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Immatrikulationsfeier mit Showeinlage:
Eine Hand voll Störer warf im Audimax mit "gefälschten" Geldscheinen um sich.
An Hans Olaf Henkel scheiden sich die Geister auch an der FU. Für die einen ist er ein Demagoge, für die anderen ein Mann mit Zivilcourage, der unbequeme Wahrheiten verkündet. Über seine Thesen kann man streiten. In der Immatrikulationsfeier am 18. April sorgte eine Hand voll Teilnehmer für Tumult. Dabei hatte alles ganz friedlich angefangen.
Bereits um 9.00 Uhr waren zahlreiche Neuimmatrikulierte in den Henry-Ford-Bau gekommen, um sich im Foyer an den Informationsständen verschiedener FU-Einrichtungen beraten zu lassen. Als die Feier um 10 Uhr c.t. mit der musikalischen Einleitung begann, schien die Feier einen harmonischen Verlauf zu nehmen. Der neue Dekan des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaft, Prof. Alfred Kuß, und FU-Präsident Peter Gaehtgens begrüßten das Auditorium. Prof. Gaehtgens ermunterte die Studierenden zur Kritik und Toleranz. Das erfordere die Bereitschaft zum Zuhören. Zum Studium gehöre nicht nur die Aneignung von Fachwissen, sondern auch die Entwicklung der Persönlichkeit. Besonders willkommen hieß der Präsident die ausländischen Studierenden.
Hans Olaf Henkel - souverän bis zum Schluss.
Danach sprach Mark Schauer, ein Vertreter des AStA, der der Einladung des FU-Präsidiums zur Begrüßung der Neuimmatrikulierten gefolgt war. Er attackierte Henkel mit scharfen Worten als Repräsentant des Neoliberalismus, als Protagonist von Studiengebühren und als Gefahr für die Solidarität in der Gesellschaft. Die Einladung von Henkel als Gastredner bezeichnete er als einen Schritt, elitäres Gemauschel salonfähig zu machen. Erst nach der symbolischen Verleihung der Immatrikulationsurkunden an Studierende der zwölf FU-Fachbereiche trat Henkel ans Rednerpult. Als er das Thema seines Festvortrags Freiheit oder Gleichheit nannte, brach ein Pfeifkonzert los.
Etwa zehn bis zwanzig Personen unter den etwa 800 Anwesenden entrollten Transparente und störten von allen Sei-ten mit Trillerpfeifen und Zwischenrufen. Henkel reagierte auf die Attacken mit Gelassenheit. Was schauen Sie so betrübt. Mir geht es gut, stellte der Vizepräsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie zum Amusement der Mehrheit des Publikums im Saal lakonisch fest. Die aber war über die Störungen deutlich verärgert. Es kam sogar zu kleinen Rangeleien, als ein Zuhörer versuchte, einem Störer die Trillerpfeife zu entreißen. Das ist Meinungsfreiheit, die Sie für sich in Anspruch nehmen, anderen aber verweigern, kommentierte eine ältere Zuhörerin das Verhalten der Störer empört. Mehrfach forderte Prof. Gaehtgens vergeblich dazu auf, den Gast ausreden zu lassen. Andere sprechen zu lassen, sei das Minimum einer Universität. Andernfalls müsse die Veranstaltung abgebrochen werden. Dazu kam es dank der Souveränität von Henkel letztlich nicht. Zwar wurde seine Rede häufig unterbrochen, aber seine zentralen Thesen verkündete er unbeirrt. Der designierte Leiter der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz betonte den Wert von Freiheit und Solidarität als Voraussetzungen für die sozialen Errungenschaften der Bundesrepublik. Die deutsche Gesellschaft sei so solidarisch wie noch nie zuvor und könne stolz darauf sein. Kennen Sie ein Land, in dem der Unterschied zwischen Arm und Reich geringer ist als hier?, fragte er nicht nur als Reaktion auf die Demonstranten. Wir können nie genug für die Armen und Benachteiligten unserer Gesellschaft tun, so Henkel. Doch Gleichheit dürfe nie soweit gehen, dass am Ende alle gleich arm seien.
Betretene Mienen nach der Veranstaltung.
Nach der Veranstaltung kam es zu einem tätlichen Angriff auf Henkel: Ein Demonstrant bewarf den Gastredner beim Verlassen des Hörsaals mit einer Torte, die ihn glücklicherweise nur streifte. Den Sicherheitskräften gelang es nicht, den Täter zu ergreifen. Auch diese Attacke konnte Henkel nicht aus der Ruhe bringen. Ohne Garderobenwechsel verließ er die FU und soll dem Vernehmen nach mit ein bisschen grüner Farbe im Haar seine restlichen Termine wahrgenommen haben. Der AStA-Vertreter distanzierte sich nachträglich von den Störern, die er angeblich nicht kannte.
Robert Ratz/Uwe Nef
Fotos: Kundel-Saro
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