st es Wettbewerb, wenn man Hunde und Katzen vor die Aufgabe stellt, auf den nächsten Baum zu klimmen? Vermutlich werden die Hunde sich beschweren, weil diese Fähigkeit ihnen nun einmal nicht gegeben ist, und wenn er nicht gerade zur Gentechnologie greift, wird der Mensch ihnen solche Katzenkünste wohl auch nicht beibringen können.
Da sind menschliche Institutionen viel flexibler; zumindest hoffen das die Politiker. Die Futternäpfe ein wenig höher gehängt, pardon, also: die Verteilung staatlicher Mittel etwas anders reguliert, und in ein paar Jahren werden auch die Universitäten jene Kunst beherrschen, die bislang den Fachhochschulen vorbehalten schien eine große Zahl von Studenten in kurzer Zeit zum Examen zu führen und für den Beruf zu qualifizieren.
Leistungsbezogene Mittelvergabe heißt das Zauberwort, und als Leistung sollen da zum Beispiel die Summe der eingeworbenen Drittmittel gelten und die Zahl der Promotionen und eben auch die Kürze des Studiums. Über diese Indices ließe sich trefflich streiten; aber das Ziel der Politik ist deutlich: Für den Bereich der Lehre sollen auch die Fachhochschulen in den Kreis der Geber und Nehmer einbezogen werden, und damit wäre die Mittelvergabe von vornherein als schiefe Ebene konstruiert. Als die Fachhochschulen vor bald 30 Jahren gegründet wurden, war nämlich gerade das der Sinn der Übung: eine akademische Ausbildung, die sich an den Bedürfnissen der Berufswelt orientiert und mit einigen wenigen Semestern auskommt.
Ganz unbestreitbar: Bei den Bewerbern ist dieses kurze und praxisnahe Studium hoch begehrt. Das hat den Gedanken reifen lassen, dass die Proportionen in Deutschlands Hochschulsystem vielleicht doch falsch gesetzt sind: ein Viertel, höchstens ein Drittel der Studienplätze an den Fachhochschulen, die große Mehrzahl an den Universitäten. Wäre es umgekehrt nicht viel sinnvoller? Mit dieser Perspektive liebäugelt auch Berlins Landesregierung, und sie glaubt sogar, dabei sparen zu können. Das Studium an den Fachhochschulen soll nämlich billiger sein: Grundlagenforschung ist nicht vorgesehen, man braucht viel weniger wissenschaftliche Mitarbeiter. Im Klartext und für den nächsten Wahlkampf: Die versprochenen 85.000 Studienplätze sind eher zu halten, wenn ein größerer Teil davon an den Fachhochschulen angeboten wird.
Begreiflich, dass die drei Universitäten sich dagegen wehren, Kapazitäten und Finanzmittel an die Fachhochschulen abgeben zu sollen. Die Strukturpläne, erst vor wenigen Jahren beschlossen und noch längst nicht umgesetzt, müssten neu diskutiert werden; womöglich wäre jede der drei Universitäten gezwungen, nochmals das eine oder andere Fach zu opfern. Die Hoffnung, den Fachhochschulen könnte gegeben werden, ohne dass den Universitäten etwas genommen wird, scheint bei der anhaltenden Ebbe in Berlins Landeskasse illusorisch. Ob die Landesregierung sich überhaupt traut, so etwas in den Finanzverträgen mit den Hochschulen offen durchzusetzen, ist nicht abzusehen. Bequemer wäre es allemal, wenn diese Verlagerung sich sozusagen von selbst ergibt, versteckt hinter der leistungsbezogenen Mittelvergabe, eben weil die Fachhochschulen mit ihren kurzen Studiengängen dabei nun einmal besser abschneiden. Im ersten Jahr stünden vielleicht 6 Prozent der Haushaltsmittel zur Umverteilung an, im nächsten Jahr ein Prozent mehr.
Man kann fragen, ob bei diesem Versteckspiel die Ehrlichkeit in der Politik nicht ein wenig zu kurz kommt; aber das nur am Rande. Das Ergebnis für die drei Universitäten wäre jedenfalls dasselbe: Neuberatung der Strukturpläne. Sollen die Universitätspräsidenten schlimmstenfalls ihre Unterschrift unter den neuen Finanzvertrag verweigern? Diese Entscheidung werden sie sich nicht leicht machen; die Aussicht, ohne Vertrag jedes Jahr von neuem den Kürzungswünschen des Finanzsenators zu unterstehen, schreckt noch mehr als ein schlechter Vertrag. Gar nicht unwahrscheinlich also, dass es tatsächlich zu einem gemeinsamen Leistungstopf in der Lehre kommt, also zur Konkurrenz zwischen Universitäten und Fachhochschulen um kurze Studienzeiten.
Was daraus folgen müsste, ist leicht abzusehen: Die Universitäten würden sich anpassen und versuchen, die besseren Fachhochschulen zu werden, also mit relativ wenig Geld in sechs, sieben Semestern möglichst viele Absolventen zu produzieren. Schließlich würde das ja als Leistung honoriert, aber es wäre eben auch ein Verlust an Vielfalt in unserem Bildungswesen. Tierfreunde würden es ja auch als Nachteil empfinden, wenn es nur noch Katzen gäbe und keine Hunde mehr, selbst eingerechnet, dass diesen betrüblicherweise die Kunst abgeht, auf Bäume zu klimmen.
Illustration: Unicom/Lattermann; Foto: privat