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Ausbildungsreform kommt - Fachbereichsrat beschließt sechs Schwerpunktbereiche - JPA skizziert Eckpunkte für Änderungen des Landesrechts

Es tut sich was in der Juristenausbildung. Zum Wintersemester 2003/2004 wird das Studium reformiert. Die Wahlfächer werden abgeschafft, dafür werden in Zukunft Schwerpunktbereiche studiert. Das Staatsexamen erstreckt sich nur noch auf die Pflichtfächer. Die Schwerpunktprüfung kommt an die Uni. Fremdsprachen und Schlüsselqualifikationen werden Inhalt des Studiums. Zur Kompensation der Mehrbelastung soll der Pflichtstoff gekürzt werden. Zeitplan und Inhalte der Reform umriss das JPA im November in einem Gespräch mit Professoren und Studierenden der Berliner und Brandenburger Universitäten. Über die Ausgestaltung der Schwerpunktbereiche an der FU entschied der FBR im Dezember. Ob es möglich sein wird, vom alten ins neues System zu wechseln, ist noch offen.

Die wichtigste Änderung der anstehenden Ausbildungsreform ist die Abschaffung des Staatsexamens in seiner bisherigen Form. Das erste juristische Examen wird künftig aus einem staatlichen Teil in den Pflichtfächern und einer universitären Schwerpunktprüfung bestehen. Dabei wird der Anteil der universitären Prüfung 30 Prozent betragen. Im Vergleich zu den bisherigen Wahlfächern erfahren die Schwerpunkte damit eine Aufwertung. Die gesetzliche Festlegung der Wahlfächer wird aufgehoben. Inhalt und Umfang der Schwerpunkte werden in Zukunft von den Unis selbst geregelt. Die Schwerpunktbereiche werden bisherige Wahlfächer zusammenfassen oder sich ganz neu herausbilden. Innerhalb der Schwerpunktbereiche werden Unterschwerpunkte (Module) gebildet, unter denen die Studierenden wählen können. Das bedeutet deutlich mehr Wahlmöglichkeiten für die Studierenden. So wird es beispielsweise in einem künftigen Schwerpunktbereich Internationalisierung der Rechtsordnung möglich sein, IPR mit Europarecht oder Völkerrecht mit Rechtsvergleichung zu kombinieren.


Schwerpunktstudium an der FU

Der Fachbereich hat den ersten großen Schritt zur Umsetzung der Reform getan. In seiner letzten Sitzung vor Weihnachten beschloss der Fachbereichsrat sechs Schwerpunktbereiche. Innerhalb dieser Schwerpunkte soll es eine möglichst große Breite an Modulen geben. Aus diesen Modulen wählt man dann Lehrveranstaltungen im Umfang von 16 Semesterwochenstunden. Dabei müssen drei Module mit jeweils mindestens vier Stunden abgedeckt werden. Die universitäre Schwerpunktprüfung bezieht sich ausschließlich auf die besuchten Lehrveranstaltungen. Sie besteht aus drei Teilleistungen: einer Seminarhausarbeit, einer Abschlussklausur und einer zehnminütigen mündlichen Prüfung. Die Hausarbeit muss in einem Seminar des Schwerpunktes geschrieben werden. Die Abschlussklausur kann in einer beliebigen Schwerpunktvorlesung geschrieben werden, wobei sie nicht aus dem gleichen Modul wie die Hausarbeit stammen darf. Die mündliche Prüfung bezieht sich auf alle im Schwerpunktbereich besuchten Lehrveranstaltungen. Die Gewichtung zwischen den Teilleistungen beträgt 4:3:3.


Änderungen im Studium

Neue Anforderung im Studium wird ein Fremdsprachennachweis. Er kann in einem Fachsprachkurs, einer Lehrveranstaltung über ausländisches Recht (in der Fremdsprache) oder durch ein Auslandsstudium (eventuell auch Praktikum) erworben werden. Ebenfalls neu sind die Schlüsselqualifikationen (Rhetorik, Verhandlungsmanagement, Vernehmungslehre, Mediation, Vertragsgestaltung usw.), von denen zumindest einzelne im Studium erworben werden müssen. Inwieweit hier Nachweise zu erbringen sind - mit Ausnahme des Kurzvortrags in der mündlichen Prüfung - ist noch unklar. Möglich ist eine Änderung bezüglich der Praktikumsbestimmungen. Während das JPA das Praktikum hinter das fünfte Semester (bisher drittes) verlegen möchte, sprachen sich Professoren und Studierende in der Diskussion mit dem JPA dafür aus, die Beschränkungen für Praktika ganz zu streichen. Das würde bedeuten, dass Praktika künftig ab den ersten Semester und auch während der Vorlesungszeit absolviert werden könnten.


Staatsprüfung in den Pflichtfächern

Die Staatsprüfung wird um das bisherige Wahlfach gekürzt. Gleichzeitig soll der Stoffkatalog der Pflichtfächer erheblich eingeschränkt werden, um die Mehrbelastung im Schwerpunktbereich zu kompensieren. Eingeschränkt werden soll vor allem Strafrecht - ebenso die Nebengebiete im Bürgerlichen und Öffentlichen Recht. Das Gelingen bleibt abzuwarten, denn hier scheint jeder Professor verbissen um sein Lieblingskind zu kämpfen. Unklar ist noch wie viele und aus welchem Bereich künftig die Klausuren gestellt werden. Professoren und Studierende haben sich einhellig für eine 3-2-2 Lösung (BGB, ÖR, StR) ausgesprochen. Das JPA dagegen favorisiert eine Roulette-Lösung. Insgesamt nur sechs Klausuren: 2-1-1 plus zwei Überraschungsklausuren nach Gusto des JPA. Diese Zufallslösung stieß auf allseitige Kritik. Änderungen gibt es auch in der mündlichen Prüfung. Eingebaut werden soll ein nicht-fallbezogener zehnminütiger Kurzvortrag, in dem man seine erworbenen Schlüsselqualifikationen unter Beweis stellen soll.


Zeitpunkt der Prüfungen umstritten

Umstritten ist noch, wie eine sinnvolle Regelung für das zeitliche Verhältnis von universitärer und staatlicher Prüfung aussehen könnte. Die Universitäten sprachen sich für eine völlige Wahlfreiheit der Studierenden aus, um die im Gesetz angelegte Gleichwertigkeit von universitärer und staatlicher Prüfung zu unterstreichen. Das JPA hingegen beharrt wohl auf einen relativ streng vorgegebenen Ablauf der Prüfungsreihenfolge mit der mündlichen Staatsprüfung am Ende. Wie dabei Wiederholungsmöglichkeiten gesichert und zugleich die Freischussregelung sinnvoll eingebettet wird, ist noch offen. NRW, das bereits einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, hat einen weitreichenden Vorschlag gemacht. Den Studierenden steht es frei, wann sie welche Prüfungsteilleistung erbringen wollen. Dort wird es in Zukunft auch möglich sein die Staatsprüfung abzuschichten. Die einzelnen Fächer können dann zu beliebigen Zeitpunkten zwischen dem fünften und achten Semester absolviert werden. Dieser Vorschlag stieß beim Berliner JPA allerdings auf taube Ohren.


Zeitplan

Der Zeitplan für die Reform ist eng gesteckt. Im November umriss das Justizprüfungsamt (JPA) erstmals die Änderungen des Landesrechts. Andere Länder sind schon deutlich weiter. In NRW und Baden-Württemberg sind Gesetzentwürfe schon im parlamentarischen Verfahren. Der Fachbereichsrat hat vor Weihnachten den Zuschnitt der künftigen Schwerpunktbereiche beschlossen. Bis zum Oktober müssen noch eine neue Studien- und Prüfungsordnung entworfen, JAG und JAO geändert und Übergangsbestimmungen getroffen werden. Völlig unklar ist bisher, inwieweit die jetzigen Studentinnen und Studenten noch von der Neuregelung Gebrauch machen können.


Fazit

Die Reform wird das Studium und die juristischen Fachbereiche grundlegender verändern als es auf den ersten Blick scheint. Die Schwerpunktbereiche werden verglichen mit den bisherigen Wahlfächern einen völlig neuen Charakter haben. Inhalt und Umfang der Schwerpunktbereiche können die Unis in Zukunft selbst bestimmen und sich so auf ihre Stärken konzentrieren. Mit der universitären Prüfung gewinnen die Fachbereiche ein gewaltiges Stück Autonomie. Sie haben die Chance, eigene Profile zu entwickeln. Für Studienanfänger wird in Zukunft transparenter sein, welche Stärken eine Uni hat. Damit treten die Fachbereiche in einen Wettbewerb miteinander. Und vielleicht das wichtigste: Die Professoren scheinen Lust auf diese Reform oder zumindest Gefallen an ihr gefunden zu haben. Das zeigen die lebhaften Diskussionen um deren Umsetzung. Endlich gibt es wieder etwas zu gestalten, statt nur den Mangel zu verwalten. Diese Reform ist eine Chance - und vielleicht lässt sich die positive Stimmung ja mit in den Hörsaal nehmen.

Florian Schierle

(erschienen im DEFO-Info-Update 46/1 im WS 2002 / 2003)



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