Man sagt, dass rollende Steine
kein Moos ansetzen,
aber manchmal pflegen sie stattdessen Gold an sich zu ziehen.
Thomas Hardy
Drei Dinge braucht ein Universitätspräsident auf internationalem Parkett: Feuer, Stehvermögen und einen vollen Terminkalender. Professor Gaehtgens hat sie während seiner Amtszeit besessen bei den zahlreichen Besuchen ausländischer Universitätsdelegationen in Berlin-Dahlem ebenso wie bei den vielen Empfängen in den Botschaften in Berlin und erst recht auf seinen Auslandsdienstreisen.
Er musste nicht erklären, dass ihm die Außenangelegenheiten seiner Universität wichtig waren, er ließ es spüren. Vor allem spürten es seine ausländischen Gesprächspartner, die zahlreichen Universitätspräsidenten und -rektoren, Botschafter, Staatssekretäre, Bildungsminister, Literaturnobelpreisträger und Staatspräsidenten bis hin zum Generalsekretär der Vereinten Nationen.
Peter Gaehtgens eröffnet das Gespräch meist &Mac226;amerikanisch: Schon beim small talk am Anfang springt der Funke über. Dann geht es zur Sache, aber die Atmosphäre bleibt locker und entspannt. Nach einer halben Stunde ist alles Wesentliche besprochen. Der nächste Termin drängt. Doch erst müssen die Gäste noch zu ihrem Auto auf der Kaiserswerther Straße begleitet werden. Bis dahin ist noch Gelegenheit für ein Foto vor dem FU-Logo neben dem Goldenen Saal. Außerdem ist auf der Treppe rasch noch die Geschichte des Hauses zu erzählen. Noch ein kurzer Wink, bevor das Auto abfährt. Zurück ins Haus. Treppauf muss der Vertreter des Außenamtes Schritt halten, um die Eindrücke des Präsidenten einzusammeln. Die Einschätzung ist kurz und prägnant. Bei Ankunft in der ersten Etage sind die wichtigsten Ergebnisse und Maßnahmen formuliert. Deren Umsetzung dauert dann gewöhnlich etwas länger...
Ich denke zurück, als ich Professor Gaehtgens vor zweieinhalb Jahren kennen lernte an einem Samstagnachmittag in seinem Büro, um mich vorzustellen. Wir sprachen zunächst kurz über Bonn, denn ich kam vom DAAD, und ebenso kurz über Berlin, landeten alsbald in Osteuropa und verweilten etwas in den baltischen Ländern. Doch der Präsident zog beharrlich weiter. Mit einem Satz war er in China, einen Atemzug später in Korea und mit einem Abstecher nach Australien in Japan. Nordamerika folgte auf dem Fuß, bis wir alles in allem nach einer halben Stunde wieder in Europa und in der FU angekommen waren. Treppab, nach dem Gespräch, kam ich zu dem Schluss, dass meine Tätigkeit an dieser Universität spannend werden könnte bei einem Präsidenten, der bereits überall in der Welt zu Hause ist...
Die Auslandsdienstreiserouten von Professor Gaehtgens folgten dem weltumspannenden Netzwerk seiner Universität: Nach Korea kann man direkt fliegen, tut man aber nicht. Nach Korea fliegt man über das &Mac226;nahe gelegene Australien, um zunächst den Bundesratspräsidenten und Regierenden Bürgermeister von Berlin dorthin zu begleiten und die australischen Partneruniversitäten zu besuchen. Von Melbourne kann man dann &Mac226;in aller Ruhe nach Seoul weiterfliegen, um als einziger Deutscher unter fünfzig ausländischen Gästen vom koreanischen Staatspräsidenten empfangen zu werden. Oder: Wenn man schon in Japan ist, lohnt sich ein Abstecher nach Taipei, wenn man mit einer taiwanesischen Stiftung die Finanzierung einer regelmäßigen Gastprofessur an der FU aushandeln will. Oder: In Shanghai ist man, nachdem man wiederum im Beisein des Regierenden Bürgermeisters von Berlin an der Fudan University einen der insgesamt zwanzig in seiner Amtszeit abgeschlossenen Kooperationsverträge unterzeichnet hat, eigentlich schon auf halbem Wege in die USA. Also geht es gleich weiter nach Washington, wo man die aus aller Welt auf einer Tagung versammelten Amtskollegen ohnehin auf einen Schlag trifft. Über den Atlantik zurück nach Berlin, und die Erde ist in wenigen Tagen umrundet. Das alles scheint für ihn keinerlei Anstrengung zu bedeuten. Anstrengender ist offenbar, wie unlängst während einer seiner letzten Auslandsreisen als FU-Präsident nach Zentralasien, auf die terminlichen Verabredungen meist eine Viertelstunde warten zu müssen. An anders gehende Uhren wird er sich nicht mehr gewöhnen können...
Peter Gaehtgens hat sich unmittelbar nach seiner Wahl zum Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz zu den vordringlichsten Zielen seiner neuen Tätigkeit geäußert: Die weitere Internationalisierung der Universitäten bleibt für mich die wichtigste Aufgabe, aus der sich alle anderen Schritte ableiten. Wir brauchen viel mehr ausländische Studierende, auch mehr Hochschullehrer aus anderen Ländern. Jemand, der hier studiert oder gelehrt hat, entwickelt ein realistisches Bild von unserem Land. Das ist für den Standort Deutschland ungeheuer wichtig. Internationalisierung ist außerdem nötig, um im zunehmenden globalen Wettbewerb der Hochschulen mithalten zu können. (Berliner Morgenpost vom 20. Februar 2003).
Der Stein wird nun im Dienste aller deutschen Universitäten weiterrollen...