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[Universität mit zertifizierter Qualität]

Bei manchen Dienstleistungen merkt man gleich, ob Qualität geboten wird: Schmecken die Brötchen nicht, versteht der Bäcker nichts vom Backen. Sind die Angebote komplexer, verliert die Kundin oder der Kunde schnell den Überblick. Deswegen gehen immer mehr Unternehmen und Institutionen dazu über, sich bestimmte Qualitäten zertifizieren zu lassen. Eines der interessantesten Qualitätszertifikate vergibt der Verein TOTAL E-QUALITY e.V. Mit ihm wird eine ernst genommene und verwirklichte Gleichstellung beider Geschlechter in einem Unternehmen oder einer Institution ausgezeichnet. Viele Unternehmen haben begriffen, dass sich mit Chancengleichheit trefflich werben lässt und würden sich gern mit der begehrten Auszeichnung schmücken. Doch die Anforderungen sind hart, und Antragsteller, die nicht seit Jahren ernsthaftes Engagement auf diesem Gebiet zeigen, haben keine Chance, das Prädikat zu erringen. Die Freie Universität hat als einzige Universität ihrer Größenordnung Anfang Mai das TOTAL E-QUALITY-Zertifikat erhalten. Spätestens jetzt ist klar: Die FU bietet Spitzenqualität – E-Quality eben.


Prof. Gisela Klann-Delius, Vizepräsidentin der FU (2.v.l), Mechthild Koreuber, Zentrale Frauenbeauftragte der FU (3.v.l), und Felicitas Wlodyga, stellvertretende Frauenbeauftragte der Zentralen Universitätsverwaltung (4.v.l) nahmen am 6. Mai in Bonn für die Freie Universität die begehrte Auszeichnung entgegen. Sie war ihnen von Eva-Maria Roer, Vorstandsvorsitzende von TOTAL E-QUALITY Deutschland e.V. (1.v.l) überreicht worden.

Der Verein TOTAL E-QUALITY zeichnet bereits seit 1997 Unternehmen, aber auch Behörden mit ihrem für drei Jahre verliehenen Zertifikat aus. Nach den drei Jahren müssen die Bewerber aufs Neue belegen, dass bei ihnen Frauen und Männer gleiche Chancen haben oder Maßnahmen ergriffen wurden, die eigentlich selbstverständliche Gleichberechtigung in allen Bereichen durchzusetzen.

Die Liste der Firmen, die zur Zeit das TOTAL E-QUALITY-Prädikat führen dürfen, zeigt, dass Unternehmen, die Spitzenpositionen in der Gleichstellung einnehmen, auch zur Elite auf den weltweiten Märkten gehören: Die Deutsche Lufthansa, Schering, Deutsche Bank oder auch Volkswagen tragen neben vielen hochinnovativen Unternehmen aus dem Mittelstand das Prädikat. Gleichberechtigung ist Innovation.


Chancengleichheit ist innovativ

Dass Maßnahmen zur Herstellung von Chancengleichheit nicht als finanzielle oder ideologische Last zu verstehen sind, hat man an der Freien Universität bereits seit mindestens 20 Jahren begriffen. Auch das wissenschaftliche Profil der Universität profitiert mittlerweile deutlich von der Spitzenposition, die sich die FU in den vergangenen zwei Jahrzehnten auf dem Gebiet der Gleichstellungspolitik erarbeitet hat.

Die Zertifizierung belegt diese deutschlandweit führende Position eindrucksvoll. Für den Betrachter unmittelbar sichtbare Indikatoren sind die inzwischen zahlreichen Frauenförderpreise, die von der FU und ihren Fachbereichen vergeben werden und die dieses Jahr seit 25 Jahren bestehende FU-Kita.

Eher im Verborgenen, doch nicht weniger bedeutend sind die Erfolge, die dadurch erzielt werden konnten, dass die Frauenförderung und die Förderung der Geschlechterforschung in Zielvereinbarungen und Kosten-Leistungs-Rechnungen verankert sind. Auch die Zentraleinrichtung zur Förderung von Frauen- und Geschlechterforschung ist trotz der großen Sparzwänge strukturell abgesichert. Komplettiert wird dieses wichtige Ergebnis durch die zur Zeit acht Professuren, die sich in verschiedenen Fachbereichen der Frauenforschung widmen. Die Bewerbung um das Zertifikat wurde daher mit großer Zuversicht angegangen.


Mit gutem Gewissen ins kalte Wasser

Der Aufwand war freilich immens, denn zum ersten Mal in der Geschichte von TOTAL E-QUALITY war die Zertifizierung auch für wissenschaftliche Einrichtungen möglich.
Als die Frauenbeauftragte der FU, Mechthild Koreuber, dann im vergangenen Juni von den neuen Möglichkeiten hörte, die Anstrengungen der letzten Jahre objektiv bewerten zu lassen, überzeugte sie die Hochschulleitung der Universität zur Teilnahme. Es war ein Sprung ins kalte Wasser, denn niemand kannte den Fragebogen, der auf die Bewerber der ersten Auszeichnungsrunde wartete, und so war dann auch die Zusammenstellung der Bewerbungsunterlagen mit dem penibel ausgefüllten Fragebogen und den unzähligen Belegen, die zum Beweis der Selbstaussagen des Fragebogens beigefügt werden mussten, ein Lauf gegen die Zeit. „Das war eine Herausforderung für die FU“, sagt Mechthild Koreuber mit einem leicht ironischen Blick auf die Behäbigkeit, die man großen Institutionen so gerne nachsagt. Stolz ist sie, dass man die Aufgabe so überzeugend gemeistert hat: Fünf Aktenordner voll mit Dokumenten wurden schließlich zum Einsendeschluss im November 2001 auf den Postweg gegeben, um der Jury vorgelegt zu werden.
Mit der Freien Universität bewarben sich 19 andere wissenschaftliche Institutionen um die Auszeichnung.

Bei der Preisverleihung am 6. Mai 2002 konnten freilich nur noch 13 Universitäten und Forschungsinstitute lachen und das Zertifikat in die Hand nehmen.
Dies zeigt, dass das Prädikat nicht wahllos verschenkt wird. Auch die FHTW, die TFH und die Fachhochschule für Wirtschaft konnten sich als Berliner Bewerberinnen über die Auszeichnung freuen.


Deutschlands führende Frauenuniversität

Wer sich nicht seit Jahren um Gleichstellung kümmert, hat sowieso keine Chance auf die Auszeichnung, weiß Koreuber: „Die FU hat eine Vorreiterinnen-Rolle in Bezug auf Geschlechterforschung und Frauenförderung. Sie hat modellhaft für viele Hochschulen in der Bundesrepublik gewirkt, dafür ist der Preis eine Anerkennung. Er trägt deutlich nach außen, dass die FU eine Frauenuniversität ist.“

Freilich gibt es keinen Grund sich auszuruhen, denn Raum für weitere Verbesserungen gibt es durchaus. Zwar liegt die FU bezüglich des Frauenanteils an den Promotionen und Habilitationen an der Spitze in der deutschen Hochschullandschaft, trotzdem werden nur rund 27% der Habilitationsschriften von Frauen eingereicht, dabei studieren an der Freien Universität wesentlich mehr Frauen als Männer.

Wenig Neues auch bei den Führungspositionen: Auch heute sind nur 12,5% aller Professuren von Professorinnen besetzt. Auch müssen einige Fachbereiche überlegen, wie sie ihren Anteil an Studentinnen erhöhen können, denn in Chemie oder Physik mangelt es nicht zuletzt deshalb an Studierenden, weil diese Fächer und womöglich auch Fachbereiche Frauen unattraktiv erscheinen. Es gibt also viel zu tun für die Frauenbeauftragten an der FU. Mechthild Koreuber betont dann auch, dass mit dem Preis keinesfalls nur ererbte Errungenschaften belohnt werden: „Wir werden für eine Historie gewürdigt, aber auch für unsere aktuelle Arbeit.“

Denn schließlich gilt es, eine Spitzenstellung zu verteidigen. Entgegen eines weit verbreiteten Vorurteils geht es bei der Frauenförderung nämlich nicht um einen Fetisch, sondern um einen Bereich, der auch als Indikator für die Reformbereitschaft und Innovationskraft einer Universität steht.

Niclas Dewitz

Fotos klein: Ausserhofer
Foto groß: Burul


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