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[Junge Molekularbiologen der FU forschen in Berlin-Buch]


STAT-Proteine bei der Informationsübertragung in menschliche Tumorzellen. Links oben: Bei Versuchsbeginn sind die Proteine (grün) gleichmäßig über die gesamte Zelle verteilt. Links unten: 30 Minuten nach Stimulation mit einem Zytokin – hier Interferon – sind die STATs fast vollständig in den Zellkern gewandert, wo sie die Genaktivität beeinflussen. Rechts: Zum Vergleich jeweils die Position der Zellkerne (blau)


„Natürlich bin ich Mitarbeiter der FU!“ Dr. Uwe Vinkemeier ist fast empört. Seit drei Jahren arbeitet der 39-jährige Molekularbiologe nun schon am Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP) in Berlin-Buch. Dass er eigentlich zur Freien Universität gehört, wissen aber nur Eingeweihte. „Und kommen Sie bald.“ Er lacht. „Wer weiß, wie lange ich noch hier bin.“ Recht hat er, wenn man Prof. Walther Rosenthal, FMP-Direktor mit Lehrstuhl für Pharmakologie am Fachbereich Humanmedizin der FU, glauben darf. Sein Institut scheint eine Art Durchlauferhitzer für exzellenten wissenschaftlichen Nachwuchs zu sein. „Kaum sind sie hier, werben die Universitäten unsere jungen Gruppenleiter auch schon wieder ab“, stöhnt Rosenthal – nicht ganz ohne Stolz. Das FMP ist Teil des Forschungsverbund Berlin e.V. und Mitglied der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibnitz. Modernste technische Ausstattung, interdisziplinäre Arbeitsweise und enge Verzahnung mit den Berliner Universitäten sowie vielfältige Industriepartner zeichnen die Forschung hier aus. Gute Gründe, warum Vinkemeiers Gruppe in Buch sitzt.

Vinkemeier ist Proteinforscher und kam 1999 von der Rockefeller-Universität (New York City) nach Berlin, um am FMP die Nachwuchsgruppe „Zelluläre Signalverarbeitung“ aufzubauen. Unterstützt von Prof. Wolfram Saenger (FU-Kristallographie) bewarb er sich beim BMBF um den Bio-Future-Preis 2000. Mit der Preissumme von 3,6 Mio. DM, die pekuniär Nobel- und Leibnizpreis locker in den Schatten stellt, finanziert er fünf Mitarbeiter. Vier weitere werden vom FMP bezahlt. Doch was ist das nun wieder? An Vinkemeiers Büro steht nicht etwa FU- sondern EMBO-Labor. Damit darf sich die Gruppe schmücken, seit die Europäische Organisation für Molekularbiologie (EMBO) Vinkemeier 2001 einen der Young-Investigator-Awards verlieh. Die EMBO fördert mit diesem Preis die besten europäischen Biologen in der Frühphase ihrer Karriere.





Vorn: Die Bindungsdomäne „GYF“ eines menschlichen Adapterproteins. Zur Informationsübertragung bindet hier ein Adhäsionsmolekül an evolutionär konservierte Aminosäurereste (gelb dargestellt). Ähnliche Strukturen kommen in Proteinen der verschiedensten Organismen vor. Untersuchungen sollen zeigen, ob sie in Hefe, Fliege oder Maus auch ähnliche Funktionen haben.



Wie werden Gene aktiviert?

Das junge Team erforscht Grundfragen der Zellkommunikation. Zellen reagieren auf Veränderungen ihrer Umgebung durch An- oder Abschalten von Genen. Aber wie sieht die Raum-Zeit-Kontrolle dieser Prozesse aus?

Stoßen zum Beispiel Zellen des Immunsystems auf einen Virus, setzen sie einen Botenstoff frei, ein Zytokin, welches an der Zellmembran benachbarter Zellen Alarm gibt. Es dockt an einem Rezeptor an der Zellaußenseite an, bewirkt dadurch eine Gestaltveränderung des Rezeptors, die wiederum an der Innenseite der Membran zur Aktivierung des Enzyms Kinase führt. Dies bindet eine Portion Phosphor an sich und den Rezeptor – ein Signal wodurch sogenannte STAT-Proteine erkennen, dass hier etwas im Gange ist. Nun treten sie in Aktion.

STATs sind die wesentlichen Informationsvermittler, denn sie tragen das Signal in den Zellkern weiter, wo schließlich die Antwort erfolgt: das Anschalten eines Gens zur Produktion neuer Proteine oder das Stilllegen, das bis zum Zelltod, der Apoptose, führen kann. Die wohl schwerwiegendste Reaktion auf einen Alarm.

STATs schützen die Zelle nicht nur vor viraler Infektion, sondern spielen auch eine große Rolle bei der Zelldifferenzierung – etwa bei Stammzellen.

„Innerhalb weniger Minuten nach dem Andocken des Zytokins strömen die STATs ganz massiv in den Kern“, ist Vinkemeiers Beobachtung. Um hinein und später wieder hinauszugelangen, muss das Protein ein Erkennungsmerkmal an der Kernmembran „vorzeigen“. Die Gruppe untersucht, wie der Im- und Export der STAT-Proteine in den Zellkern funktioniert und entdeckte dabei einen bisher unbekannten Signalweg. Der Protein-Pendelverkehr lässt sich unter dem Lichtmikroskop live verfolgen. Neuartige Techniken der Fluoreszenzmarkierung machen dies möglich.

Dr. Uwe Vinkemeier

Dr. Chritian Freunde



Erst die Parole, dann die Information

Gleich nebenan sitzt Dr. Christian Freund, ein weiterer FU-Wissenschaftler. Der Weg des 37-jährigen Chemikers führte von München (Max-Planck-Institut für Biochemie) über Zürich und die Harvard Medical School nach Berlin. Auch er gewann den Bio-Future-Preis und leitet seit 2000 die Nachwuchsgruppe „Protein Engineering“. Die richtige „Parole“ spielt auch bei seinen Forschungen eine tragende Rolle.

Freund untersucht an Immunzellen bestimmte Bereiche von Proteinen, sogenannte Adapterdomänen, die an der Informationsübertragung mitwirken und eine essenzielle Rolle bei der Zusammensetzung von Multiprotein-Komplexen spielen. Viele wesentliche Signale werden in der Zelle nicht wie bei einem Fackellauf von A an B weitergegeben, sondern es bedarf eines „konspirativen Treffens“ von drei oder mehr Partnern, die sich durch ein Zeichen – eine bestimmte Sequenz von Aminosäuren – erkennen. „Besonders häufig sind Erkennungsmerkmale, die reich an Prolin sind“, erzählt Freund.

Signalstoffe, die derartige Markierungen besitzen, sind evolutionär sehr alt und kommen noch heute vom Schleimpilz bis zum Menschen vor. Ein Indiz dafür, dass sie Schlüsselfunktionen in der Zellkommunikation ausüben. „Am CD-2, einem kleinen T-Zell-Adhäsionsmolekül, untersuchen wir die genaue Struktur dieser Signalübertragungsmechanismen und ihre Bindungsformen an verschiedene Zielmoleküle.“

Freunds Forschungen sind die Grundlage für das Design von Wirkstoffen, die Immunreaktionen der T-Zellen beeinflussen, indem sie die Signalweitergabe an einem bestimmten Punkt unterbrechen oder stimulieren.

Catarina Pietschmann

Foto Vinkemeier: Pietschmann


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