Kirchen.
Auch in der älteren Literatur wie z.B. dem Kreisinventar oder in Pomplun (1962) fehlen allgemeine Kapitel.
Ein weiteres Problem der kunsthistorischen Forschung muß hier ebenfalls noch angesprochen, das Überbewerten von Stilmitteln. Die Dorfkirche in Kleinmachnow (spätgotischer Stil) wird in der Literatur aufgrund stilistischer Erwägungen ins 15. Jahrhundert bzw. im neuen Dehio/Brandenburg mit "E. 15./A. 16. Jh." datiert. Dabei besagen mehrere Urkunden, daß die Kirche erst 1596/7 errichtet worden ist ("1574: Machenow hat keine Kirche" bzw. laut Matrikel von 1600 ist die Kirche von 1597-98 erbaut worden) (siehe Mehlhardt, 1954: 15). Hier werden kunsthistorisch-stilistische Erwägungen über die Urkundenlage gestellt. Dabei ist doch bekannt, daß es stilistische "Nachläuferbauten" gegeben hat. Die von uns gemessenen Ziegelformate unterstützen übrigens die Spätdatierung der Kirche.

Dendrochronologie

In den letzten Jahren hat die Datierung von alten Bauhölzern mit Hilfe der Dendrochronologie sehr gute Resultate erbracht. Im Idealfall kann das Fälldatum der Bäume auf das Jahr genau datiert werden. In Regel können Hölzer aber nur auf etwa 10 Jahre genau datiert werden, da die Hölzer bearbeitet sind und der Rindenbereich bzw. der äußere Holzbereich fehlt. Eine große Fehlerquelle sind aber wiederverwendete Bauhölzer aus Vorgängerbauten. Unserer Kenntnis nach existieren von Teltow-Kirchen noch keine publizierten dendrochronologische Datierungen. Von den Berliner Teltowdorfkirchen liegen inzwischen einige noch unpublizierte dendrochronologische Datierung vor, die z.T. erstaunliche Ergebnisse erbracht haben.
Im neuen Dehio/Brandenburg sind die bisher bekannten Dendrodatierungen (meist Dachstühle) integriert worden. Sie werden z.T. auch mit dem Alter der Kirche gleichgesetzt. Dabei ist aber zu bedenken, daß hier immer nur der letzte, jetzt noch erhaltene Dachstuhl datiert wird.

Thermolumineszenz

Diese Methode eignet sich nur für Ziegel. Mit Hilfe physikalischer Meßmethoden kann die Moment ermittelt werden, wann die Ziegel gebrannt worden sind. Die Ergebnisse sind leider mit einer relativ hohen Fehlerquote behaftet (+-10%). Das ergibt bei 700-800 Jahre alten Ziegeln immerhin eine Unsicherheit von 140 bis 160 Jahren. Außerdem tritt dabei noch dasselbe Problem wie bei der Dendrochronologie auf, die Wiederverwendung von alten Ziegeln in neueren Bauten. Wir kennen keine Thermolumineszenz-Datierungen von Ziegeln aus Dorfkirchen in der näheren und weiteren Umgebung.

Radiocarbonmethode

Organische Substanz enthält in geringen Mengen radioaktiven Kohlenstoff, dessen Menge beim Einbau in die organische Substanz fixiert wird. Bei der Methode wird die Menge des zerfallenen Kohlenstoffes gemessen. Die Ergebnisse sind auf etwa 20-30 Jahre genau. Auch hier liegen bisher noch keine Datierungen von Dorfkirchen vor.

Fazit

Wir meinen, daß möglichst viele Kriterien berücksichtigt werden müssen, wenn man zu einer einigermaßen genauen Datierung der mittelalterlichen Dorfkirchen kommen will. Wir werden versuchen, die schon vorhandenen Befunde mittels einer multivariaten Analyse weiter zu bearbeiten. Auf die Ergebnisse sind wir selber sehr gespannt.


Letzte Änderung: 16.4.2005


©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 1999-2005