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[Der renommierte Amerikanist Prof. Dr. Willi Paul Adams ist gestorben]

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Am 3. Oktober ist Professor Willi Paul Adams nach langer Krankheit im Alter von 62 Jahren verstorben. Mit ihm verlor die Freie Universität Berlin einen international hoch geschätzten Wissenschaftler, der in den mehr als 25 Jahren seiner Tätigkeit am John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikastudien dessen Entwicklung in den 1980er und 90er Jahren tatkräftig mitgestaltete. Er hat sich in seinen zahlreichen Schriften zur amerikanischen Revolution und Verfassung sowie zur deutschen Immigration in die USA einen wissenschaftlichen Namen gemacht. Er verstand sich nicht nur als akademischer Vermittler amerikanischer Demokratiegeschichte, sondern fühlte sich auch als Lehrer dem Geist des Demokratischen verpflichtet. Seine Schüler schätzten neben seiner überragenden wissenschaftlichen Kompetenz seine Offenheit und die geduldige Hilfs- und Gesprächsbereitschaft, mit der er sie in die Wege und Formen des wissenschaftlichen Arbeitens einführte und ihnen die Besonderheiten und Wesensmerkmale amerikanischer Geschichte und politischen Denkens vermittelte.

Willi Paul Adams wurde am 16. Januar 1940 in Leipzig geboren, wuchs nach dem Krieg in Bad Godesberg auf, studierte zunächst an der Universität Bonn, später an der Freien Universität Berlin Geschichte, wo er 1968 sein Doktorexamen ablegte und vier Jahre später am Fachbereich Geschichtswissenschaften habilitierte. Von 1972 bis 1977 war er Professor am Amerika-Institut der Universität Frankfurt, bis er als Professor für amerikanische Geschichte ans Kennedy-Institut der Freien Universität berufen wurde. Seine 1973 erschienene Studie Republikanische Verfassung und bürgerliche Freiheit: Die Verfassungen und politischen Ideen der amerikanischen Revolution erhielt 1976 den Bicentennial Award der American Historical Association, die die Übersetzung ins Englische finanzierte. Sie erschien 1980 unter dem Titel The First American Constitutions, eine zweite erweiterte Auflage erfolgte 2001. Er war Herausgeber des 1977 publizierten Bandes der Fischer Weltgeschichte zu den Vereinigten Staaten und Mitherausgeber des Länderberichts USA der Bundeszentrale für Politische Bildung. Gemeinsam mit seiner Frau übersetzte und kommentierte er den Klassiker der amerikanischen Verfassungsinterpretation, die Federalist Papers. Zuletzt erschien seine zweibändige Geschichte der USA im Oldenbourg Verlag. In seiner akademischen Laufbahn erhielt er viele wissenschaftliche Auszeichnungen und wirkte mehrfach als Gastprofessor an ausländischen Universitäten. So war er Visiting Professor of American History an der University of Chicago (1978), Fellow am Warren Center der Harvard University (1972 und 1975/76), am Woodrow Wilson International Center for Scholars in Washington, D.C. (1980/81), am Institute for Governmental Studies in Berkeley (1990/01) und am Institute for Research in the Humanities in Madison (1994) sowie Gastprofessor an der École des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris (1997).

Von 1981 bis 1985 leitete er das von der VW-Stiftung finanzierte Forschungsprojekt zur Assimilation deutscher Immigranten in den Vereinigten Staaten 1830 bis 1930 (in Kooperation mit Prof. Kathleen Conzen von der University of Chicago). Zusammen mit fünf anderen Kollegen des John-F.-Kennedy-Instituts organisierte er das interdisziplinäre Graduiertenkolleg „Demokratie in den USA“, das er von 1991 bis 1994 und von 1996 bis 1999 leitete. Er war in Auswahlkommissionen und als Gutachter tätig für das American Council of Learned Societies (ACLS), den DAAD, die DFG, die VW-Stiftung und die Thyssen Stiftung. Er war zudem Mitglied des Beirats des Max Kade Institute for German-American Studies in Madison/Wisconsin, Mitglied im Kuratorium der Atlantikbrücke und zahlreicher wissenschaftlicher Organisationen. Für die Intensivierung des Austauschs zwischen europäischen und amerikanischen Forschern zur Geschichte der USA hat er sich als deutscher Partner des von David Thelen geleiteten Projekts „Internationalization of American History“ der Organization of American Historians intensiv und mit großer Überzeugung eingesetzt.

Er war mehrmals Sprecher des Kennedy-Instituts und hat als Vorsitzender der gemeinsamen Berufungskommission für den Lehrstuhl für amerikanische Geschichte am John-F.-Kennedy-Institut seine akademischen Pflichten auch dann noch wahrgenommen, als er von seiner Krankheit bereits deutlich gezeichnet war. Das Institut gedenkt Willi Paul Adams in Trauer und in Dankbarkeit.

Heinz Ickstadt
Der Autor ist Professor für nordamerikanische Literatur am John-F.-Kennedy-Institut und Vorsitzender des Institutsrats

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