Der vielfach geführte Streit um den Rundfunkbegriff ist nur Platzhalter für eine Diskussion, an der langfristig weder Medien- noch Telekommunikationsrecht, -wirtschaft und -politik vorbeikommen werden, eine Debatte um ein einheitliches Kommunikationsrecht. Die Trennung der beiden Sphären - mit der bisher klare Zuständigkeiten für Infrastruktur einerseits und darauf aufsetzende Medien andererseits verknüpft waren - wandelt sich mit steigender Interdependenz immer mehr von einer Problemlösung zum Problem.
Hinter dem Streit um den Rundfunkbegriff steht die Absicht, eine
Regulierungsform zu retten, die von Ab- und Auflösung bedroht ist:
die Medienaufsicht als Wertentscheidung, mit der knappe
Ressourcen nicht durch wirtschaftlich-monetäre, sondern durch
(letztlich hoheitlich verfaßte) gesellschaftlich-politische
Allokationsverfahren und nach inhaltlichen Kriterien in direkter,
rechtlich vermittelter Form vergeben werden. Es sind Marktkräfte, die
den technischen Wandel vorantreiben und damit die heutigen
Allokationsverfahren unter Druck setzen. Im politischen System wird dieser
Wandel - in einer Art Fehlwahrnehmung - häufig als
Deregulierungsdruck gesehen; aus systemtheoretischer
Perspektive bietet es sich jedoch an, ihn vielmehr als
(Re-)Regulierungsdruck zu verstehen, der darauf drängt, die
medienrechtliche Steuerung von verhältnismäßig einfachen,
hoheitlich-administrativen auf eher komplexe, regulativ-legislative Formen
umzustellen. Die Kommunikationspolitik müßte sich dazu die
Selbststeuerungskapazitäten des wirtschaftlichen Systems dienstbar
machen und die Kommunikationswirtschaft mit einem regulativen
Rahmen versehen, der mittels reflexivem Kommunikationsrecht zu
bilden wäre.
Der Streit um den Rundfunkbegriff ist dabei nicht nur hinderlich, weil er
Zeit kostet: Selbst wenn für jeden einzelnen Dienst, der auf
digitalen Kommunikationsnetzen verbreitet werden kann, einzeln
entschieden werden könnte, ob er zum Rundfunk zählt oder nicht,
dann wäre noch nicht viel gewonnen, verheddert sich doch die
Regulierung sofort in einem erneut ,,unauflöslichen
Zuständigkeitsknäuel`` aus Medien- und Telekommunikationsrecht. Hubertus
Gersdorf (1995b) hat dafür plädiert, die Frage des
Begriffs von der Problematik der Rechtsfolgen zu
trennen. Auf der Ebene der Rechtsfolgen seien Differenzierungen und ein
System abgestufter Vielfaltssicherungen
möglich
.
Der Streit um den Rundfunkbegriff findet gegenwärtig in (mindestens) vier Arenen statt: