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Bericht aus dem Fachbereichsrat Rechtswissenschaft (April 2000)

Der Fachbereich hat sich in diesem Semester hauptsächlich mit seiner Zukunft beschäftigt - allerdings natürlich nicht ganz freiwillig. Er wurde gezwungen, mit der Universitätsspitze über "Zielvereinbarungen" zu verhandeln. Aber bevor wir uns auf diese gewissermaßen philosophische Ebene begeben, erst einmal zu etwas Handfestem: der neuen Studienordnung.


Die neue Studienordnung

Lange geisterte diese Thema als schwer fassbares Phantom durch die Diskussion - eine Folge des Umstandes, daß in der Sache natürlich wieder einmal Chaos herrschte. Nachdem über die Grundlinien schon lange Einigkeit bestand, steckt der Teufel nämlich wieder einmal im Detail.


Grundstudium


Vor allem für Erstsemester sollten drastische Veränderungen eintreten, und das mitten im laufenden Semester! Die "kleinen Übungen" sollten abgeschafft und statt dessen Abschlußklausuren in den Grundkursen eingeführt werden. Soweit, so klar. Hierdurch ist aber auch schon die große Schwachstelle dieses Systems erkennbar, nämlich die Frage, wie eigentlich die Vorbereitung auf die "großen" Hausarbeiten in der beibehaltenen Übung für Fortgeschrittene. Dieses Problem glaubte man durch die Einführung von "propädeutischen Hausarbeiten" lösen zu können, also von "kleinen" Hausarbeiten von 10-15 Seiten ohne wissenschaftlichen Charakter, in denen nur die Falltechnik eingeübt würde. Eine nette Idee, freilich fehlte aber dem Fachbereich das Geld, dieses System auch durchzuführen. Nach einer längeren Diskussion im Fachbereichsrat kam als Ergebnis heraus, daß man als Teil des Abschlußklausurensystems auch zwei dieser propädeutischen Hausarbeiten in zwei der drei verschiedenen Fachgebiete erfolgreich absolviere musste. Dabei waren die Professoren davon ausgegangen, daß sich die Mehrbelastung aufgrund der Interessen der Studierenden auf alle drei Fachgebiete gleichmäßig verteilen würde. Wir waren dagegen von Anfang an davon ausgegangen, daß die Hauptlast das Zivilrecht würde tragen müssen - schließlich liegt hier der Schwerpunkt der Ausbildung in den ersten Semestern und nichts liegt näher, als daß der Student jedenfalls dort eine Probehausarbeit absolviert, wo er sich fachlich am sichersten fühlt. Diesen Ansturm hätte aber die Wissenschaftliche Einrichtung Zivilrecht vom Personal her nicht bewältigen können. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die neue Studienordnung hauptsächlich eine Rückführung des Lehraufwandes in den ersten Semestern bewirken sollte, um die Vertiefungsveranstaltungen zur Examensvorbereitung personell besser ausstatten zu können. Jedenfalls nach den insoweit geplanten Personalverlagerungen hätte der Mehraufwand durch die Probehausarbeiten zu untragbaren Zuständen geführt. Nach einigen Hickhack ließ sich schließlich die Professorenschaft überreden, das Projekt der propädeutischen Hausarbeiten zu begraben. Die Lücke im Lehrangebot soll nun durch eine besondere Betonung der Falltechnik in Vorlesungen und Arbeitsgemeinschaften zu schließen versucht werden.

Der Rest der Regelung im Bereich der ersten Semester war etwas weniger problematisch: Jeder Grundkurs wird mit einer Klausur abgeschlossen. Weitere vier Klausuren können im Bereich der Grundlagenfächer geschrieben werden. Von den so insgesamt 13 Klausuren müssen sieben bestanden werden, um das Grundstudium erfolgreich abzuschließen und so die Teilnahmeberechtigung für die großen Übungen zu erwerben (Zu den Einzelheiten der Regelung vgl. unten den Beitrag "Die neue Studienordnung".).


Wahlfachstudium


Richtige Probleme macht die Neuregelung allerdings im Bereich der Wahlfächer. Schon seit langem werden beispielsweise in den Wahlfachgruppen III und IX kaum mehr Veranstaltungen angeboten. Zugleich wurde von der Professorenschaft die Abspaltung des Handels- und Gesellschaftsrechts vom Bilanz- und Steuerrecht ins Spiel gebracht, die momentan in der WFG IV zusammengefasst sind. Damit würde die Studienordnung gegen das JAG verstoßen und der Fachbereich der FU etwas anderes lehren, als das JPA prüft. Nachdem Bemühungen um eine eventuelle Änderung des JAG beim JPA und Senat erfolglos blieben, wurde der entsprechende Passus im Entwurf der Studienordnung geändert. Aber natürlich nicht inhaltlich: An die Stelle der Aufzählung der Wahlfächer trat nunmehr eine "Auflistung des Lehrangebotes im Bereich der Wahlfächer" - die die Trennung beider Bereiche nach wie vor vorsieht! Leise, leise verabschiedet sich der Fachbereich damit von der Einteilung des Lehrangebotes nach JAG und JAO. Wie praktisch, daß dann auch gar nicht mehr auffällt, daß man in "gesetzeswidriger" Weise einige Wahlfachgruppen überhaupt nicht bedient. Die Folge des faulen Kompromisses ist allseitige Unsicherheit, so daß diese Probleme der Eitelkeiten im Dreieck zwischen Fachbereich, JPA und dem Senat einmal mehr auf dem Rücken der Examenskandidaten abgeladen werden.


Und was passiert in der Übergangszeit?


Wie wir wissen, gibt es keine Reform ohne Übergangszeit. Zunächst war geplant, schon ab dem WS 2000/01 keine kleinen Übungen mehr anzubieten. Auf unsere Intervention wurde dieser Zeitpunkt auf voraussichtlich frühestens WS 2001/02 verschoben. Der genaue Termin hängt zwar von den Genehmigungen durch die FU-Leitung und den Senat ab. Nach Erfahrungswerten ist mit denen aber nicht allzu bald zu rechnen... Beinahe übersehen hätte man peinlicherweise die Studierenden des Magisterstudiengangs "Teilgebiete des Rechts". Hätten wir nicht interveniert, wäre es nach Umsetzung der neuen Studienordnung unmöglich geworden, Teilgebiete des Rechts nach der hierfür gültigen Studienordnung zu studieren.

So war heißes Gesprächsthema auch am Ende des Semesters noch die neue Studienordnung, die schon am Anfang desselben hätten beschlossen werden sollen. Als Fazit bleibt: Viele der Probleme rührten aus dem völlig überflüssigen Versuch, die Neuregelung noch im laufenden Semester durchzudrücken und der hiermit verbundenen Hektik. Dies macht freilich die handwerklichen Mängel nicht weniger peinlich. Einmal mehr: Mehr Umsicht und vor allem die frühzeitige Beteiligung auch der unmittelbar Betroffenen hätten dem Professorium diese über die Grenzen des Fachbereichs hinaus gedrungene Blamage wohl erspart.


Zielvereinbarungen

Nach dem der Fachbereich sich durch die Erstellung eines "Profilberichtes" auf die Budgetverhandlungen mit der Universitätsleitung vorbereitet hatte, hat sich der Fachbereich nunmehr vollkommen freiwillig verpflichtet, in den nächsten zwei Jahren eine mit der Unileitung abgeschlossene "Zielvereinbarung" zu erfüllen. Der Inhalt dieser am "Leitbild der Universität" orientierten "Zielvereinbarung" ist zum Teil unklar und diffus, zum Teil selbstverständlich und zum Teil extrem problematisch. Auszug aus dem kleinen Horrorladen: An einigen Stellen klingen erste Schritte in Richtung der Einführung von Benutzungsgebühren für die Bibliotheken an. Vereinbart wurde ferner die Errichtung eines Instituts für Steuerrecht, das sich - nach Auslaufen der Anschubfinanzierung - selbst tragen soll (!). daß hiermit Studiengebühren im Raum stehen, sieht ein Blinder. Schließlich muss auch die interne Mittelverteilung am Fachbereich nach Leistungskriterien erfolgen. Damit kann der Fachbereich nicht mehr beliebig viel Geld der Bibliothek zuweisen. Im Extremfall wäre damit der Fachbereich gezwungen, diese sehenden Auges zugunsten von Zuweisungen an Lehrstühle austrocknen zu lassen. Warum, so fragt man sich, hat der Fachbereich sich dem freiwillig unterworfen? Ganz einfach, weil er im Ablehnensfalle für zwei Jahre keine Stellenbesetzungen mehr genehmigt bekommen hätte. Im BGB ist dieser Tatbestand in § 123 Abs. 1 2. Alt. geregelt. Wem das Ganze bekannt vorkommt: Auch bei den zwischen dem Land und den Universitäten jeweils abgeschlossenen Hochschulverträgen legte der Geldgeber Wert darauf, daß die Universitäten die unglaublichen Kürzungslasten "freiwillig" übernommen haben... Ein Lichtblick bleibt freilich: Nachdem der Fachbereich in diesem Bereich lange "gemauert" hatte, ist er nun aufgrund der Zielvereinbarung verpflichtet, eine umfassende Evaluation der Lehre durchzuführen. Oder dessen, was von ihr noch übrig ist.


Haushalt

Natürlich wurde der Fachbereich durch die Kooperation bei dem Abschluss der Zielvereinbarung belohnt. Die Belohnung bestand in der Streichung der Hälfte der zur Verfügung stehenden Stellen. Dabei müssen wir noch froh sein: Von den vierzehn besetzbaren Stellen bestand allenfalls Anspruch auf die Besetzung von 2,5 Stellen. So jedenfalls das Ergebnis des neuen mathematischen Modells, das den Mangel "gerecht" auf die einzelnen Teile der FU verteilen soll. Nach viel Hokuspokus sind nun noch drei Stellen hinzugekommen: Zwei für internationale studentische Wettbewerbe und eine für das sogenannte "Studienbüro" (Hinter letzterem verbirgt sich wohl ein Wissenschaftlicher Mitarbeiter, der hauptsächlich Studienberatung anbieten soll. Wozu dies nun angesichts des umfassenden Angebotes diverser Hochschulgruppen überhaupt notwendig sein soll, hat jedenfalls dem DEFO noch niemand erklärt. Vielleicht kommt ja mal jemand vorbei.). So kommt man auf insgesamt neun Stellen.

Außerdem soll in diesem Jahr die Nachfolgeprofessur Schulze-Osterloh ausgeschrieben werden. Auf eine Nachfolge von Roggemann hat man sich noch nicht einigen können. Der Fachbereich möchte gerne eine Professur für Verfahrens- und Insolvenzrecht ausschreiben. Das hat wenig mit Osteuroparecht zu tun, was den Bestand des Osteuropainstitutes gefährdet. Auch hier geht es nur schleppend voran. Schlußendlich bleibt zu hoffen, daß mit Einführung des Globalhaushalts dem Fachbereich und vor allem der Fachbereichsbibliothek jedenfalls vorübergehend etwas mehr Luft bleibt. daß freilich mit der Pauschalzuweisung an den Fachbereich die Gefahr interner Verteilungskämpfe stetig steigt, darf dabei nicht vergessen werden. Mehr hierzu ist dem Bericht aus der Haushaltskommission des Fachbereichsrates zu entnehmen.


Epilog

Wir werden in der Zukunft kritisch beobachten, inwieweit das dem Fachbereich von der Universitätsleitung oktroyierte Modell dazu führt, daß Fachbereich und Universität dem selbst gesetzten Leitbild ohne Selbstdemontage näher kommen. Nachdenken über Ziele und Perspektiven ist richtig und wichtig. Wenn dieses freilich der Durchsetzung mit durch vorgebliche Freiwilligkeit kaschierten Zwangsmitteln bedarf, ist jedoch ein Aufhorchen mindestens angebracht. Dies umso mehr an einer Universität, zu deren "Leitbild" schon immer noch veritas, iustitia und libertas gehört haben.

Lammert Wijma

(erschienen im DEFO-Info Nr. 41 vom SS 2000)



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