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[Zehn Millarden jährlich – 5000 neue Professoren]

Zum Schluss reichten die angefertigten Pressemappen nicht mehr aus. Der Andrang im Haus der Bundespressekonferenz war groß, als der Erziehungswissenschaftler und Präsident der Freien Universität Berlin, Prof. Dr. Dieter Lenzen, und der Präsident der Leibniz-Gemeinschaft, Prof. Dr. E. h. Hans-Olaf Henkel zur Pressekonferenz einluden. Beide präsentierten ihr gemeinsames Sofortprogramm für die Sicherung des Wissenschafts- und Wirtschaftsstandortes Deutschland. Sie forderten die Bundesregierung und die Länder dringend zum Handeln auf, die entsprechenden Maßnahmen sollten noch im laufenden Jahr realisiert werden.

Im Sofortprogramm sind wettbewerbsfördernde Strukturveränderungen, Maßnahmen zur Qualitätssicherung sowie jährliche Investitionen von zehn Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung vorgesehen (siehe Kasten). „Bund und Länder kommen nicht darum herum entsprechende Ansätze für die Budgets des Jahres 2005 jetzt einzuplanen“, so Prof. Dr. Dieter Lenzen, „ansonsten kann das Ziel bis zum Jahr 2010 jährlich 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in Forschung und Entwicklung zu investieren, nicht ernst gemeint sein.“ Lenzen und Henkel appellierten an Politik, Medien und Öffentlichkeit, die derzeitige Diskussion um mehr Innovationen in der Gesellschaft zu nutzen und ein derartiges Programm zu unterstützen. Die aktuelle Debatte um ein Engagement des Bundes im Wissenschaftsbereich hat zwar eine Reihe von Vorschlägen generiert. Diese drohen jedoch, sich auf Rhetorik oder spektakuläre Einzelmaßnahmen, wie z.B. die Gründung einer „Eliteuniversität“, zu reduzieren. Auch die erste Sitzung des neu gegründeten Innovationsrates im Januar brachte aus der Sicht der Wissenschaft keine neuen Impulse. „Wir sollten uns an der kanadischen Regierung ein Beispiel nehmen, die unter anderem beschlossen hat, 2000 zusätzliche Lehrstühle zu finanzieren. Nur durch einen derartigen Befreiungsschlag haben wir die Chance, bei Bildung und Forschung wieder Anschluss an die Weltspitze zu schaffen und unseren Wohlstand zu sichern. Durch die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen würden schließlich auch in Deutschland im Wettbewerb Spitzenuniversitäten entstehen“, erläuterte Henkel.

Goran Krstin


1. Investitionen:

Um die Betreuungsrelation Lehrende – Lernende von heute 1:55 zu verbessern, ist eine Neueinstellung von mindestens 5.000 Professoren und +15.000 Wissenschaftlichen Mitarbeitern notwendig. In den amerikanischen Spitzenuniversitäten liegt diese Relation heute schon bei 1:7. Um den verlorenen Anschluss an die Weltspitze zurück zu gewinnen, erfordert das die Bereitstellung von jährlich ca. drei Milliarden Euro.
Zur Verbesserung der teilweise veralteten technischen Ausstattung von Hörsälen mit Multimedia etc. und der Entwicklung von Lernsoftware für Hochschulen müssen jährlich zwei Mrd. Euro, für die Gewinnung und Unterbringung internationaler Spitzenwissenschaftler und ausländischer Studierender müssten ebenfalls zwei Mrd. Euro bereit gestellt werden. Für den überfälligen Ausbau von Forschungseinrichtungen an deutschen Universitäten müssten weitere drei Mrd. Euro investiert werden.

2. Strukturmaßnahmen:

Neben Investitionen sind auch strukturelle Maßnahmen nötig, um das deutsche Wissenschaftssystem wieder wettbewerbsfähig zu machen.
Dazu gehören die Abschaffung des Hochschulrahmengesetzes und sein Ersatz durch ein Wissenschaftssicherungsgesetz, mit dem

  • die Internationalisierung aller Studiengänge,
  • die Veränderung der Rechtsform von Hochschulen zu Stiftungen und anderen Gesellschaftsformen,
  • die Stärkung der Nachfrageorientierung von Hochschulen und Forschungseinrichtungen
  • und der Ersatz der Staatsaufsicht über Hochschulen und Forschungseinrichtungen durch Vertragsmanagement ermöglicht werden.

Gesetzliche Maßnahmen sind zu treffen, die den Verbleib ausländischer Studierender und Wissenschaftler durch Daueraufenthaltsrecht und Familiennachzug ermöglichen.

Die Bemühungen um einen Wissenschaftstarifvertrag müssen endlich erfolgreich zum Abschluss gebracht werden, Beschäftigungsverhältnisse im Wissenschaftsbereich sind nach vielen ausländischen Vorbildern zu befristen.
Die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) ist zu schließen und durch ein professionelles Auswahlverfahren der Hochschulen zu ersetzen. Das Verbot zur Erhebung von Studiengebühren ist aufzuheben, um bei gleichzeitigen erheblichen Steuersenkungen weitere Finanzquellen zu erschließen. Stipendien für Bedürftige sind sicher zu stellen.

3. Qualitätssicherung

Zur Qualitätssicherung sollen Qualitätssiegel für alle Studiengänge und Forschungseinrichtungen eingeführt werden.
Der immer stärker werdenden Bedeutung der beruflichen Weiterbildung soll durch die Einrichtung entsprechender Fakultäten Rechnung getragen werden.
Modulangebote und Lehraufträge an Berufsexperten sollten berufsqualifizierende Elemente in der Hochschulausbildung unterstützen. Sowohl eine verstärkte Professionalisierung der Lehrerausbildung ist Teil des präsentierten Sofortprogramms als auch Leistungsprämien, die für wissenschaftliches Personal und Studierende eingeführt werden sollten.

gk


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