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Von Darmwänden, Webseiten und Forschungsgeldern

[Foto]

Darmzelle mit Tight junctions
(aus Krstic, Ultrastruktur der Säugetierzelle, Heidelberg 1976).

Seit 1975 arbeitet Michael Fromm am Institut für Klinische Physiologie der Freien Universität. 1993 erhielt er einen Ruf auf eine C3-Professur in Freiburg. Um ihn in Berlin zu halten, war ihm die Einrichtung einer gleichwertigen Stelle zugesagt worden, was jedoch aus strukturellen Gründen scheiterte. Im April 2001 wurde er schließlich auf eine C3-Professur für Klinische Physiologie am Universitätsklinikum Benjamin Franklin der Freien Universität berufen. Sein Hauptforschungsgebiet ist die Regulation des Stofftransports durch die Darmwand. Die FU-Nachrichten sprachen mit ihm über Darmwände, Webseiten und Forschungsgelder.

Sie beschäftigen sich vor allem mit der Barrierefunktion des Darmepithels. Was darf man sich darunter vorstellen?

Der Darm hat nicht nur die Aufgabe, Flüssigkeit und alle Nährstoffe aufzunehmen, sondern er muss dabei gleichzeitig eine zuverlässige Barriere gegen die Aufnahme von schädlichen Stoffen und den Verlust von Flüssigkeit aus dem Körper in den Darm bilden. Diese widersprüchliche Aufgabe löst der Darm durch eine trickreiche Anordnung von regelbaren Transportern und ebenfalls regelbaren Barriereelementen. Ausschlaggebend für die Barriere sind mehr oder weniger undurchlässige Abdichtungen zwischen den Darmepithelzellen, die Tight junctions. Molekulare Bestandteile der Tight junctions sind erst seit kurzem bekannt. Es handelt sich um mindestens 25 verschiedene Proteine mit Bezeichnungen wie Occludin und Claudin. Einige dieser Claudine dichten die Tight junction jedoch nicht ab, sondern bilden sogar Poren.

Dies ist offenbar im Dünndarm besonders ausgeprägt, da er schon im gesunden Zustand relativ durchlässig ist. Bei entzündlichen Darmerkrankungen und Infektionen wird der Darm noch wesentlich durchlässiger und der Körper verliert Flüssigkeit.

Was für Krankheiten werden durch dieses Gebiet berührt?

Bei Krankheiten wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, aber auch bei zahlreichen Darminfektionen, kommt es zu Durchfällen, die dadurch verursacht werden, dass die Tight junctions undicht werden. Bei diesen Erkrankungen werden im Darmgewebe Botenstoffe ausgeschüttet, die das Gleichgewicht zwischen abdichtenden und durchlässigen Proteinen der Tight junctions verändern. Wenn man weiß, welche Botenstoffe den Einbau der abdichtenden Tight junction-Proteine behindern, kann man beispielsweise durch Gabe von Antikörpern gegen diese Botenstoffe die Barrierestörung bekämpfen. Ein erstes, auf diesem Prinzip beruhendes Medikament, TNFa-Antikörper, wird bereits mit Erfolg klinisch angewendet.

Sie sind Vorsitzender der Forschungskommission des UKBF. Was für Gelder verwalten Sie da und nach welchen Kriterien werden diese Gelder verteilt?

Die Forschungskommission beeinflusst vor allem die Vergabe der zur Verfügung stehenden Mittel aus dem Landeszuschuss für Anschaffungen von Geräten für Lehre und Forschung. Die Gelder für Forschungsgeräte werden dorthin gegeben, wo der größte wissenschaftliche Erfolg zu erwarten ist. Kriterien hierfür sind viel versprechende Forschungsprojekte sowie bisherige Publikationen und fachgutachterlich evaluierte Drittmitteleinwerbungen. Entscheidend ist auch, ob die Geräte von anderen Arbeitsgruppen mitgenutzt werden können. Anders als viele glauben, steht die Universität hier in der Rationalität und Erfolgsorientierung ihrer Investitionslenkung seit vielen Jahren einem gut geführten Wirtschaftsunternehmen in nichts nach. Und der Erfolg gibt uns Recht: Das UKBF steht inzwischen mit der DFG-Drittmittelsumme je Professor auf einem Spitzenplatz aller medizinischen Fachbereiche in Deutschland.

Sie betreuen die Webseite www.klinphysio.de, die bei Studierenden der Medizin sehr beliebt ist. Das ist sicher mit enorm viel Arbeit verbunden. Warum machen Sie das zusätzlich?

Ein Hauptproblem der Wissenschaft ist, dass ihre Arbeitsweise und ihre Ergebnisse zu wenig in der breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht werden – und was unbekannt ist, wird dann leicht als bedrohlich empfunden und abgelehnt. Einen kleinen Beitrag zur Allgemeinverständlichkeit versuche ich mit der Darstellung unserer Forschung im Internet zu leisten, die sich aber auch an Studierende und an Fachkolleginnen und -kollegen wendet. Für diejenigen, die es dann noch genauer wissen wollen, haben wir die Rubrik „Ask your professor“ eingerichtet.

Das Interview führte Dietrich von Richthofen

Foto: Schulz

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