Hochs zu 299,- Euro, Tiefs zu 199,- Euro. Die erste Wetterpatenaktion des Instituts für Meteorologie ist ein richtiger Verkaufschlager.
Über das enorme Echo und die große Unterstützung sind wir richtig begeistert, sagt Diplom-Meteorologe Thomas Dümmel vom Meteorologischen Institut der Freien Universität Berlin. Seit Wochen steht das Telefon nicht mehr still. Doch die Meteorologen hatten nicht vor einem Orkan oder Eissturm gewarnt, sondern mit einer Aktion zum Verkauf von Hoch- und Tiefdruckgebieten einen überragenden Erfolg erzielt.
Fast vierzig Bestellungen für Namen von Hoch- und Tiefdruckgebieten erhielten die Meteorologen in den ersten fünf Tagen. Vor allem Fernsehsender und Radiostationen, wie RTL, Sat1, n-tv oder Radio 88,8 meldeten sich. Dabei ließen sich die Reaktionen auf die Aktion im Vorfeld nur schwer einschätzen. Der erste Vizepräsident, Prof. Dr. Dieter Lenzen, unterstützte die Selbsthilfeaktion der Meteorologen von Anfang an.
Mit der Aufforderung Lothar ist ab morgen käuflich Werden sie Wetterpate kündigte die Pressestelle der FU am 18. November die Aktion an. Der Druckgebietehandel konnte beginnen. Sogar in Holland, Dänemark, Österreich, Schweiz, Belgien und Polen verbreitete sich die Nachricht. Bis Mitte Dezember verkauften sich schon über dreißig Hochdruckgebiete zu 299, Euro und fast fünfzig Tiefdruckgebiete zu 199, Euro.
Die Hochs sind teurer, da sich nicht einmal halb so viele Hochdruckgebiete wie Tiefdruckgebiete in einem Jahr über Mitteleuropa bilden. Dafür haben Hochs mit gut und gern fünf bis zehn Tagen eine oft doppelt so lange Lebenszeit wie die Tiefs.
2003 tragen die Hochs weibliche Vornamen und die Tiefs männliche 2004 ist es dann genau umgekehrt. Über die Verkaufsbedingungen kann man sich auf der extra eingerichteten Wetterpatenhomepage des Meteorologischen Instituts (http://www.met.fu-berlin.de/wetterpate) detailliert informieren.
Die Idee für die Patenaktion wurde im Herbst 2002 aus der Not geboren. Auf Grund der Finanzknappheit hatte die Universität nur noch Mittel für zwei Institutsmitarbeiter, die in regelmäßigen Abständen vom Dach des alten Wasserturms auf dem Fichteberg aus das Wettergeschehen beobachten. Der Wetterdienst hätte so aber nur noch vormittags aufrecht erhalten werden können. Die zusätzlichen nächtlichen und nachmittäglichen Beobachtungen wären weggefallen. Die Wetteraufzeichnungen der seit 1908 geführten Berliner Reihe standen vor dem Aus. Doch die Studierenden am meteorologischen Institut ergriffen die Initiative. Sie übernahmen die stündlichen Wetterbeobachtungen und veröffentlichten Spendenaufrufe, um die bedrohte Messreihe zu retten. So gelang es zwar, die nächtlichen und nachmittäglichen Beobachtungen im Frühjahr und Sommer fortzusetzen, doch eine dauerhafte Lösung musste gefunden werden. Studierende und Institutsmitarbeiter beriefen schließlich im Oktober eine Krisensitzung ein. Sie beschlossen zu den Wetterpatenschaften aufzurufen und erarbeiteten in den folgenden anderthalb Monaten das Konzept für die erfolgreiche Kampagne.
Ohne es zu ahnen, hatten die Aktivisten eine Marktlücke für Verbraucher entdeckt, die schon alles zu haben schienen. So kauften Ehefrauen Tiefdruckgebiete als Weihnachtsgeschenke für ihre Gatten und Radiostationen veranstalteten Raterunden mit Wetterpatenschaften als Hauptpreis. Ilka und Kerstin sind inzwischen schon je zweimal vergeben und bei den Buchstaben K, L, M und N gibt es erste Engpässe. Von den zweihundert Druckgebieten, die sich das Jahr über bilden, haben schon fast neunzig einen Wetterpaten gefunden. Wegen der großen Nachfrage nach den Patenschaften direkt am Meteorologischen Institut ist der zweite Vertriebsweg über den Internetversteigerer Ebay bisher erst vier Mal zum Einsatz gekommen.
Ebay bietet unter den Stichwörtern Hochdruckgebiet oder Tiefdruckgebiet die Möglichkeit, eine noch nicht vergebene Patenschaft zu ersteigern und so vielleicht ein kleines Schnäppchen zu machen.
Wer ein Druckgebiet erwirbt, bekommt direkt nach dem Kauf eine Voraburkunde. Nachdem das Gebiet über Mitteleuropa durchgezogen ist, erhält der Käufer das große Zertifikat mit einer genauen Beschreibung der Lebensgeschichte und einer Wetterkarte seines Druckgebiets. Bisher verlief die Verkaufsaktion so überzeugend, dass sie mit Sicherheit auch in den kommenden Jahren fortgesetzt wird. Die Suche nach den Wetterpaten für das folgende Jahr beginnt dann immer im Herbst davor. Die Einnahmen kommen ausschließlich den Studierenden zugute, damit sie auch weiterhin nachmittags und nachts einmal pro Stunde gen Himmel schauen können.
Doch Thomas Dümmel betont: Es geht bei der Aktion nicht nur um Geld, sondern sie soll der Bevölkerung auch die Möglichkeit geben, sich an der Meteorologie zu beteiligen.
Arnulf Wieschalla