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[Experten aus dem In- und Ausland können die Entscheidung der rot-roten Regierung nicht nachvollziehen]

Experten unterschiedlicher Fachrichtungen und unterschiedlicher politischer Couleurs sind sich einig: Die Umwandlung des Universitätsklinikums in ein Regionalkrankenhaus wäre für die neue Bundeshauptstadt und den Wissensstandort Berlin ein herber Schlag. Das UKBF zählt heute unbestritten zu den leistungsstärksten Einrichtungen der Hochleistungsmedizin in Deutschland. Das gilt sowohl für die Krankenversorgung als auch für die Medizinerausbildung und die Forschung.

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Adrienne Goehler, ehemalige Senatorin für Wissenschaft und Kultur, und Prof. Dr. Peter Gaehtgens, Präsident der Freien Universität.

„Die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit der FU-Fakultät kann eindeutig heute nicht mehr als Begründung zur Schließung herangezogen werden kann. Durch eine gezielte Berufungspolitik entwickelte sich die durch drastische Einschnitte verkleinerte medizinische Fakultät der FU zu einer im Bundesvergleich deutlich überdurchschnittlich leistungsfähigen Fakultät. Wie an der Charité warb auch jeder Professor am UKBF im Jahr 2000 über 310.000 Euro ein. Der Bundesvergleich liegt bei der Hälfte. Die Hochschulmedizin ist insgesamt mit Abstand der leistungsfähigste wissenschaftliche Bereich in Berlin [...]. Für den Fall, dass die Medizinische Fakultät der FU abgewickelt werden sollte, würde der Verlust für die Wissenschaft weit über das Fach Medizin hinaus reichen und die Natur- und Ingenieurwissenschaften ebenso wie außeruniversitäre Forschungseinrichtungen wissenschaftlich schwächen. Dies sieht der Wissenschaftsrat mit großer Sorge.“

Prof. Dr. Dietrich Niethammer,
Vorsitzender des Medizinausschusses des Wissenschaftsrats

„Schlimmer noch ist, dass der Beschluss die Tatsache ignoriert, dass es der FU-Medizin im Laufe der letzten Jahre gelungen ist, in die Spitzenklasse der deutschen Universitätsklinika vorzustoßen und mit mehr als 25 Millionen Euro im Jahr doppelt so viele Drittmittel pro Professor einzuwerben wie der Bundesdurchschnitt. Am schlimmsten aber wirkt das damit verbundene Fanal, dass es auf Qualität und Leistungskraft gar nicht ankommt, wenn die neue Regierungskoalition ihre Sparbeschlüsse fasst. Wenn um fragwürdiger Einsparungen willen höchste Qualität geopfert wird, schadet dies ja nicht nur der Stadt und stellt ihre Zukunftsfähigkeit in Frage, sondern macht auch deutlich, dass es der amtierende Leuchtturmwärter ist, der das Licht ausknipst.“

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Prof. Dr. Manfred Erhardt,
Generalsekretär des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft

„Der Senat von Berlin sollte sich sehr gut überlegen, ob er die &Mac226;Leuchttürme‘ – und hierzu gehört die Universitätsmedizin zweifellos – ernstlich in Frage stellen sollte. Die Schließung eines Klinikums wird kurzfristig eher geringe Entlastung bringen; mittel- und langfristig ist es wissenschaftspolitisch und wirtschaftlich, möglicherweise auch strukturell – im Falle eines gemeinsamen Bundeslandes Berlin-Brandenburg – schädlich. Es ist fraglos ein bedenkliches Signal an alle diejenigen, die in den vergangenen Jahren auf die Attraktivität der neuen europäischen Metropole vertrauend nach Berlin ge-kommen sind.“

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Prof. Dr. Günter Stock,
Vorstandsmitglied der Schering AG

„Mit dem Beschluss zur Schließung des Universitätsklinikums Benjamin Franklin (UKBF) hat sich die neue rot-rote Koalition eine schwere unnötige Hypothek aufgebürdet. Bei dem Beschluss sind wichtige Gegenargumente und notwendige Abwägungen nicht getroffen worden. Der Schließungsbeschluss für das UKBF ist phantasielos, berücksichtigt nicht die allein dadurch entstehenden gravierenden Einnahmeverluste für das Land [...] berücksichtigt ebenfalls nicht die notwendigen Rückzahlungen an den Bund in Höhe von mindestens 150 Mio. DM und vernachlässigt den nicht wieder gut zu machenden Imageverlust für den Wissenschaftsstandort Berlin. Wir zerstören viel mehr an Zukunft, als wir es für 190 Mio. DM wieder einkaufen können.“

Adrienne Goehler,
ehemalige Senatorin für Wissenschaft und Kultur in Berlin

„Wäre es nicht so grotesk, könnte man fast meinen, das Motto des neuen Senats laute: Ruinen schaffen ohne Waffen.“

Prof. Dr. Klaus Landfried,
Präsident der Hochschulrektorenkonferenz

„Die Celon AG (www.celon.com) konnte nur durch die jahrelangen Forschungsaktivitäten und deren Ergebnisse im Bereich der Krebs- und Tumortherapie am UKBF/LMTB gegründet werden. Sie ist heute durch diese Basis im Bereich der interstitiellen Thermotherapie von Krebs- und Tumorpatienten mit ihrer entwickelten bipolaren Thermotherapie (RFITT) bereits nach 18 Monaten international bekannt und vertreten. Das UKBF hat nach wie vor in den USA einen sehr guten Ruf und dieses nicht nur durch die ehemalige Co-Finanzierung der Amerikaner (unseren industriellen Kooperations-partnern in den USA ist die geplante Schließung des UKBF nur schwer vermittelbar). Gerade für viele junge Unternehmen aus dem Bereich der Bio- und Medizintechnik, die sich im östlichen Raum Berlins ansiedeln, ist die geplante Umwandlung des UKBF ein herber Schlag. Er entzieht uns die über Jahre gewachsenen Verbindungen und Investitionen, vor allem die klinischen Forschungsmöglichkeiten, welche z.B. unser Unternehmen für die Weiterentwicklung der Produkte im internationalen Wettbewerb dringend benötigt. Eine Verlagerung zur Charité ist für uns nicht möglich, da dort andere Forschungsschwerpunkte bearbeitet werden.“

Dr.-Ing. Kai Desinger,
Vorstandsvorsitzender der Celon AG medical instruments

„Konträr zu allen bisherigen Beteuerungen der Politik, die Wissenschaft als wesentliche Triebkraft der Entwicklung Berlins zukünftig verstärkt zu fördern, wird mit dieser Entscheidung eine vollkommen falsche Richtung eingeschlagen. Wir halten die Schließung nicht nur im Sinne der finanziellen Einsparungen für unsinnig. Sie zieht auch einen massiven Schaden für die Attraktivität Berlins als Wissenschaftsstandort nach sich. Die Entscheidung dokumentiert für Wissenschaftler im In- und Ausland, für Förder-einrichtungen und Studenten, dass in Berlin die Finanznot über die Zukunftsfähigkeit der Stadt gesiegt hat. Mit der Freien Universität Berlin, dem Universitätsklinikum Benjamin Franklin, dem Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik, dem Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik und dem Fritz-Haber-Institut ist Dahlem/Steglitz der einzige Standort Berlins, und einer der wenigen Standorte in Deutschland, der, ähnlich den Standorten von amerikanischen Spitzenuniversitäten wie MIT oder Stanford, alle Komponenten zur Entwicklung der modernen Genomforschung (Biologie, Informatik/Mathematik, Medizin, Chemie, Physik) auf einem einzigen Campus vereinigt.“

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Prof. Dr. Hans Lehrach, Prof. Dr. Hans-Hilger Ropers, Prof. Dr. Martin Vingron
Max-Planck-Institut für molekulare Genetik

„Berlin ist einer der wenigen Standorte auf diesem Globus, an dem aufgrund der existierenden Strukturen ein gesunder Wettbewerb zwischen zwei medizinischen Fakultäten existiert. Wir alle, die an die freie und/oder soziale Marktwirtschaft glauben, sind uns voll bewusst, dass nur der Wettbewerb die Beteiligten zu Höchstleistungen treibt. Derzeit bringen beide Fakultäten diese Höchstleistungen, und dies ist ein wesentlicher Standortfaktor bei der zukünftigen Ansiedlung von Unternehmen der Medizintechnik in Berlin. Ob in der Chirurgie, der HNO oder der biomedizinischen Technik und Lasermedizin, die MGB hat immer Unterstützung durch die Mitarbeiter des UKBF erfahren und davon profitiert. Es wird schwierig sein, wenn wir in Zukunft gezwungen werden, in eine andere Stadt fahren zu müssen, insbesondere, wenn der süddeutsche Wettbewerb nicht schläft.“

Dr.-Ing. Johannes Tschepe,
MGB Endoskopische Geräte GmbH Berlin

„Die beabsichtigte Schließung des UKBF wird das Vertrauen in die Verlässlichkeit Berliner Wissenschaftspolitik allgemein und damit in den Wissenschaftsstandort Berlin nachhaltig beschädigen. Sie legt zudem einen wesentlichen als Anreizmotor, Impuls- und Ideengeber wirkenden Kooperationspartner der Berliner Wirtschaft in einem ausgesprochen zukunftsträchtigen, in hohem Maße wertschöpfenden Segment des Arbeitsmarktes lahm und amputiert ein Potenzial, welches schon seit einiger Zeit in Berlin Arbeitsplätze schafft und kurzfristig weitere Beschäftigung zu schaffen vermag.“

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Prof. Dr. Hans-Uwe Erichsen,
Vorsitzender des Kuratoriums der Freien Universität

weitere Expertenstimmen

„Uns geht es insbesondere auch um die Zuverlässigkeit der Wissenschaftspolitik in Berlin, die auf keinen Fall weiter erschüttert werden darf, wenn wir die besten Köpfe für unsere Universitäten und Forschungsinstitutionen gewinnen wollen“.

Prof. Dr. med. Detlev Ganten; Prof. Dr. Walter Rosenthal und Dr. Gudrun Erzgräber,
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin Berlin-Buch

„Die Hochschulmedizin steht im Zentrum einer äußerst erfolgreichen Entwicklung der Lebenswissenschaften in Berlin. Es gelingt den beiden medizinischen Universitätsfakultäten, die in ein enges Netzwerk von Unternehmen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen eingebunden sind, im Standortwettbewerb immer öfter Berlin zum Mittelpunkt wichtiger Entwicklungen zu machen.“

Initiative „An Morgen denken“, Prof. Dr. Gerhard Ackermann, Technische Fachhochschule Berlin / Landeskonferenz der Rektoren und Präsidenten; Dr. Norbert Bensel, DaimlerChrysler Services AG; Prof. Dr. Detlev Ganten, Max-Delbrück-Zentrum; Dr. Thomas Hertz, IHK Berlin

„Ich finde diesen Entschluss unverständlich und unverantwortlich. Ich bin überhaupt verwundert, dass es in Deutschland ständig nur um Schließungen und Streichungen im Wissenschafts- und Kulturbereich geht. Ich kann Ihnen sagen, dass es in meinem neuen Wirkungsbereich, der Harvard Universität, nur um neue Initiativen zur Ausweitung der Wissenschaft geht.“

Prof. Dr. Tom Rapoport,
Harvard University

„Die Verknappung der Studienplätze führt zu einer weiteren Verschärfung der Numerus-clausus-Regelung gerade in einem allgemeinen als elitär angesehenen Studienfach. Die Chancen für sozial und damit in ihren Ausbildungszielen Benachteiligten sinken gerade unter einem SPD-geführten Senat dramatisch. Der Grundsatz der SPD, für Chancengleichheit zu sorgen, wird damit konterkariert.“

Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der SPD Berlin

„Der Regierende Bürgermeister sollte nach der Provinzposse bei der (…) Wahl zum Berliner Senat in der Entscheidung zum UKBF und auch bei der Arbeitsplatzvernichtung im öffentlichen Dienst schnellstens von seinem hohen Ross herunterkommen. Der DGB-Landesbezirk wird die Proteste und berechtigten Abwehraktionen der FU Berlin in vollem Umfang unterstützen.“

Bernd Rissmann,
Deutscher Gewerkschaftsbund Landesbezirk Berlin-Brandenburg

„Ich bin auch davon überzeugt, dass diese Entscheidung dem Image der Hauptstadt schadet, dass erste Ansätze, Berlin als ein attraktives Zentrum des Medizintourismus – ein schreckliches Wort – zu etablieren, konterkariert werden und vor allem der erfolgreiche Ausbau der Stadt als Biotechnologie- und Medizintechnikzentrum spürbare Rückschläge erleiden wird“.

Juliane Frfr. v. Friesen,
ehem. Senatorin für Wirtschaft und Technologie

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