Stefanie Stallschus - Gombrich / Luhmann // Fortschritt / Evolution | ||
Das Ansinnen Luhmanns, nämlich von einer Evolution des Kunstsystems
auszugehen, stellt die Kunstgeschichte sicherlich vor größere
Herausforderungen in der Akzeptanz als Gombrichs Ausführungen. Definiert
doch die Kunstgeschichte im allgemeinen ihre Aufgabe als eine Rekonstruktion
der Tradition im Sinne der Abhängigkeits- und Gegensatzbeziehungen,
die einzelne Kunstwerke untereinander verbinden. Wenn es aber um die Ergründung
des Problems geht, wie es zu einem Stilwandel kommt, wenn der weiter ausholende
Kontext der Geschichte gefragt ist im Sinne einer Beziehung zwischen künstlerischen
Erscheinungen und politischen, sozialen, u.ä. Phänomenen, dann
weist der/die Kunsthistoriker/in in der Regel eine Zuständigkeit weit
von sich, um nicht in die Falle einer "expressionistischen" Interpretation
der künstlerischen Entwicklung zu geraten. Womöglich läßt
das Konzept von Evolution, nämlich daß Entwicklung durch Mutation
und Selektion vorangetrieben sei, zwangsläufig das Ideal des autonomen
Künstlers fragwürdig erscheinen, was - in gewiß kleinerer
Dimension - einer kopernikanischen Kränkung gleichkommt.
Gombrich beginnt mit einer der einfachsten Vorstellungen von Fortschritt,
die für die Beurteilung einer Reihe von Kunstwerken einen Zweck veranschlagt,
den eine Darstellung immer besser als die letzte erfüllen sollte.
Das Prinzip einer fortschreitenden Entwicklung ist seit der Antike geläufig,
wo es erstmals von dem griechischen Schriftsteller Duris von Samos formuliert
wurde und heute in römischer Überlieferung noch erhalten ist.
Die Reihe griechischer Plastik läßt sich dann als ein Diagramm
lesen, das eine Bewegung dokumentiert von der harten, archaischen Plastik
über die angemessene Proportion und das Hinzufügen von Grazie
zur unübertroffenen Naturnachahmung.
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