Text aus:
Herwig Büchele und Lieselotte Wohlgenannt:
Grundeinkommen ohne Arbeit
1985, ISBN 3-203-50898-2
Katholische Sozialakademie Österreich

Inhalt: Grundeinkommen ohne Arbeit

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2. Welche Einwände gegen ein Grundeinkommen geltend gemacht werden können

Wenn der erste Abschnitt die Chance aufzuzeigen versuchte, die die Einführung eines Grundeinkommens als eine Bedingung der Möglichkeit auf dem Weg zu einer freieren und gerechteren Gesellschaft in sich birgt, so verweist nun der zweite Abschnitt auf die Zweideutigkeit einer solchen Chance und auf die großen Gefährdungen, die ein solches Konzept in sich trägt. Aufgrund dieser Einwände kann man nicht mit Eindeutigkeit sagen, daß durch die Einführung eines Grundeinkommens ein positiver Schritt zu einer neuen Gesellschaft als einer Freiheitsgesellschaft garantiert werden kann. Ja, ganz im Gegenteil, für viele Zeitgenossen sind diese Gegenargumente Grund genug, sich entschieden gegen ein solches Grundeinkommen auszusprechen.

Die Tatsache jedoch, daß jeder der Einwände für sich ernst zu nehmen ist, darf nicht vergessen lassen, daß auch die Gegengründe selbst nicht der Zweideutigkeit entbehren, ja vielfach einem Wert- und Normensystem entspringen, gegen dessen Konsistenz wiederum gute Gründe vorgebracht werden können.

Gewichtig sind diese Einwände, wenn die Gesellschaft außer den Arbeitszwängen und den Konsumillusionen sehr wenig Gelegenheit bietet, persönliche Fähigkeiten und soziale Verantwortung zu entfalten. Dann freilich trifft es zu, daß Menschen in Erwartung eines Grundeinkommens die -gleiche Anspruchshaltung eines Berechtigungsdenkens ohne Gegenleistung desinteressiert apathisch durchhalten, eine Grundhaltung, die unweigerlich für Fernsteuerung und Manipulation äußerst anfällig ist. Aber solche unglückliche Folgen eines Grundeinkommens sind eben nicht - so unsere These - der Einführung des Grundeinkommens selbst zuzuschreiben, sondern einer Gesellschaftsverfassung, die Aktivität nur als Fremdarbeit oder Konsum kennt.

Wenn ein solches Grundeinkommen verwirklicht werden soll, dann eben nicht zuvor aus Gründen eines besseren Umgangs mit sozialen Reibungen, sondern als ein offensives Konzept - als ein bewußter Schritt hin zu einer geschwisterlicheren Gesellschaft. In einer solchen Perspektive entsteht bei denen, die ein solches Grundeinkommen bezahlen, wie bei denen, die es empfangen, eine andere Grundhaltung. Bei denen, die es bezahlen, stünde das Motiv im Vordergrund: Partner zu gewinnen.

Partner, das sind Menschen, die ansprechbar sind auf eine freie Gegenseitigkeit" hin, auf ein Antworten hin: empfangen - aber auch antworten. Diejenigen, die das Grundeinkommen empfangen, erhalten es als eine bescheidene Äußerung einer Gesellschaft, die anders sein will. Sie gibt es - verläßlich - als eine Weise der Zuwendung in der Intention, Chancen zu mehr Menschsein zu eröffnen.

Wer die Einwände gegen ein solches Grundeinkommen, wie wir sie im zweiten Abschnitt aufführen, in dieser eben skizzierten Perspektive prüft, wird eher geneigt sein, die Bedingungen zu erwägen, unter denen diese Einwände an Kraft verlieren. Im Sinne einer "Konkurrenz der Argumente" sollen jeweils auch die Gegengründe überprüft werden.

2.1. Leistungssicherung und Leistungsgerechtigkeit

2.2. Verantwortlicher Gebrauch der Freiheit

2.3. Identität und Anerkennung

2.4. Entsolidarisierung und Isolierung

2.5. Abhängigkeit und Manipulation

2.6. Finanzierung und Verteilungsgerechtigkeit

2.7. Sinnkrise und Zukunftsangst

2.8. Zusammenfassung

 

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