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Gesetz zur Änderung von Ausbildungsvorschriften für Juristen - Gesetzentwurf des Senats von Berlin

Uns erreichte am 7. März 2002 ein Schreiben der Senatsverwaltung für Justiz, versehen mit der Anlage "Gesetz zur Änderung von Ausbildungsvorschriften für Juristen". Uns wurde eine Frist zur Stellungnahme bis zum 28. März eingeräumt, die wir zwischenzeitlich auch genutzt haben. Wir stellen Euch nachfolgend die Anlage komplett vor und freuen und über Anregungen und Kritik zum Gesetzentwurf, die Ihr natürlich auch direkt gegenüber Senatsverwaltung und/oder Abgeordnetenhaus äußern könnt.

Nochmals zur Klarstellung: Der komplette nachfolgende Text stammt von der Senatsverwaltung für Justiz und gibt keinesfalls die Meinung des Demokratischen Forums wieder.


Problem

Referendare werden in Berlin im Beamtenverhältnis ausgebildet; dem entsprechend richtet sich ihre Besoldung zwingend nach dem Bundesbesoldungsgesetz.

In Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und in Schleswig-Holstein (sowie demnächst auch in Hessen) wird der juristische Vorbereitungsdienst im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses abgeleistet. Statt der Anwärterbezüge wird eine reduzierte Unterhaltsbeihilfe gezahlt. Diese Möglichkeit eröffnet § 14 Abs. 1 S. 1 BRRG.

Die Haushaltslage Berlins erfordert eine Kostenreduzierung auch in dem Bereich der Referendarvergütung. Die Koalitionsvereinbarung von SPD und PDS sieht die Umwandlung des Referendariats in ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis vor.

Die Ausbildung hat sich den Veränderungen der juristischen Berufswelt anzupassen. Qualitätssicherung entspricht den bildungspolitischen Zielen der Koalition. Die rechtsberatenden und rechtsgestaltenden Aufgaben insbesondere der Rechtsanwälte sowie die zunehmende Bedeutung der Streitvermeidung gegenüber der Streitentscheidung erfordern zur Qualitätssicherung die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen.


Lösung

Zur Kostenreduzierung soll von der Öffnungsklausel in § 14 Abs. 1 Satz 1 BRRG Gebrauch gemacht und der juristische Vorbereitungsdienst nicht mehr im Beamtenverhältnis, sondern im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses abgeleistet werden. Die geringere Ausbildungsvergütung kann dazu führen, dass die Zahl der auswärtigen Bewerber um Aufnahme in den Berliner Vorbereitungsdienst abnimmt. Das würde jedoch die (zu hohen) Wartezeiten für Berliner Bewerber nicht beeinflussen, weil beide Bewerbergruppen nach der Rechtslage getrennt zu behandeln sind.

Zur Qualitätssicherung des Vorbereitungsdienstes werden Schlüsselqualifikationen Ausbildungsinhalt. Außerdem wird die rechtsberatende Ausbildung erweitert.


Auswirkungen auf das Verhältnis zum Land Brandenburg

Im Land Brandenburg, mit dem Berlin einen Ausbildungsverbund in juristischen Ausbildungsgängen anstrebt, werden die Referendare weiterhin im Beamtenverhältnis ausgebildet, allerdings bei einer abgesenkten Besoldung (90 v.H. der Anwärterbezüge nach dem Bundesbesoldungsgesetz). Ein unverheirateter, kinderloser Referendar wird in Berlin künftig 760,00 EUR netto zur Verfügung haben, ein Brandenburger Referendar unter Berücksichtigung der Kosten für die Krankenversicherung (60,00 EUR/mtl.) ca. 820,00 EUR. Diese Differenz dürfte bei der Entscheidung, ob ein Bewerber sich um Einstellung in Berlin oder in Brandenburg bemüht, nicht ausschlaggebend sein.


Alternativen

Keine.


Kosten

Durch die Absenkung der Vergütung auf einen Grundbetrag von 885,00 EUR monatlich ergeben sich mittelfristig Einsparungen für den öffentlichen Haushalt von rd. 6,4 Mio. EUR.

Bei einer Einstellung der Referendare in ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis bereits zum 1. August 2002 kommt diese Einsparung jedoch erst ab 2005 voll zum Tragen. Denn sämtliche bis dahin im Beamtenverhältnis eingestellte Referendare behalten diesen Status bis zum Ende der zweijährigen Ausbildung bei.

Zugleich wird mit dem vorliegenden Gesetzentwurf eine Qualitätssicherung der Referendarausbildung angestrebt. Für die hierfür erforderlichen zusätzlichen Arbeitsgemeinschaften zur Vermittlung von Schlüsselqualifikationen und von Kenntnissen in der anwaltlichen Rechtsberatung werden Kosten von rd. 40.000,00 EUR entstehen.

Diese Summe ergibt sich wie folgt: Schulung von Arbeitsgemeinschaftsleitern im Bereich der Mediation, drei Mal jährlich: ca. 7.500,00 EUR Ausbildungsveranstaltungen für Referendare in Zusammenarbeit mit der IHK Berlin, zwei Mal jährlich ca. 9.000,00 EUR Ausbildungsveranstaltungen für Referendare in der anwaltlichen Rechtsberatung, vier Mal jährlich ca. 20.000,00 EUR Ausbildungsveranstaltungen für Referendare zur Vermittlung von Kenntnissen in Verhandlungs- management, Vernehmungslehre, Beweiswürdigung ca. 3.200,00 EUR ca. 39.700,00 EUR

Auswirkungen auf private Haushalte ergeben sich für die Gruppe der künftigen Referendare, deren Nettovergütung um rd. 20 % abgesenkt wird.


Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Ausbildungsvorschriften für Juristen

Artikel I

Das Gesetz über die juristische Ausbildung (JAG) in der Fassung vom 4. November
1993 (GVBl. S. 554), zuletzt geändert durch Artikel III des Gesetzes vom
31.5.2000 (GVBl. 342), wird wie folgt geändert:

1. § 8 wird wie folgt geändert:

a) Die Überschrift lautet: Aufnahme in den Vorbereitungsdienst

b) Absatz 1 wird wie folgt neu gefasst:
Wer die erste juristische Staatsprüfung bestanden hat, wird auf Antrag durch
Bescheid des Präsidenten des Kammergerichts in den Vorbereitungsdienst
aufgenommen. Die Ausbildung erfolgt in einem öffentlich-rechtlichen
Ausbildungsverhältnis. Die Dienstbezeichnung lautet "Referendarin" oder
"Referendar". Begründung und Beendigung des Ausbildungsverhältnisses richten
sich nach diesem Gesetz. Im Übrigen finden die für Beamte auf Widerruf im
Vorbereitungsdienst geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung, soweit
nichts Anderes bestimmt ist. Eine Ausbildung in Teilzeit findet nicht statt.

c) Absatz 2 Satz 2 wird wie folgt geändert:
Zu jedem Einstellungstermin eines Jahres ist eine möglichst gleich hohe Zahl an
Bewerbern zuzulassen.

d) Absatz 4 wird wie folgt geändert:
In Satz 2 Nr. 1 wird nach dem Wort "Staatsexamen" ein Komma und folgender
Halbsatz eingefügt:
"es sei denn, der Bewerber betreibt die wiederholte Einstellung in den
Vorbereitungsdienst,"

e) Absatz 6 erhält folgende Fassung:
Ein Antrag auf Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst kann abgelehnt
werden, wenn
- der Bewerber nach seinem Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst erneut die
Aufnahme beantragt, es sei denn, dass die Unterbrechung aus wichtigem Grund
erfolgt und noch ein hinreichender Zusammenhang mit dem Studium besteht;
- ein Grund vorliegt, der die Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst
rechtfertigt;
- der Bewerber mehr als zwölf Monate des Vorbereitungsdienstes in einem anderen
Bundesland abgeleistet hat.

2. Es wird folgender neuer § 8 a eingefügt:

Unterhaltsbeihilfe, Versicherungsfreiheit

(1) Der Referendar erhält eine monatliche Unterhaltsbeihilfe in Höhe von 885,00
EUR. Dieser Grundbetrag erhöht sich um den gleichen Vomhundertsatz und zu dem
gleichen Zeitpunkt, wie der nach dem Bundesbesoldungsgesetz gewährte höchste
Anwärtergrundbetrag. Daneben wird ein Familienzuschlag gewährt, dessen
Voraussetzungen und Höhe sich nach den besoldungsrechtlichen Vorschriften für
Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst für ein Amt der Besoldungsgruppe A
13 + Zulage oder R 1 richten.

(2) Eine den Vorschriften für Beamte entsprechende Anwartschaft auf Versorgung
bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf
Hinterbliebenenversorgung wird gewährleistet. Weitergehende Leistungen,
insbesondere vermögenswirksame Leistungen, jährliche Sonderzuwendungen,
Urlaubsgeld, Kaufkraftausgleich bei Auslandsstationen sowie Beihilfen,
Jubiläumszuwendungen und Reise- und Umzugskosten werden nicht gewährt. Im
Übrigen sind auf die Unterhaltsbeihilfe die besoldungsrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden.

(3) Die Unterhaltsbeihilfe wird am 15. des Monats für den laufenden Monat
gezahlt. Der Anspruch erlischt mit Ablauf des Monats, in dem die Entscheidung
über das Bestehen oder endgültige Nichtbestehen der zweiten Staatsprüfung
bekannt gegeben wird, sonst mit Ablauf des Tages, an dem das
öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis endet.

3. § 9 wird wie folgt geändert:

Ziel und Inhalt der Ausbildung
Der Vorbereitungsdienst gibt dem Referendar Gelegenheit, die durch das
juristische Studium erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern und
anzuwenden, die juristische Berufsausübung insbesondere als Anwalt, Richter,
Staatsanwalt und Verwaltungsbeamter mit ihren gesellschaftlichen und
wirtschaftlichen Grundlagen und Auswirkungen kennenzulernen und die Erfahrungen
kritisch zu verarbeiten. Er soll zu diesem Zweck praktische juristische Arbeit
leisten und an Arbeitsgemeinschaften teilnehmen, die der Vorbereitung und
Ergänzung der praktischen Tätigkeit, der Vermittlung und Einübung von
Schlüsselqualifikationen und der Vorbereitung auf die zweite juristische
Staatsprüfung dienen.

4. § 11 wird wie folgt geändert:

Absatz 4 Satz 1 entfällt.

5. § 12 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt neu gefasst:
Das Ausbildungsverhältnis endet mit der Bekanntgabe der Entscheidung über das
Bestehen oder das endgültige Nichtbestehen der zweiten juristischen
Staatsprüfung, spätestens sechs Monate nach Ablauf des zweijährigen
Vorbereitungsdienstes; bei erstmaligem Nichtbestehen der zweiten juristischen
Staatsprüfung verlängert sich die Frist um die angeordnete Dauer des
Ergänzungsvorbereitungsdienstes; Zeiten einer Beurlaubung unter Wegfall der
Ausbildungsvergütung werden nicht eingerechnet;

mit Ablauf des Tages, zu dem der Referendar durch schriftliche Mitteilung an
den Präsidenten des Kammergerichts die Ausbildung abbricht.

b) Absatz 2 wird wie folgt neu gefasst:
Der Referendar kann entlassen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein
wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn
1. er in seiner Ausbildung nicht hinreichend fortschreitet oder sich als
ungeeignet erweist, den Vorbereitungsdienst fortzusetzen;
2. er dienstunfähig im Sinne von § 77 Landesbeamtengesetz ist;
3. die Voraussetzungen des § 83 Landesbeamtengesetz vorliegen;
4. er seine Pflichten aus dem Ausbildungsverhältnis in grober Weise verletzt.
Die Entscheidung trifft der Präsident des Kammergerichts.

c) Die Absätze 3 und 4 entfallen.

6. § 15 wird wie folgt geändert:

Absatz 1 Satz 3 entfällt.
Absatz 2 Satz 2 entfällt.

7. Es wird folgender neuer § 24 eingefügt:

Alle Personen- und Funktionsbezeichnungen, die in diesem Gesetz gebraucht
werden, gelten sowohl in der männlichen als auch in der weiblichen Sprachform.

8. Der bisherige § 24 wird § 25.

Artikel II

Die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen (JAO) in der Fassung vom 5.
Oktober 1998 (GVBl. S. 283, 424), geändert durch Artikel V des Gesetzes vom 31.
Mai 2000 (GVBl. S. 342), wird wie folgt geändert:

1. § 19 wird wie folgt geändert:

Absatz 2 entfällt; der bisherige Absatz 3 wird Absatz 2.

2. § 26 wird wie folgt geändert:

a) Die Überschrift lautet: Anrechnung von Ausbildungszeiten
b) Es wird folgender Satz 1 eingefügt:
Der Präsident des Kammergerichts kann bestimmen, dass die Wiederaufnahme eines
Bewerbers unter Anrechnung vorangegangener, im Rahmen des Vorbereitungsdienstes
abgeleisteter Ausbildungszeiten erfolgt.
c) Der bisherige Text wird Satz 2.

3. § 27 wird wie folgt geändert:
In Absatz 2 wird das Wort "Anwärterbezüge" durch das Wort
"Ausbildungsvergütung" ersetzt.

4. § 29 wird wie folgt geändert:

a) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 2 neu eingefügt:
Der Präsident des Kammergerichts kann den Referendar aus wichtigem Grund von
der Ausübung hoheitlicher Befugnisse ausschließen, insbesondere, wenn er nicht
die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische
Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Verfassung von Berlin eintritt.
Die Entscheidung wirkt auch gegenüber anderen Ausbildungsbehörden im Land
Berlin, bei denen der Referendar noch ausgebildet wird.

b) Der bisherige Absatz 2 wird Absatz 3.

5. § 33 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 Satz 1 wird wie folgt neu gefasst:
Die Ausbildung in Zivil- und Strafsachen soll mit einem jeweils zweiwöchigen,
der Einführung dienenden Ausbildungslehrgang beginnen, den der Präsident des
Kammergerichts einrichtet.

b) Absatz 3 Satz 2 wird wie folgt geändert:
In den Arbeitsgemeinschaften erhält er Gelegenheit zur Festigung, Kontrolle und
Vertiefung seines Wissens, zur Übung seiner Fähigkeiten, Diskussion seiner
Meinungen sowie zum Erwerb von und zur Übung in Schlüsselqualifikationen.

6. Es wird folgender neuer § 42 eingefügt:

Alle Personen- und Funktionsbezeichnungen, die in dieser Verordnung gebraucht
werden, gelten sowohl in der männlichen als auch in der weiblichen Sprachform.

7. Die bisherigen §§ 42 und 43 werden die §§ 43 und 44.

Artikel III

Die Verordnung über die Erhebung von Gebühren in der zweiten juristischen
Staatsprüfung (PrüfGebO) vom 19. April 1997 (GVBl. S. 285) wird wie folgt
geändert:

1. § 4 entfällt.

2. § 5 wird wie folgt geändert:

Der Einschub "in gesetzlicher oder nach § 4 abweichend festgesetzter Höhe" wird
gestrichen.

3. § 6 wird wie folgt geändert:

In Absatz 1 werden die Sätze 2 und 3 gestrichen.

Artikel IV

Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang
Die auf den Artikeln II und III beruhenden Teile der dort geänderten
Rechtsverordnungen können aufgrund der jeweils einschlägigen Ermächtigung durch
Rechtsverordnung aufgehoben oder geändert werden.

Artikel V

Ermächtigung zur Neubekanntmachung
Das zuständige Mitglied des Senats wird ermächtigt, das
Juristenausbildungsgesetz, die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen
sowie die Verordnung über die Erhebung von Gebühren in der zweiten juristischen
Staatsprüfung in der Neufassung mit neuem Datum und in fortlaufender
Paragraphenfolge bekannt zu machen und dabei Unstimmigkeiten des Wortlauts zu
beseitigen.

Artikel VI

(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

(2) Für Referendare, die den Vorbereitungsdienst vor dem .............
angetreten haben, gelten die bisherigen Vorschriften weiter.

Begründung

Allgemeines

...

Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel I

Zu Nr. 1 a)
Redaktionelle Änderung.

Zu Nr. 1 b)
Satz 1 nennt als Aufnahmevoraussetzung - wie bisher - das Bestehen der ersten
juristischen Staatsprüfung. Damit entsteht ein Anspruch auf Aufnahme in den
Vorbereitungsdienst eines Landes der Bundesrepublik Deutschland; dem
Absolventen steht ein Wahlrecht zu ( § 122 BRRG).
Nach Satz 2 wird die Ausbildung künftig nicht mehr im Beamtenverhältnis,
sondern im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis absolviert. Die übliche
Dienstbezeichnung "Referendarin" oder "Referendar" wird beibehalten (Satz 3).

Eine eigenständige Regelung in diesem Gesetz erfahren die Höhe der
Ausbildungsvergütung und, um den Besonderheiten des öffentlich-rechtlichen
Ausbildungsverhältnisses gerecht zu werden, die Begründung und Beendigung des
Ausbildungsverhältnisses. Hinsichtlich der Ausgestaltung des
Vorbereitungsdienstes wird auf die beamtenrechtlichen Vorschriften verwiesen.
Damit sind z.B. die Bestimmungen über Nebentätigkeiten, Urlaub, Mutterschutz
und Erziehungsgeld entsprechend anwendbar. Eine Ausbildung in Teilzeit wird zur
Klarstellung ausgeschlossen.

Zu Nr. 1 c)
Diese Regelung, die im Zusammenhang mit den Kapazitätsvorschriften in § 8 Abs.
2 bis 5 steht, soll Zweifeln über die Auslegung des bisherigen § 8 Abs. 2 Satz
2 JAG begegnen. Nach einer vom Verwaltungsgericht Berlin vertretenen Auffassung
sind die bereit gestellten Haushaltsmittel unter Ausschöpfung der
Ausbildungskapazität zum frühestmöglichen Zeitpunkt auszugeben, so dass die
bisherige Praxis, viermal jährlich eine gleich hohe Anzahl von Bewerbern
einzustellen, selbst wenn die Ausbildungskapazität nicht ausgeschöpft wird, in
Frage gestellt ist.
Die Beibehaltung dieser Praxis ist jedoch wegen des geordneten Gangs der
Ausbildung und der Prüfung zwingend erforderlich. Denn nur durch die
gleichmäßige Belastung der Ausbilder und Prüfer ist es möglich, einer so großen
Zahl von Referendaren eine qualitativ gleichwertige Ausbildung zu vermitteln.
Der Fortfall eines Einstellungstermines ginge erheblich zu Lasten solcher
Bewerber, die sich im Vertrauen auf vier Einstellungstermine im Jahr
zurückstellen lassen, auf Grund des erreichten Platzes auf der Warteliste zum
nächsten Termin in das Referendariat gelangen können, aber nach Streichung des
in Aussicht genommenen Einstellungstermins zusätzliche Wartezeiten in Kauf
nehmen müssen. Auch diejenigen Bewerber, die entweder aufgrund eines mindestens
"guten" ersten Staatsexamens oder aufgrund des Vorliegens einer
außergewöhnlichen Härte einen Anspruch auf verzögerungsfreie Fortsetzung ihrer
Ausbildung haben, müssten dann Wartezeiten in Kauf nehmen. Dieselben negativen
Auswirkungen können sich bei einer Verminderung der Zahl der Einstellungen
gegenüber dem regulären Turnus ergeben.

Auch haben die sich für das Ausbildungs- und Prüfungssystem zwangsläufig
ergebenden organisatorischen Probleme nicht hinnehmbare Auswirkungen auf den
Grundsatz der Chancengleichheit: Werden z.B. im Februar eines Jahres
überproportional viele Bewerber eingestellt, können im Mai wegen der
sechsmonatigen Ausbildung beim Zivilgericht nur wenige Bewerber aufgenommen
werden. Wegen der Verschiebung der Relation zwischen Lehrenden und Lernenden
erführen diese im Mai eingestellten Referendare eine deutlich intensivere
Ausbildung, da sie ggf. in einer Arbeitsgemeinschaft mit deutlich weniger
Teilnehmern unterrichtet würden. Im August stünde wieder die volle
Ausbildungskapazität zur Verfügung usw.

Zur Vermeidung all dieser Nachteile ist die Beibehaltung der bisherigen Praxis
dringend geboten. Die Neuregelung soll hierfür eine eindeutige gesetzliche
Grundlage schaffen.

Zu Nr. 1 d)
Wer den in Berlin begonnenen Vorbereitungsdienst abgebrochen und damit einen
Ausbildungsplatz zu Lasten eines anderen Bewerbers blockiert hat, soll für den
Fall einer erneuten Bewerbung um Aufnahme nicht die von § 8 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1
gewährten Vorzüge haben.

Zu Nr. 1 e)
Der neue Absatz 6 regelt Aufnahmeversagungsgründe, wobei die Nummern 1 und 3
bisher in § 19 Abs. 2 JAO als Soll-Vorschrift standen. Da nach der
Ermächtigungsgrundlage in § 23 Abs. 1 Nr. 5 JAG nur die Gestaltung des
Vorbereitungsdienstes, nicht jedoch materielle Zulassungsvoraussetzungen oder
Versagungsgründe durch Rechtsverordnung geregelt werden können, bietet sich
eine entsprechende Regelung im Juristenausbildungsgesetz an. Die Versagung ist
nur noch als Kann-Regelung ausgestaltet, um den Anforderungen des Art. 12 GG
besser zu entsprechen.
Als weiterer Versagungsgrund wurde das Vorliegen von Entlassungsgründen
aufgenommen (Nummer 2). Es entspricht der jetzigen Verwaltungspraxis,
diejenigen Bewerber, bei denen bereits bei der Aufnahme ein Entlassungsgrund
vorliegt, nicht in den Vorbereitungsdienst einzustellen.

Zu Nr. 2
Absatz 1 regelt die Höhe der Unterhaltsbeihilfe. Die Höhe ist so bemessen, dass
der Referendar in der Lage ist, sich der Ausbildung mit voller Arbeitskraft zu
widmen, ohne aus finanziellen Gründen zur Aufnahme einer Nebentätigkeit
gezwungen zu sein. Der festgesetzte Bruttobetrag orientiert sich an den in
Baden-Württemberg und im Saarland gezahlten Beträgen. Er berücksichtigt, dass
nur in Berlin eine Prüfungsgebühr zu entrichten ist. Neben dem Grundbetrag wird
ein Familienzuschlag in entsprechender Anwendung der für Beamte auf Widerruf
geltenden Vorschriften gezahlt.

Grundbetrag und Familienzuschlag nehmen automatisch an prozentualen Erhöhungen
der Anwärterbezüge nach dem Bundesbesoldungsgesetz teil.

Die Referendare im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis sind
sozialversicherungspflichtig. Sie sind gesetzlich in der Krankenversicherung,
der Pflege- und der Unfallversicherung sowie der Arbeitslosenversicherung
versichert. Im Gegensatz zum Beamtenstatus, aus dem sich nach Beendigung des
Vorbereitungsdienstes kein Anspruch auf Arbeitslosengeld oder -hilfe ergab,
erwerben die Referendare nunmehr aufgrund der Sozialversicherungspflichtigkeit
ihres Einkommens einen originären Anspruch auf Arbeitslosengeld und -hilfe.
Die Referendare bleiben aber rentenversicherungsfrei. Ihnen wird in Absatz 2
eine Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit, auf
Altersversorgung und auf Hinterbliebenenversorgung nach den Vorschriften für
Beamte gewährleistet; damit werden Versicherungsbeiträge zur
Rentenversicherung, die den Nettobetrag der Ausbildungsbeihilfe weiter absenken
würden, vermieden. Wie bisher werden die Referendare nach dem Abschluss der
Ausbildung nachversichert, wobei auf Antrag auch eine Zahlung der Beiträge an
das Versorgungswerk der Rechtsanwälte erfolgen kann. Insofern ist die
Rentenversicherungsfreiheit für diejenigen Referendare, die den Beruf des
Rechtsanwalts ergreifen, von Vorteil.

Die Leistungen an die Referendare sind damit abschließend geregelt; weitere
Zuwendungen, die Anwärter im Beamtenverhältnis erhalten, wie eine jährliche
Sonderzuwendung, Urlaubsgeld, vermögenswirksame Leistungen, Kaufkraftausgleich,
Reisekostenvergütung, Trennungsgeld und Beihilfe werden nicht gewährt. Das wird
durch Absatz 2 Satz 2 klargestellt.

Absatz 2 Satz 3 sieht vor, dass auf die Unterhaltsbeihilfe die
besoldungsrechtlichen Vorschriften entsprechend anzuwenden sind. Das ist
sachgerecht, weil die Besoldungsstellen auch sonst diese Vorschriften anwenden
und daher mit ihnen vertraut sind.

Die Vorschrift über den Zahlungszeitpunkt in Absatz 3 entspricht der für die
Angestellten des öffentlichen Dienstes üblichen Regelung.

Das Anspruchsende ist in Anlehnung an § 60 BBesG, mithin in Übereinstimmung mit
der jetzigen Verfahrensweise, geregelt. Die Zahlungen erfolgen aus sozialen
Gründen bis zum Ende des Monats, in den der letzte Prüfungsabschnitt fällt,
obwohl das Ausbildungsverhältnis vorher endet. Im Übrigen enden die Zahlungen
mit dem Auslaufen des Ausbildungsverhältnisses.

Zu Nr. 3
Zur Sicherung der Ausbildungsqualität sollen die Arbeitsgemeinschaften dem
Referendar auch Gelegenheit geben, die für die Berufsausübung benötigten
Schlüsselqualifikationen zu erlernen.

Zu Nr. 4
Die Streichung hängt mit der Änderung des § 12 zusammen.

Zu Nr. 5
Das Ende des Vorbereitungsdienstes wird zusammenhängend in § 12 geregelt.

Zu Nr. 5 a)
Die Vorschrift über die Beendigung des Vorbereitungsdienstes lehnt sich an die
bisherige Regelung in § 12 sowie die beamtenrechtlichen Vorschriften an.

In den Fällen des Absatzes 1 endet das Ausbildungsverhältnis kraft Gesetzes.
Inhaltlich entspricht die Regelung in Nummer 1 der Vorschrift in § 68 Abs. 2
LBG. Nummer 2 lehnt sich an § 68 Abs. 1 Satz 1 an.

Die Möglichkeit, auf Antrag das Ausbildungsverhältnis bei Vorliegen einer
außergewöhnlichen Härte in einem zweistufigen Verwaltungsverfahren zu
verlängern, entfällt. Die Verlängerung unter Fortzahlung der
Ausbildungsbeihilfe um bis zu sechs Monate reicht in der Regel aus, um das
Prüfungsverfahren vor dem Auslaufen der Zahlungen abzuschließen. Die
Neuregelung bezweckt eine Verwaltungsvereinfachung.

Zu Nr. 5 b)
Absatz 2 statuiert einer Reihe weiterer Beendigungsgründen und stellt die
Entscheidung im Einzelfall in das Ermessen des Präsidenten des Kammergerichts.
Nummer 1 entspricht der bisherigen Regelung in § 12 Abs. 1. Die
Dienstunfähigkeit (Nummer 2) als Beendigungsgrund lehnt sich an § 68 Abs. 1 LBG
an.
Nach § 83 LBG endet das Beamtenverhältnis im Falle einer strafrechtlichen
Verurteilung der dort genannten Art kraft Gesetzes; Nummer 3 soll die
Entlassung im Einzelfall ermöglichen. Bei einer groben Pflichtverletzung
(Nummer 4) muss es möglich sein, das Ausbildungsverhältnis zu beenden. Es ist
zu berücksichtigen, dass ein Referendar im Laufe seiner Ausbildung auch mit
sensiblen Daten und vertraulich zu behandelnden Informationen in Kontakt kommt,
so dass ein Mindestmaß an Integrität des Dienstbetriebs geschützt sein muss.

Zu Nr. 5 c)
Folgeänderung.

Zu Nr. 6
Folgeänderung.

Zu Nr. 7
Die Vorschrift dient der Gleichbehandlung von Frauen und Männern und vermeidet
zugleich eine Einschränkung der Lesbarkeit im Falle der Nennung der weiblichen
und männlichen Sprachform für jede einzelne Personen- und Funktionsbezeichnung.

Zu Nr. 8
Redaktionelle Änderung.

Zu Artikel II

Zu Nr. 1
Die Vorschriften über Versagungsgründe für die Aufnahme in den
Vorbereitungsdienst sind in das Juristenausbildungsgesetz aufgenommen worden,
so dass die diesbezügliche Regelung an dieser Stelle entfällt.

Zu Nr. 2
§ 26 regelt, unter welchen Voraussetzungen vorangegangene Ausbildungszeiten auf
den zweijährigen Vorbereitungsdienst angerechnet werden können. Neu ist die
Regelung, dass bei einer erneuten Einstellung in den Vorbereitungsdienst die
vorangegangene Ausbildung nicht wiederholt, sondern angerechnet wird.

Zu Nr. 3
Redaktionelle Änderung

Zu Nr. 4
Die Neuregelung trägt dem Umstand Rechnung, dass der Referendar im Verlauf
seiner Ausbildung gelegentlich hoheitliche Befugnisse ausübt, eine Überprüfung
seines Eintretens für die freiheitlich-demokratische Grundordnung (vor der
Berufung in das Beamtenverhältnis) aber nicht mehr möglich ist. Werden dem
Präsidenten des Kammergerichts vor der Einstellung oder danach Umstände
bekannt, die Zweifel an dem Eintreten für die freiheitlich-demokratische
Grundordnung begründen, kann er nach Überprüfung bestimmen, dass ein Referendar
hoheitliche Befugnisse nicht ausüben darf. Diese Entscheidung ist von den
anderen Ausbildungsstellen im Land Berlin, bei denen der Referendar später
ausgebildet wird, zu beachten.

Der unbestimmte Rechtsbegriff "aus wichtigem Grund" lässt es auch in anderen
verfassungsrechtlichen Konfliktsituationen zu, die Ausübung hoheitlicher
Befugnisse zu untersagen.

Zu Nr. 5
Die Vorschrift steht im Zusammenhang mit der Neuregelung in § 9 JAG.

Zur Sicherung der Ausbildungsqualität muss nicht nur die Zivilstation, sondern
auch die Strafrechtsstation mit einem zweiwöchigen Einführungslehrgang
beginnen.

Zu Nr. 6
Die Vorschrift entspricht Artikel I Nr. 7

Zu Artikel III

Zu Nr. 1
In der Praxis hat sich gezeigt, dass angesichts der Regelung des § 23 Abs. 2
Satz 3 JAG i.V.m. § 19 GebBeitrG die persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse eines Antragstellers ggf. in zwei Verfahren zu prüfen sind, und
zwar zum Einen nach § 4 PrüfGebO a.F. bezogen auf den Zeitpunkt der Fälligkeit
der Gebühr sowie zum Anderen hinsichtlich einer nach Fälligkeit eingetretenen
Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage nach § 23 Abs. 2 Satz 3 JAG i.V.m. §
19 GebBeitrG. § 23 Abs. 2 Satz 3 JAG i.V.m. § 19 GebBeitrG ermöglicht bezüglich
beider Zeitpunkte bzw. Zeiträume die erforderliche Billigkeitsentscheidung im
Einzelfall. Zur Verwaltungsvereinfachung kann § 4 entfallen.

Zu Nr. 2 und 3:
Folgeänderung.

Zu Artikel IV

Diese Regelung ist erforderlich, da im Rahmen dieses Artikel-Gesetzes auch
Verordnungen geändert werden. Es ist daher zu bestimmen, dass künftige
Änderungen im Verordnungswege vorgenommen werden können.

Zu Artikel V

Es ist zweckmäßig, das Juristenausbildungsgesetz, die Ausbildungs- und
Prüfungsordnung und die Prüfungsgebührenordnung in der geänderten Fassung neu
bekannt zu machen.

Zu Artikel VI

Eine Übergangsregelung ist für diejenigen Referendare erforderlich, die sich
bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits im Vorbereitungsdienst befinden: Sie
behalten ihren bisherigen Status.

(erschienen im DEFO-Info Nr. 45 vom SS 2002)



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