[Freie Universität Berlin] [FU-Nachrichten - Zeitung der Freien Universität Berlin]
 
  
TitelAktuellAktuellInnenansichtenLeuteWissenschaftStudierendeDie Letzte
FU Nachrichten HomeFU-Nachrichten ArchivFU Nachrichten SucheLeserbrief an die RedaktionImpressumHomepage der FU Pressestelle
Vorheriger Artikel...
Nächster Artikel...

 [Neue Philosophische Bibliothek wird in die Rostlaube integriert]

[Foto]Eine geometrisch gekrümmte, kuppelförmige Hüllfläche, die freitragend konstruiert ist, wird sich weit über einen kompakten Geschossbau mit fünf Ebenen spannen. Die Abbildung rechts zeigt den Grundriss des Gebäudes.

Gut versteckt vor den Blicken der Öffentlichkeit haben mitten im Herzen der Rostlaube die ersten vorbereitenden Arbeiten für den Bau der neuen Philologischen Bibliothek begonnen. Noch ist nicht viel mehr zu sehen als zwei Bagger, die sich dort in den märkischen Sand graben. Nur wer zu den wenigen Auserwählten gehört, denen ein Blick auf die ersten Entwürfe und Konstruktionszeichnungen des genialen Baumeisters Lord Norman Foster gewährt wurde, erahnt, dass hier in Kürze ein corpus magnificus, ein Büchertempel der besonderen Art entstehen wird. Zwar hat das Abgeordnetenhaus Ende Mai zum wiederholten Mal die Bewilligung der Baufinanzierung vertagt, aber die positive Grundsatzentscheidung ist gefallen. Für die FU-Nachrichten sind das gute Gründe, den künftigen Bibliotheksnutzern die Details des Planungsfortschritts vorzustellen. Michael Krauß, oberster Bauplaner in der Technischen Abteilung, beschreibt in seinem nachfolgenden Beitrag das letzte große Bauvorhaben, das er noch in den Diensten der Freien Universität bis zur Fertigstellung betreuen wird. Erst danach wechselt er in den Ruhestand, den sich der 65-jährige eigentlich schon jetzt verdient hat.

Als Lord Norman Foster 1997 im Gutachterwettbewerb zur Sanierung der „Rostlaube“ für seinen Entwurf zum Einbau der Philologischen Bibliothek den ersten Preis erhielt, sah sein Konzept der Hofüberbauung schon eine sehr transparente Konstruktion mit einem leichten und filigranen Stahl-Glas-Dach vor. Dabei sollten sich die geschwungenen Glasflächen in der Höhenentwicklung nur unwesentlich über das Niveau der angrenzenden Altbauteile der „Rostlaube“ erheben. Vor allem aber war der zu implantierende neue Bibliotheksbau noch deutlich in die Konturen der vorhandenen Struktur eingepasst – er nahm also eine im Grundriss vermittelnde, den Ursprungsentwurf der Architekten Candilis, Josic und Woods aus den 60er Jahren deutlich respektierende Form an.

An den wellenförmigen Rändern der Nutzungsebenen werden sich die Leseplätze und ruhigen Arbeitsbereiche befinden.

Foster und sein Team haben inzwischen, von diesem noch skizzenhaften Anfangspunkt ausgehend, das Entwurfskonzept bis heute in einer Weise weiterentwickelt, die zu einem radikal neuen Ansatz geführt hat: Statt die einzusetzenden Bauteile mit dem Altbau mehrfach zu verzahnen, entsteht jetzt ein vollkommen frei stehender Baukörper, der nur mit zwei leichten Übergängen an die Straßen K und L angebunden ist, sich aber sonst in seiner eigenen Sprache ganz autonom artikuliert. Das äußere Bild zeigt eine sanft gewölbte Figur, die auf den ersten Blick an eine voluminöse Tropfenform erinnern könnte. Diese geometrisch gekrümmte, kuppelförmige Hüllfläche spannt sich weit über einen kompakten Geschossbau mit fünf Ebenen, auf denen die Bücher der philologischen Bibliothek aufgestellt sein werden. Durch die besondere Form und Konstruktion der Hülle, die als Kuppel zu bezeichnen ihrem Bautyp nicht ganz gerecht würde, wird es möglich, die von der Universität benötigten Flächen in einem minimalen Volumen unterzubringen: Das Verhältnis von Oberfläche, Volumen und Nutzfläche erreicht so ein Optimum. Zugleich stellt dieser Schirm ein technisch intelligentes System dar: Das Konzept der aus zwei Schalen bestehenden, freitragenden Gebäudehülle berücksichtigt alle Belange des Wetter-, Kälte- und Sonnenschutzes sowie der natürlichen Belichtung und Lüftung. Durch ein spezielles Steuerungsprogramm, das die Luftführung in der Hülle in Verbindung mit der Betonkernaktivierung des Geschossbaus regelt, soll erreicht werden, dass das Innenklima der Bibliothek weitgehend mit natürlicher Lüftung betrieben werden kann. Mindestens so spannend wie die äußere Form ist das Innenraumerlebnis, das sich den künftigen Besuchern und Benutzern der Bibliothek bieten wird: Die fünf Nutzebenen des eingestellten Geschossbaus, auf denen die Bücher stehen, treppen sich von unten nach oben entsprechend dem Profil der Außenhülle zurück. Die Außenränder dieser Nutzebenen sind wellenförmig ausgeformt; dort befinden sich die Leseplätze und ruhigen Arbeitsbereiche. Von hier aus öffnet sich der Blick in das Volumen der gesamten Halle; zugleich bieten sich Durchblicke nach außen durch einzelne Glasfelder, die in die beiden Schalen der Hülle eingelassen sind.

Nachdem die ersten vorbereitenden Arbeiten auf der Baustelle jetzt begonnen haben, sind ziemlich genau zehn Jahre seit dem Zeitpunkt vergangen, als die hohe Asbestbelastung in der „Rostlaube“ entdeckt wurde. In der Folge wurde nicht nur über die dringend notwendige technische Sanierung des Gebäudes befunden, sondern vor allem auch ein neues Nutzungskonzept festgelegt, das die Zusammenführung aller Philologien auf dem ehemaligen Obstbaumgelände an der Habelschwerdter Allee und die Errichtung einer gemeinsamen Bibliothek zum Ziele hat. Es hat lange Zeit gebraucht, bis das Projekt in Gang gekommen ist – aber nun nimmt es Gestalt an.

Michael Krauß

Zum Anfang des Artikels...