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(Wo bleiben die Professorinnen?)52 von 485 Professuren sind an der Freien Universität Berlin von Frauen besetzt. Damit liegt die Freie Universität knapp über dem Bundesdurchschnitt von 10 Prozent, ist aber noch weit entfernt von der Zielzahl, die Bundesbildungsministerin Buhlman anstrebt. Sie möchte einen Professorinnenanteil von 20 Prozent erreichen. Die an der Zentraleinrichtung zur Förderung von Frauen- und Geschlechterforschung der FU seit 1988 geführte Datenbank habilitierter Frauen in Deutschland soll dazu beitragen, diesem Ziel näher zu kommen.

Für Frauen ist die akademische Karriere immer noch deutlich beschwerlicher als für Männer.

''Die Bewerbung von Frauen ist ausdrücklich erwünscht' heißt es seit Jahren in den Stellenausschreibungen der deutschen Hochschulen. Trotzdem muss man Professorinnen immer noch mit der Lupe suchen. Während in Schweden und Finnland bereits ein Drittel aller Lehrstühle mit Frauen besetzt ist, trifft das in Deutschland nur für jede zehnte Professur zu. Die vielfältigen Diskriminierungen, denen Frauen noch bis in die 70-er Jahre an den Universitäten ausgesetzt waren, sind – zumindest auf dem Papier – weitgehend abgebaut. Chancengleichheit ist längst zum politischen Programm erhoben worden. In Antidiskriminierungsgesetzen und Frauenföderprogrammen fand dies seinen Ausdruck. Die Voraussetzungen für Frauen, in der Wissenschaft Karriere zu machen, waren nie besser, gleichwohl stagniert der Anteil der Professorinnen. Ein krasser Gegensatz zu den Verhältnissen unter den Studierenden: Dort sind die Frauen längst in der Mehrheit. An der FU haben sie seit einigen Semestern gleichbleibend einen Anteil von 55%. Bei den Studienabschlüssen liegen die Geschlechter noch Kopf an Kopf, doch schon während der Promotion ändert sich das. In der Medizin, wo der Dr. med. regelrecht zur Ausbildung gehört, sind 52% aller Promovierten weiblich, bei den Geistes- und Sozialwissenschaften beträgt ihr Anteil nur noch 40%, in den Naturwissenschaften nicht einmal mehr 30%. Dann die Habilitation: Zwar entfallen in den Geistes- und Sozialwissenschaften noch die Hälfte aller Habilitationen auf Frauen, aber in anderen Bereichen wird die Luft sehr dünn: Medizin 17,4%, Naturwissenschaften insgesamt 10%. (Statistik über das Jahr 1999.)
Gründe dafür gibt es viele. „Frauen beurteilen die Vorteile einer akademischen Karriere anders als Männer“, meint Johanna Kootz, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Zentraleinrichtung zur Förderung von Frauen- und Geschlechterforschung an der FU. „Ein Grund: Durch die Habilitation besteht bis in die mittleren Lebensjahre hinein eine institutionelle und persönliche Abhängigkeit, die keineswegs mit einer gesicherten Perspektive einhergeht. Wahrscheinlich akzeptieren Männer das eher als einen notwendigen Bestandteil der Hochschulsozialisation.“ Kind und Karriere oder nur eines von beidem? Auch diese Frage stellt sich nach wie vor. Trotzdem beschreiten immer mehr Frauen diesen Weg, es wird zunehmend selbstverständlicher.

Datenbank fördert Berufungen

In der Zentraleinrichtung der FU werden seit 1988 Daten über Frauen gesammelt, die die Lehrbefugnis an deutschen Hochschulen erlangt haben. Das Resultat ist die „Datenbank habilitierter Frauen in Deutschland 1970 ff“ – eine einzigartige Bestandsaufnahme weiblicher akademischer Bildungswege. Sie schließt die Lücke zur Studie „50 Jahre Habilitation von Frauen in Deutschland (1920-1970)“ (E. Boedecker, M. Meyer-Plath, Göttingen 1974) und umfasst derzeit rund 2.900 Datensätze. Über Erhebungsbogen werden Informationen über den wissenschaftlichen Werdegang, aktuelle Forschungsschwerpunkte und das Fachgebiet der Lehrbefugnis zusammengetragen. Das Aufnahmeformular für die Kartei ist über die Internetseite der ZE abrufbar. Ziel der Dokumentation ist es, die Karrieren habilitierter Frauen zu verfolgen und ihre Berufung zu fördern. Rund 150 Anfragen kommen pro Jahr – meist von Berufungskommissionen und oft schon im Vorfeld einer Stellenausschreibung. Die Daten sind selbstverständlich geschützt, persönliche Angaben werden bei Anfragen nicht weiter gegeben.
Universitäre Frauenförderprogramme und die Einrichtung von Frauenbeauftragten brachten es an den Tag: Es gab Fachbereiche, in denen 20 Jahre lang keine Frau habilitiert wurde – und niemand war das aufgefallen. Frauenförderung über Quoten und Sonderprogramme wird unter den „Betroffenen“ kontrovers gesehen. „Ein Teil sieht die &Mac226;Quotenfrau’ als Beleidigung an“, berichtet Frau Kootz, „und möchte nur auf Grund ihrer Qualifikation den Zugang zur Professur. Anderen ist die strukturelle Benachteiligung von Wissenschaftlerinnen bewusst. Bei ihnen überwiegt der Gedanke, dass es nur angemessen ist, Frauen zu fördern, denn zu lange wurden sie durch das &Mac226;old-boy-network’ von der Chancengleichheit ausgeschlossen.“
Derzeit wird heiß diskutiert, ob es Sinn macht, an der Habilitation – als Voraussetzung für die Berufung – festzuhalten. In Ländern, die diese Qualifizierung nicht verlangen, haben Frauen längst einen deutlich höheren Anteil an den Lehrstühlen. Für die Forschung ist dies auf jeden Fall ein Gewinn, denn entscheiden sich Frauen für die Wissenschaft, ist es vor allem aus fachlichem Interesse und weniger um der Karriere Willen. Befragungen ergaben übrigens, dass erfolgreiche Wissenschaftlerinnen meist Väter hatten, die sie ermutigten und später einen Doktorvater, der sie motivierte und förderte. Trotz allem sind manche Disziplinen bis heute Männerdomänen geblieben – allen voran die Medizin. Aber auch hier tut sich etwas. 2001 wurden die ersten Professorinnen für Psychiatrie (FU Berlin) und Chirurgie (Universität Ulm) in Deutschland berufen. Sie werden hoffentlich nicht die einzigen bleiben.

Catarina Pietschmann

Foto: Ausserhofer


Christiane Weber (Tel.:838-56264)
E-Mail: zefrauen@zedat.fu-berlin.de
www.fu-berlin.de/zefrauen/habilda.htm

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