FU-Nachrichten 11-12/99 Mitarbeiter Das Scheinselbständigen-Gesetz bringt Hochschulen in Schwierigkeiten Informationsveranstaltung für Beschäftigte der Berliner Hochschulen Die FU verabschiedet sich von ihrer DFG zur Bezahlung nicht promovierter wissenschaftlicher Mitarbeiter Die ZEDAT und ihr Stratum 1 Timeserver |
Die ZEDAT und ihr Stratum 1 Timeserver
Von Susanne Weiss Auf dem Dach der Anorganischen Chemie empfängt die Satellitenantenne die obersten Zeitdirektiven und gibt sie an den neuen Stratum 1 Timeserver weiter. Foto: Bernd Melchers, ZEDAT Es gibt einen Ort an der FU, an dem alles ganz genau richtig geht. Im Maschinenraum der ZEDAT steht ein nicht sehr großes Gerät, unscheinbar, ja fast bescheiden, gemessen an seiner großen Aufgabe. Physiker und Philosophen und zwar jeweils die größten haben sich an ihr versucht und sind bisweilen gescheitert. Das Gerät allein allerdings vermag nicht viel. Darum ist es verbunden mit einem Pilz auf dem Dach der Anorganischen Chemie. Der wiederum ist verbunden mit höheren Mächten. Höher heißt in diesem Falle 20 000 km Höhe, wo 21 aktive Satelliten und drei Reservesatelliten auf sechs Orbitalbahnen die Erde einmal in ca. 12 Stunden umkreisen. Dadurch ist gewährleistet, dass zu jeder Zeit an jedem Punkt der Erde mindestens vier Satelliten in Sicht sind, also auch für unseren Pilz denn sonst wird das nichts mit der genauen Zeit. Und darum geht es hier. Das unscheinbare Gerät ist ein Local Area Network Timeserver, genannt LANTIME und mit einer Funkuhr ausgestattet, die von den Satelliten übermittelte Zeitsignale auffängt. Von der Erde aus werden die Satelliten-Bahnen vermessen, und jedes der kosmischen Messgeräte sendet seine Bahndaten und die seiner 20 Kollegen. Da die Satelliten heutzutage in den Stand von Himmelskörpern erhoben sind, nennt man ihre Bahndaten und Örter genauso Ephemeriden wie die Örter von Mond und Sonne. (Falsch ist, dass die periodisch erscheinenden FU-Nachrichten auch noch zu den Ephemeriden gezählt werden die Zeiten sind vorbei, wenngleich auch sie wie alles Irdische und erst recht aus 20 000 km Höhe betrachtet ephemer sind.) Eigentlich dienen die Satelliten der Ortsbestimmung. Was für den Kapitän auf hoher See früher der Sextant war, ist heute das Global Positioning System (GPS), ein ursprünglich rein militärisch genutztes Ortungssystem, das die gemessenen Daten in zwei verschiedenen Standards vom Systembetreiber, dem US-Militär, so gewollt, zur Verfügung stellt. Die Ortsangaben, besonders die Höhe, sind ungenau. Das gilt jedoch nicht für die Zeitangaben. Wir wollen aber auch nicht wissen, in wieviel Metern Höhe unser Pilz auf der Anorganischen Chemie steht, wir wollen nur, dass die Uhr richtig geht. Alle Signale zusammengefunkt und miteinander verglichen, kann die GPS-Systemzeit mit einer Abweichung von weniger als 250 nsec, also 250 Milliardstel Sekunden, reproduziert werden. Der normale Anwender, der schon die 100stel-Sekunden-Messung im Medaillengoldrausch nicht mehr versteht, fragt sich: wozu braucht man das? Spötter behaupten, damit Windows zum Jahrtausendwechsel eben auf die 250 Milliardstel Sekunde genau weiß, wann es abstürzen soll, ohne lang überlegen zu müssen. So viel Zeit ist dann nämlich nicht mehr. Wie kommt überhaupt die genaue Zeit vom Maschinenraum der ZEDAT zum Rest der FU? Das geschieht mit Hilfe des Network Time Protocol (NTP), es synchronisiert Rechneruhren in lokalen und globalen Netzwerken. Seine Arbeitsweise unterscheidet sich grundsätzlich von den meisten anderen Protokollen. NTP synchronisiert nicht einfach alle beliebigen Uhren untereinander, sondern bildet eine Hierarchie von Zeitservern und Clients. Eine Hierarchieebene wird als stratum bezeichnet. Das LANTIME ist ein Stratum-1-Server. Zeitserver dieser höchsten Ebene synchronisieren sich auf eine Referenzzeitquelle, in diesem Fall auf den GPS-Empfänger. Nun weiß aber seit Albert Einstein jedes Kind, dass die Zeit eine vom Bewegungszustand des zeitmessenden Beobachters abhängige Größe ist. Vermutungen, der Stratum 1 Time Server könne verhindern, dass in einigen Bereichen der FU die Zeit rückwärts läuft, konnten bislang nicht bestätigt werden. Zwar schlägt dem Glücklichen keine Nanosekunde, aber seinen Rechner kann er ab sofort mit neuer Zeit aus erster Hand versorgen vorausgesetzt, er hat die Timeservice-Funktion seiner onlinefähigen Maschine aktiviert. Man muss nun auch niemandem mehr die Zeit stehlen, während man ihn danach fragt, und die FU hat rechtzeitig zum Jahrtausendwechsel ihren eigenen Takt gefunden. Man fragt natürlich auch noch bei anderen nach für den Fall, dass die Uhr kaputt ist. |
|||||