Vorm Henry-Ford-Bau treffen sich junge Leute aus aller Welt.
Von Ilka Seer
In Dahlem trifft man mitunter die halbe Welt: „Innerhalb kurzer Zeit habe ich unheimlich viele junge Leute aus ganz Europa kennen gelernt und das an einem einzigen Ort“, schwärmt Kristina Florov vom Wesley College im US-Bundesstaat Delaware. Die Studentin besuchte im vergangenen Jahr die internationale Sommeruniversität der FU (FUBiS). Auch in diesem Sommer geht FUBiS wieder an den Start, diesmal sogar erweitert. „Wir haben uns entschieden, zwei Veranstaltungsblöcke anzubieten, um damit vor allem den nordamerikanischen Studierenden entgegen zu kommen“, sagt FUBiS-Organisator Mathias Lehmann. „Da die Semesterferien in Amerika bereits im Mai beginnen, ist es für die Studenten attraktiv, wenn die Sommerkurse schon im Juni stattfinden.“
Knapp sechzig Prozent der FUBiS-Studierenden stammt aus den USA oder Kanada, wobei das Interesse aus Europa, vor allem den osteuropäischen Staaten, kontinuierlich zunimmt. Mit über 300 Bewerbungen aus 35 Ländern rechnen die Veranstalter in diesem Jahr, auch wenn der Besuch der Spezialkurse, wie zum Beispiel „Berlin: East meets West“, „Berliner Architektur im Verlauf der Geschichte“ oder „Das Dritte Reich: Verführung und Terror“, 700 Euro und die Sprachintensivkurse sogar 1400 Euro kosten.
Unterrichtet wird in kleinen Gruppen an zwei oder drei Tagen in der Woche. Zudem finden Exkursionen in Berlin und in der Umgebung statt. So wird beispielsweise das europäische Umweltrecht mit Besuchen in den hiesigen Behörden vermittelt; die deutsche Kultur und Geschichte in Berliner Museen und Gedenkstätten. „Die FUBiS-Studierenden nehmen nicht nur an hervorragenden Seminaren teil, sondern sie machen mit und durch uns eine einzigartige Berlin-Erfahrung“, sagt der Koordinator. Weil sie erst den Großen Teich überqueren müssen, kombinieren Amerikaner gerne ihren Urlaub mit einem Studienaufenthalt in Europa. Die erworbenen Leistungspunkte (Credits) werden den Studierenden an den Heimatunis angerechnet, wodurch die Amerikaner ihre Studiendauer am College verkürzen.
Extra für ihre Sommeruniversität hat die FU Kooperationen mit sechs nordamerikanischen Universitäten abgeschlossen. Amerikanische Dozenten unterrichten FUBiS-Kurse und bringen ihre Studierenden mit nach Berlin. „Da unsere Seminare, abgesehen von den Deutschkursen, auf Englisch stattfinden, ist das überhaupt kein Problem“, sagt Mathias Lehmann. Die Kurse sind offen für alle. So bleiben die Amerikaner nicht unter sich, sondern treffen auf andere Kommilitonen.
East meets West: So heißt einer der insgesamt 24 Themenkurse. „Berlin eignet sich perfekt, um dieses Thema zu behandeln“, schwärmt der Seminarleiter Dirk Verheyen. „Die Stadt bildet die geistige und kulturelle Kreuzung zwischen Ost- und Westeuropa. Wo sonst trifft man so direkt auf die Erben zweier unterschiedlicher politischer Systeme, wie sie früher in beiden Teilen der Stadt verkörpert wurden?“ Der gebürtige Holländer promovierte in Berkeley in Politikwissenschaften und lehrte anschließend in Los Angeles. Seine Spezialisierung auf internationale Beziehungen und Systemvergleiche lässt ihn besonders aufmerksam durch Berlin schlendern. Auch im letzten Sommer hielt er dieses Seminar. Mit ihm zogen damals sieben Studierende oder wie er sagt: „Mein Kurs war 200 Meter lang.“ Denn die Internationalität des Seminars zeichne sich auch dadurch aus, erklärt Verheyen, dass verschiedene Kulturen unterschiedlich dynamisch spazieren gingen. Die Amerikaner seien es gewohnt, alles mit dem Auto zu erledigen.
Die meisten Seminare richten sich an Undergraduates, die auf den Bachelor hinarbeiten. Im nächsten Jahr wollen die Veranstalter das Kursangebot für Graduates weiter ausbauen. Mathias Lehmann hofft nicht nur, das Niveau der FUBiS dadurch noch weiter anzuheben, sondern darüber hinaus eine neue Klientel zu erreichen. Durch die Sommeruniversität werden die ausländischen Studierenden auch verführt, ihr „offizielles“ Studium an der FU fortzusetzen. „Wir haben schon erlebt, dass sich FUBiS-Gäste anschließend für ein Studium bewarben“, erzählt Barbara Vedder. Sie ist die Geschäftsführerin der ERG Universitätsservice GmbH. Die Gesellschaft ist eine Tochter der Ernst-Reuter-Gesellschaft der Freunde, Förderer und Ehemaligen der FU. Sie organisiert die Sommeruniversität. Dazu gehört auch das Einwerben von Stipendien. Drei Programme gibt es zurzeit. Den Studierenden werden entweder Studiengebühren erlassen. Oder sie erhalten ein Vollstipendium inklusive Reise- und Tagesgeld.
www.fu-berlin.de/summeruniversity
Foto: Dahl
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