Das tradierte Rundfunkrecht nimmt die Differenzierung in seinem ,,Realbereich`` als Bedrohung seiner zentralen Begrifflichkeit war und reagiert darauf mit variantenreichen Vorschlägen für eine äquivalente Differenzierung des Rundfunkbegriffs selbst. Unter Medienrechtlern scheint inzwischen wenig umstritten zu sein, daß die Regelungsdichte neuer Dienste durchaus gering sein kann oder muß So zeichnet sich mittlerweile ein grober Konsens über das Ziel ab, ein System abgestufter Regelungsdichte zu schaffen. Diese Einigkeit reduziert die Kontroverse letztlich auf eine rechtsdogmatische Frage, nämlich die der Einordnung neuer Dienste ins Rechtssystem.
Martin Bullinger (1996) schlägt vor, die etablierte rundfunkzentrische Betrachtungsweise aufzugeben, neue Dienste zum Beispiel auch als ,,beschleunigte und verbilligte`` Version der Presse zu betrachten und sie damit der Pressefreiheit zu unterstellen. Generell sieht er einen Konflikt zwischen der exklusiven Rundfunkgarantie und den konkurrenzoffenen rundfunkexternen Verfassungsgarantien, die ansatzweise eine freie, konkurrierende Nutzung der telekommunikationstechnischen Übertragungswege erlaubten. Als Zwischenschritt auf dem Weg zu einer übergreifenden Kommunikationsfreiheit, in der Presse- und Rundfunkfreiheit aufgehen würden, ließe sich der Zwischenbereich, in dem ,,die Rundfunkgarantie bei weiter Interpretation mit anderen Verfassungsgarantien zusammentrifft``, jeweils als nicht-exklusiven Annex des jeweiligen Schutzbereiches verstehen.
Die elektronische Ausgabe des Spiegel könnte auf diese Weise nach dem Presserecht beurteilt werden, der öffentlich-rechtliche Radiosender im Internet nach dem Rundfunkrecht. Für den Stammbereich behielte der Rundfunk ein Ausschließlichkeitsrecht. Bullinger stützt sein Argument zwar auf ein sehr fragwürdiges Konzept von Rundfunkmacht und ,,Fesselungswirkung``, das Ergebnis vermeidet jedoch die bereits aus Kapitel 4.3 bekannte Problematik eines weiten Rundfunkbegriffs und der möglicherweise damit verbundenen Pflichten wie medienrechtliche Zulassung und Kontrolle oder öffentlich-rechtliches Grundversorgungs-Angebot als Voraussetzung neuer privat-kommerzieller Dienste.
Im Unterschied zu Bullinger plädiert Wolfgang Hoffmann-Riem (1996) dafür, die ,,Paßform`` des Rundfunkbegriffs auch für die neuen Dienste nutzbar zu machen. Der Gesetzgeber sei ,,eher gehindert``, für alle Massenmedien die gleiche Regulierung vorzusehen; so könnten auch unterschiedliche Regulierungsformen für Dienste begründet werden, die dennoch allesamt zum Rundfunk zählen. Durch begriffliche Zuordnungen sind die Regulierungsmöglichkeiten noch nicht vorentschieden: ,,Entscheidend für die begriffliche Zuordnung ist das publizistische Potential.`` Hoffmann-Riem modifiziert insoweit seine frühere Einschätzung, nach der neue Dienste in der privat-kommerziellen Säule nur solange und soweit zulässig sind, als ein paralleles öffentlich-rechtliches Angebot vorhanden ist, das mögliche Defizite des ersteren ausgleicht.