Stefanie Stallschus - Gombrich / Luhmann // Fortschritt / Evolution | ||
Die Strategie und die Originalität des gelungenen
Werkes besteht in der genealogischen Werkerinnerung, womit es sich selbst
und seine Originalität zugleich in Frage stellt.
Mit Hilfe des Gedächtnisses kann die Systemevolution konstruiert
und rekonstruiert werden, als ob sie einer verstehbaren Ordnung gefolgt
wäre, als ob sie einen Fortschritt vollzogen hätte, was im Gegenzug
bedeutet, daß mit der Historisierung der Stile sie selbst als Epochenbeschreibungen
daherkommen, was der Vergleichbarkeit von Kunstwerken eine nicht aufzuhebende,
zeitliche Richtung zuweist. Das Ergebnis ist die Einführung eines
historischen und regionalen Begriffs von Kultur. Wenn es aber keine allgemein
akzeptierten und zeitbeständigen Kriterien in der Kunstproduktion
mehr geben kann, wenn die Stile in der Funktion der Selektion zu Programmen
für die Programmierung der Kunst werden, dann ist der/die Künstler/in
(dasselbe gilt für den/die Betrachter/in) auf sich selbst als letzte
Instanz zurückgeworfen. Das bedeutet für Delacroix, daß
er schon mit vierundzwanzig Jahren beginnt ausführlich Tagebuch zu
schreiben, um seine künstlerische Entwicklung zu verfolgen. An dem
Beispiel wird deutlich, daß der sogenannte moderne Zweifel und der
"Verfall" der Kunst zu neuen Antrieben innerhalb des Kunstsystems werden.
|
||
|
||