Für ihr Lebenswerk ausgezeichnet: Prof. Dr. Renate Rott.
Es begann mit der Erfüllung eines Kindheitstraums und endete mit einer Universitätskarriere: 1962 unternahm Renate Rott ihre erste Reise nach Lateinamerika. Berührt von der dort gesehenen tiefgreifenden sozialen Ungerechtigkeit, fasste sie den Entschluss, Sozialwissenschaften zu studieren. Abseits vom akademischen Mainstream galt ihr besonderes Augenmerk nicht den Metropolen, sie wurde von der Peripherie fasziniert. Untersuchungen zu Arbeitsverhältnissen im formellen und informellen Sektor, zur Bevölkerungspolitik, zu sozialen Bewegungen und Formen der politischen Transition unter besonderer Berücksichtigung von Frauenforschung und -förderung bestimmten ihre Forschung. Gender-Forschung war für sie kein marginales Anliegen innerhalb der Gesellschaften, sondern ein wesentliches Moment ihres Bestehens. Frauenbilder und die Konstruktion von Weiblichkeit in den vom Machismo geprägten lateinamerikanischen Kulturen führten sie auf neue Wege in der Forschung. In weiteren Projekten beschäftigte sie sich mit der Entwicklungszusammenarbeit, Bewegungen innerhalb des Arbeitsmarktes, besonders mit der Arbeitsemigration von Frauen und den spezifischen Formen der Modernisierung in verschiedenen Ländern Lateinamerikas. Neben diesem starken Engagement war sie langjährige Gutachterin für Entwicklungsprojekte des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Projektevaluationen führten sie nach Mittelamerika, in die Karibik, nach Brasilien, China und auf die Kapverdischen Inseln, wo sie die konzeptuellen Ansätze der Gender-Problematik immer wieder durch praktische Erfahrungen ergänzen oder relativieren konnte. Noch zu Beginn der 80er Jahre zählte Renate Rott zu den wenigen Frauen innerhalb der westdeutschen Professorenschaft. Sie gehört zu den Gründungsmitgliedern des seit 1983 an der FU bestehenden Editionsprogramms Ergebnisse der Frauenforschung, das bisher mehr als 50 Titel (Dissertationen und Habilitationsschriften) publizierte. Z.Zt. ist sie Sprecherin des Beirats der Zentraleinrichtung für Frauen- und Geschlechterforschung. Die von Renate Rott mitinitiierte Arbeitsgruppe Frauen in Ländern der Dritten Welt traf sich regelmäßig zu Forschungskolloquien und Arbeitstagungen. Auch im universitären Zirkel ließ sie die Situation von Frauen nicht außer Acht: Ihr besonderes Anliegen galt ihrer steten Förderung und Forderung, angefangen von der intensiven Betreuung der Studierenden, gerade auch aus Lateinamerika. Diese Arbeit trug Früchte: Es gelang ihr, vier von fünf Habilitationen von Frauen über die Hürden der Universität zu leiten. Renate Rott erhielt den diesjährigen Brentano-Preis am 11. Dezember 2002. Damit wurde ihr Lebenswerk ausgezeichnet. Von dem Preisgeld wird eine Tagung organisiert und eine Datenbank über Frauenforschung in Lateinamerika vervollständigt.
Prof. Dr. Renate Rott, Lateinamerika-Institut, Tel.: 030/838-53072, -53020, E-Mail: lairott@zedat.fu-berlin.de und im Internet: http://www.fu-berlin.de/lai
Hedwig Görgen