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Szenen einer (Voll)versammlung - The same procedure in December

Das Weihnachtsfest naht, einige Studierende der FU werden unruhig und in Dahlem gibt es die übliche Bescherung: Die Streiklust bricht aus!

Hörsaal 1 a der Silberlaube war am Mittwoch kurz vor 13 Uhr gut gefüllt. Nach einigen kabarettreifen Grußworten ging es endlich zur Sache - der Streik sollte beschlossen werden. "Willst Du den Streik a) unbefristet mit Raumbesetzungen, b) befristet bis zum Donnerstag mit Raumbesetzungen, c) befristet bis zum Donnerstag mit Raumbesetzungen und Vollversammlung oder gar d) den Einsatz aller angemessenen Mittel?" D) erschien selbst den Hartgesottensten als zu unbestimmt und mir eher als ein Bulletin á la Rumsfeld oder Scharping. Nun gut, es wurde ein Besetzungsstreik bis zum Donnerstag mit VV an diesem Tag beschlossen. Die nächsten beiden Tage sollen der Formulierung der Anliegen, Mobilisierung der Massen und zur Blockade der Hörsäle und Bibliotheken genutzt werden - schließlich muß die Einsatzkraft der Studierenden für den Streik und inhaltliche Überlegungen ja erst einmal freigesetzt werden.

Kaum war der Streik beschlossen, war eine Kommilitonin so unvorsichtig, ihren Gang in ein Seminar anzukündigen. Protest schallte ihr entgegen: "Aber wir haben doch gerade einen Streik beschlossen!" - "Was aber solle sie ihren Kommiliton/inn/en als Grund des Streiks nennen?" - "Da mußt Du noch eine halbe Stunde bleiben, die Inhalte werden ja erst beschlossen!" Derart desillusioniert, nahte die inhaltliche Debatte und Verabschiedung der Resolution.

Die Debatte zeigte deutlich, daß von konkreter Hochschulpolitik an der FU keiner der Anwesenden auch nur eine blasse Ahnung hatte. Fragen nach Hochschulräten und den Kürzungssummen beim Projekttutorienprogramm wurden falsch bzw. unvollständig beantwortet, die "richtige" Meinung zu Krieg, Globalisierung und überhaupt hingegen war zweifellos vorhanden. Aber lest selbst:

Die Studierenden der Freien Universität Berlin beteiligen sich an den EU-weiten SchülerInnen- und Studierendenprotesten.

Ebenso wie die Studierenden an der Humboldt-Universität sprechen wir uns für einen zunächst 2-tägigen Besetzungsstreik am Dienstag, Mittwoch und am Donnerstag aus, um unseren Widerstand durch Aktionen und in der Debatte nachdrücklich an die Öffentlichkeit zu bringen. Am Donnerstag findet eine VV statt, die die vergangenen Aktionen auswertet und weitere Aktionen, eventuell Streik, beschließen wird.

Unsere Forderungen sind:

Wir, die Studierenden der FU, fordern die sofortige Rücknahme des Beschlusses zur Zwangsexmatrikulation.

Wir fordern die Bewilligung von mindestens 40 Projekttutorien, wobei mindestens 800.000 DM zur finanziellen Absicherung bereitgestellt werden müssen. Diese Projekttutorien müssen im Rahmen der Studienordnungen anrechenbar sein. Wir fordern den sofortigen Stopp der Rasterfahndung und die Löschung aller herausgegebenen Daten bei den betreffenden Institutionen.

Die Entdemokratisierung und Umstrukturierung der Bildung nach rein marktwirtschaftlichen Kriterien lehnen wir kategorisch ab, dazu gehören a) Hochschulräte, b) Studiengebühren, c) finanzielle Einschnitte, soziale Selektion sowie inhaltliche Verkürzung und Verschulung unter dem Deckmantel der Einführung von MA und BA in der jetzt geplanten Form, d) die Erprobungsklausel, e) Spezialisierung der Hochschulen.

In diesem Zusammenhang richtet sich unser Protest gegen das im Rahmen der WTO- Verhandlungen beschlossene GATS- Abkommen, durch welches der Schul- und Hochschulsektors international privatisiert wird. Wir betrachten uns als Teil einer globalisierungskritischen Bewegung, die sich gegen Privatisierung vormals öffentlicher Güter (Gesundheit, Wasser etc.) richtet.

Wir sagen NEIN zu dem Krieg in Afghanistan und zur Militarisierung des öffentlichen Raumes. Während seit Jahrzehnten im Sozial- und Bildungssektor gespart wird, werden in den nächsten 15 Jahren über 210 Milliarden DM für Neuinvestitionen bei der Bundeswehr bereitgestellt. Wir fordern Geld für Bildung und Soziales, nicht für Panzer und Raketen.

Aus diesem Grund unterstützen wir die Demonstration am 12.12.01 gegen Bildungsabbau und am 15.12. gegen Krieg und Sozialabbau. Wir rufen alle Studierenden, DozentInnen, ProfessorInnen und überhaupt alle Menschen auf, sich an diesen Protesten zu beteiligen.

Wir fordern die Abschaffung jeglicher Zugangsbeschränkungen zu Bildung. Wir sind für die freie Selbstbestimmung des Studiums: keine Kontrolle von Seminarbesuchen (Nachweispflicht).

Desweiteren lehnen wir jegliche Repressionen an der Universität ab. Der Wachschutz darf niemanden schikanieren. Er soll entlassen werden. Auch jede Möglichkeit der elektronischen Überwachung der Studierendenschaft wie z.B. durch die Einführung von sogenannten Chipkarten lehnen wir kategorisch ab. Wir fordern politisches Mandat für die Studierendenvertretung. Es ist unerträglich, wenn Studierende als "Fieberthermometer der Gesellschaft" (A. Moravia) keine Verantwortung vor selbiger wahrnehmen dürfen. Studierendenvertretungen an den Hochschulen müssen in allen Bundesländern gesetzlich festgeschrieben werden .

Wir fordern die innere Demokratisierung der Hochschulen unter gleichberechtigter Beteiligung aller Statusgruppen (ProfessorInnen, Studierenden und MitarbeiterInnen). Die Studierenden der FU Berlin.

Immerhin: Für 13 Mark Studentenschaftsbeitrag je Semester könnte man auch ein schlechteres Kulturprogramm geboten bekommen. Und irgendetwas muß man ja von seinem Geld haben.

Andreas Schulz

P.S.: Der AStA machte aus 1.000 Anwesenden flugs 2.000, um dreist gegenüber dem "Tagesspiegel" behaupten zu können, man seie auf der VV sogar beschlußfähig gewesen.



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