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Chemiker und Biochemiker der FU sind Pioniere im Weltraum

Im Zentrum für Weltraummedizin entwickeln Berliner Forscher Versuche für die ISS

Gesichtererkennung - Den hab ich doch schon mal gesehen...

Hervorragende Leistung - Nafög Graduiertenprogramm

"Wissenschaft visuell 2001" - Fotopreis

Communicator Preis 2001

UKBF Barmer Preis für Medizin Journalismus

Lügendetektor - "Ehrenwörter" haben kurze Beine

Lektorenprogramme der Robert Bosch Stiftung

Preise und Ehrungen

[Eine kurze Geschichte der Raumfahrt]

(12. April) 1961: Erster bemannter Flug in den Weltraum. Start von Baikonur, Russland. Der Astronaut, Juri Gagarin, ist 1 Stunde und 48 Minuten unterwegs. In den folgenden Jahren wird die medizinische und naturwissenschaftliche Forschung im Weltall forciert. Die Aufenthalte in der Schwerelosigkeit werden immer länger, was auch Experimente über größere Zeiträume möglich macht.

(20. Juli) 1969: Landung auf dem Mond. Die Apollo 11 brachte die Landefähre Eagle in die Umlaufbahn des Erdtrabanten. Der erste Mensch, der die Mondoberfläche betritt, heißt Neil Armstrong.

(30. Oktober bis 6. November) 1985: Die D1-Misson ist die erste Spacelab-Mission unter deutscher Leitung. An Bord der Challenger befindet sich unter anderen Reinhard Furrer, später Professor an der Freien Universität.

(Februar) 1986: Das Kernmodul der russischen Raumstation MIR wird in eine Erdumlaufbahn gebracht.

(August) 1988: Die chinesische Rakete „Langer Marsch II“ nimmt ein europäisches Forschungspaket mit ins All. Proteine des Instituts für Biochemie der FU werden zur Kristallisation mitgeschickt.

(26. April bis 06. Mai) 1993: Zweite deutsche Spacelab-Mission (D2). 88 Experimente sind geplant. Mit an Bord sind weitere Kristallisationsexperimente der FU.

(20. November) 1998: Zarja (Morgenröte), das erste Modul der International Space Station, ISS, wird in die Umlaufbahn gebracht. Das russische Modul ist für die Energieversorgung und zu Lagerzwecken konstruiert. Bis 2004/2005 soll die Internationale Raumstation Stück für Stück zusammengesetzt werden. Das europäische Modul heißt Columbus und beherbergt unter anderem ein Weltraumlabor.

(3. November) 2000: Eine dreiköpfige Crew, ein Amerikaner und zwei Russen, bezieht die Internationale Raumstation für einen 117tägigen Aufenthalt. Sie sollen die Station für den dauerhaften Betrieb „anfahren”. Bei so genannten „Flight Tests” werden die Astronauten den weiteren Aufbau der ISS vor Ort betreuen. Geforscht und experimentiert wird ab 2001.

   
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[Chemiker und Biochemiker der FU sind Pioniere im Weltraum
Schwerelose Strukturen

]

Dietrich von Richthofen

[Foto Raumstation]

Das Automated Transfer Vehicle (ATV), das im Oktober 2002 zu seinem ersten Testflug starten wird, kann neben den Proteinen der FU-Biochemiker 9 Tonnen wissenschaftliches Material, Ausrüstung und Wasser zur ISS transportieren
Foto: ESA/Dueros

Als der russische Kosmonaut Juri Gagarin 1961 zum ersten bemannten Raumflug der Geschichte abhob, startete er in ein Abenteuer voller Ungewissheiten. Niemand konnte sicher sagen, wie sich der ungeheure Schub auswirken würde, der beim Start die Raumfahrer in ihre Sessel drückt. Auch der Effekt der Schwerelosigkeit auf den menschlichen Körper war noch unbekannt. Mittlerweile ist vieles in der Raumfahrt zur Routine geworden. Kaum jemand zittert heute noch mit, wenn eine Rakete ins All startet. Wir haben uns daran gewöhnt, dass der Weltraum vom Menschen erobert, erforscht, genutzt wird.

Auch die biochemische Forschung hat das Weltall für sich entdeckt. Für die Naturwissenschaftler eröffnete sich durch die Raumfahrt eine Möglichkeit, die auf der Erde undenkbar ist: Sie können chemische Prozesse unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit beobachten. Zwar lässt sich dieser Zustand unter dem Einfluss der Gravitationskraft unseres Planeten kurzfristig simulieren, indem man mit einem Flugzeug Parabelflüge durchführt, doch der freie Fall, der im Sturzflug Bedingungen schafft, die denen unter fehlender Gravitation ähneln, dauert nur wenige Sekunden. Zu kurz, um komplexe biochemische Reaktionen durchzuführen.

1985 startete die D1-Mission. An Bord das deutsche Weltraumlabor „Spacelab” mit dem Wissenschafts-Astronauten Reinhard Furrer, später Professor an der FU. Die FU-Biochemiker waren bei dieser Reise noch nicht dabei, doch bei der D2-Mission 1993 lag die Zuständigkeit für die Experimente zur Kristallisation von Biomolekülen in ihren Händen. Seitdem gab es 12 Missionen, an denen die FU mit Projekten aus der Biochemie und Medizin beteiligt war.

Prof. Wolfram Saenger vom Institut für Kristallographie (Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie) war bei mehreren Projekten zur Forschung unter Mikrogravitation dabei. Er beschäftigt sich mit der dreidimensionalen Struktur biochemischer Moleküle. „In der Protein-Kristallographie werden Kristalle mit Röntgenlicht einer bestimmten Wellenlänge bestrahlt. Die Röntgenstrahlen werden durch ihre Wechselwirkung mit den Atomen abgelenkt. Dadurch erhält man ein Muster, aus dem man die Lage der Atome zueinander berechnen kann. Weiß man, wie die Atome räumlich angeordnet sind, kann man die Struktur des jeweiligen Moleküls in atomarer Auflösung darstellen. Damit wirkt die Proteinkristallographie wie ein Supermikroskop.”

Bevor die räumliche Anordnung der Atome untersucht werden kann, müssen die Substanzen gereinigt und kristallisiert werden. Das ist nicht immer einfach, bei Proteinen gilt es als hohe Kunst, einen sauberen und gleichmäßigen Kristall zu gewinnen, denn der Vorgang der Kristallisation ist immer noch wenig verstanden. Doch Wolfram Saenger sieht den Silberstreif am Firmament: „Die Weltraumforschung hat dazu geführt, dass man sich viel mehr um ein Verständnis der Kristallisation bemüht hat, als das früher der Fall war”, freut sich der Kristallograph, denn im Weltraum kommt man der Sache näher. „Die Bildung von Kristallen verläuft in der Schwerelosigkeit ganz anders als auf der Erde. Da keine Schwerkraft vorhanden ist, sinken entstehende Kristalle in Flüssigkeit nicht nach unten (die Konvektion ist ausgeschaltet), sondern bleiben in der Flüssigkeit schweben. Dies bewirkt, dass die Kristalle regelmäßiger und größer wachsen können und vor allem, dass die Proteinmoleküle in den Kristallen besser geordnet sind und damit in der Röntgenstrukturanalyse höhere Auflösung (mehr Detail) erreicht wird”.

Also isoliert man die Proteine auf der Erde und schickt sie auf einer Forschungsmission in den Weltraum, wo man sie unter der Obhut dazu ausgebildeter Astronauten nach bereits bekannten, auf der Erde ausgetüftelten Rezepten, kristallisieren lässt. Nach der Rückkehr zur Erde wird ihre Struktur analysiert.

Besonders die Pharmaindustrie interessiert sich für die Struktur der Biomoleküle. Die Kenntnis dieser Struktur ist hilfreich, um maßgeschneiderte Wirkstoffe herstellen zu können (Drug Design). Bei der Behandlung von Infektionskrankheiten ist die Resistenz der Krankheitserreger gegen Antibiotika ein häufig auftretendes Problem. Prof. Saenger und seine Arbeitsgruppe erproben einen neuen Ansatz in der Entwicklung von Antibiotika, indem sie versuchen, diese Resistenzen zu umgehen. Das kann gelingen, wenn man die Funktion der Helikase, eines bei der Vermehrung des Erbguts unverzichtbaren Enzyms, in den Bakterien gezielt hemmt. Wenn man die entsprechenden Andockstellen in der Enzymstruktur kennt, können passgenaue Moleküle entwickelt werden, die das Bakterium an der Fortpflanzung hindern.

Auch Prof. Volker Erdmann vom Institut für Biochemie (Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie) beforscht den räumlichen Aufbau solcher Moleküle. „Mit der Weltraumforschung wollen wir biologische Makromoleküle zur Kristallisation bringen, um dann mit ihnen eine Röntgenstrukturbestimmung vornehmen zu können. Letztendlich geht es dabei um RNA-Moleküle, die für die biotechnologische und medizinische Grundlagenforschung von großer Bedeutung sind.” Die Ribonukleinsäuren (RNA), Erdmanns Spezialgebiet, sind beim Aufbau der Ribosomen, der „Proteinfabriken” der Zelle beteiligt, und über sie wird die gesamte Erbinformation in der Zelle vermittelt. „Langfristig ist zu erwarten, dass wir RNA-Strukturen mit besonderen Eigenschaften voraussagen können, um sie dann mit besonderen Syntheseautomaten herzustellen”, beschreibt Erdmann die Zukunftsaussichten.

Finanziert werden derartige Projekte von der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt (DLR), dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und von der Europäischen Luftfahrtbehörde ESA und der NASA unterstützt. Weltraumforschung ist teuer. Da stellt sich die Frage, ob man wirklich soviel neue Erkenntnisse aus den Experimenten im All gewinnt. „Die Resultate, die wir heute erzielen, rechtfertigen bislang noch nicht die eingesetzten Finanzmittel” glaubt Wolfram Saenger. „Dies könnte sich aber ändern, wenn wir die Kristallisation besser verstehen und sie besser steuern können. Wichtig ist vor allem die begleitende und weitergehende Forschung auf der Erde.” Auch Volker Erdmann unterstreicht die Bedeutung der Schwerelosigkeit für die bodenständige Grundlagenforschung: „Für die Vorbereitung der Weltraumexperimente müssen wir sehr umfangreiche Kontrollexperimente in den Laboratorien durchführen. Hierbei werden nicht nur Grundkenntnisse erarbeitet, sondern auch in erheblichem Umfang Diplomanden und Doktoranden ausgebildet.”

Nach einem Dutzend Weltraummissionen sind die Erfahrungen gewachsen und die Aussichten so gut, dass man weitermachen will.

[Info]

Schwerkraft Das Gravitationsgesetz von Newton besagt, dass jeder Körper auf jeden anderen Körper eine anziehende Kraft ausübt. Diese Kraft wächst mit der Masse der Körper und ist deshalb zwischen kleinen Gegenständen sehr gering. Zwischen den Planeten ist die Anziehungskraft wegen der beträchtlichen Masse sehr groß. Die Schwerkraft hält die Planeten auf ihrer Umlaufbahn um die Sonne und bewirkt, dass uns Erdbewohnern gelegentlich ein Apfel auf den Kopf fällt.

Schwerelosigkeit Um die Anziehungskraft eines Planeten zu überwinden, muss man sich weit von ihm entfernen, da die Schwerkraft mit der Entfernung der Körper geringer wird. Will man das Gravitationsfeld der Erde verlassen, muss man eine bestimmte Anfangsgeschwindigkeit haben. Diese so genannte Fluchtgeschwindigkeit liegt bei ungefähr 40000 km/h. Das sind 11,1 km/sec.
Fehlt die Gravitation, muss der Körper keine Kraft mehr aufwenden um sich aufrecht zu halten. Das führt dazu, dass die Muskeln abgebaut werden und die Knochen degenerieren. Pflanzen, die sich bei ihrem Wachstum nach der Schwerkraft richten, haben im Weltraum Orientierungsprobleme.

Protein Das Wort Protein ist abgeleitet vom griechischen Wort proteios, erstrangig. Proteine sind die Werkzeuge der Zelle und spielen bei allen biologischen Vorgängen eine wichtige Rolle. Aufgebaut sind sie aus Aminosäuren, die miteinander zu einer Kette verknüpft sind. Dieser Strang faltet sich zu einer dreidimensionalen Struktur, die für die Funktion von entscheidender Bedeutung ist. Proteine sind das Produkt der Gene, auf denen die Information für die jeweilige Reihenfolge der Aminosäuren liegt.

Kristall Allgemein ist ein Kristall ein fester Körper, dessen Bauelemente gleichmäßig und in einer starren Gitterstruktur angeordnet sind. Proteine, die auch Eiweiße genannt werden, stellt man sich meistens als schleimige Masse oder weiche, flexible Substanz vor. Aber auch Proteine bilden unter geeigneten Bedingungen Kristalle. Durch die Unbeweglichkeit und die sich wiederholende Anordnung eignen sich diese Eiweißkristalle für eine Untersuchung ihres räumlichen Aufbaus.

 
 
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