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[Interview mit Prof. Dr. Gisela Klann-Delius, Vizepräsidentin der Freien Universität Berlin]

(Foto)

Am 1. April 2001 ist Prof. Dr. med. Friedrich Bschor nach langer schwerer Krankheit im 81. Lebensjahr verstorben. Bis zuletzt war er an unserem Fach, an unserem Institut weiter interessiert.

Prof. Bschor gehörte zu jenen, denen nicht nur die somatische gerichtliche Medizin am Herzen lag, sondern auch die Psychopathologie. Und so lautete auch das Thema seiner Habilitationsschrift: Intelligenz, Niveau und Wertungsfunktionen; ein Beitrag zur Erforschung der personalen Grundlagen des Rechtsbewusstseins.

Begonnen hatte alles in Heidelberg: 1947 trat er als Pflichtassistent in das von Prof. Doerr geleitete Pathologische Institut ein, dem damals das Institut für Gerichtliche Medizin angeschlossen war. Die serologische Ausbildung erhielt Kollege Bschor im Institut für Experimentelle Krebsforschung (Prof. Krah). Anschließend war er als Assistent an der Heil- und Pflegeanstalt Wiesloch tätig (Prof. Kranz). Inzwischen hatte Prof. Mueller den Heidelberger Lehrstuhl übernommen; auf dessen Anregung gehen seine ersten experimentellen Untersuchungen über die psychomotorische Leistungsminderung in den verschiedenen Phasen der akuten Alkoholintoxikation zurück – Untersuchungen, die in der Folgezeit häufig zitiert wurden. 1951 trat dann Prof. Bschor in das Institut für Gerichtliche und Soziale Medizin der Freien Universität Berlin ein. Leiter dieses Instituts war Prof. Müller-Heß, der nach Gründung der Freien Universität 1949 von Ost-Berlin nach West-Berlin gewechselt war. Die Habilitation erfolgte 1956. Ein Jahr zuvor fand der Wechsel in der Institutsleitung statt: von Prof. Müller-Heß zu Prof. Krauland. Weitere Stationen von Prof. Bschor: 1961 Oberassistent, 1969 Wissenschaftlicher Rat und Professor. Als Vizepräsident hat sich Prof. Bschor zwischen 1979 und 1983 den Belangen unserer Universitätsmedizin gewidmet. In einer Reihe von Workshops zu aktuellen Fragen, insbesondere der Allgemeinmedizin, der Drogenproblematik und der Medizin in den Entwicklungsländern brachte er in Berlin internationale Expertengruppen zusammen. Bereits seit 1972 war er Mitglied der Beraterkommission in Angelegenheiten des Verkehrs mit Suchtstoffen einschließlich der psychotropen Stoffe beim Bundesgesundheitsamt und ferner Vorsitzender des Arbeitskreises Drogenfragen der Berliner Ärztekammer. Seit 1970 oblag ihm die Herausgabe der „Informationen der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin“.

Prof. Bschor war kein bequemer Kollege, auch kein bequemer Gutachter. Er gehörte zu jenen, die auch unter Inkaufnahme von möglichen persönlichen Nachteilen von einer als richtig erkannten Meinung nicht abwichen. Für viele junge drogenabhängige Menschen war seine Forschungsgruppe eine Anlaufstelle, vielen hat er helfen können. Er hat seine Gutachterfunktion stets auch als Arbeit für den in Not geratenen Menschen gesehen und genützt, ohne die Grenzen zwischen Justiz und Medizin zu verwischen. Prof. Bschor ist nicht nur Gutachter gewesen, er ist auch Zeit seines Lebens Arzt geblieben. Darüber hinaus war er aber auch ein engagierter Lehrer, der seine Studenten stets zu begeistern wusste. Auch ohne Lehrstuhl war er eine bedeutende Persönlichkeit unseres Faches.

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Volkmar Schneider

Direktor des Instituts für Rechtsmedizin der FU Berlin

Foto: Kundel-Saro

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