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[Geochemiker untersuchen den Vulkan Papandayan in West-Java]

Schwefel trtt mit mehr als 200 Grad Celsius aus dem vulkanischen Untergrund. Dabei bilden sich eine Vilezahl von Schwefelsäulen (unten) und großflächige Ablagerungen (oben) des Elements.

Feuer speiende Giganten, die seit Menschengedenken die Fantasie erregen: Vulkane gelten von Alters her als beeidruckende und gefürchtete Naturschauspiele. Auch Vulkanologen begegnen dem Gegenstand ihrer Forschungen mit Respekt. Für sie sind die Vulkane mehr als nur schaurige Feuerschlünde. Vulkane geben Auskünfte beispielsweise über den Hydrothermalismus in der Tiefsee. Darunter versteht man ein von Wärmequellen getriebenes Zirkulationssystem, das an vulkanische Vorgänge am und unter dem Meeresboden gebunden ist. Vulkane verändern sich. Ihre Morphologie berichtet über die geologische Entwicklung auf der Erde. Landvulkane sind besser zu beobachten als die maritimen Schlote.

Der Vulkan Papandayan liegt in West-Java und wurde von den Experten der Freien Universität mehrfach besucht. Java gehört zum indonesischen Inselreich, das 129 aktive Vulkane zählt. Sie entstanden, wo die indo-australischen Platte unter den Rand der euro-asiatischen Platte taucht. Viele von ihnen sind nicht ungefährlich, aber die Fruchtbarkeit der vulkanischen Böden zieht die Menschen an. Deshalb sind auch die unteren Hänge des Papandayan relativ dicht besiedelt.

Der Stratovulkan liegt 45 Kilometer südlich der Metropole Bandung. Der mehrere Hundert Meter hohe umlaufende Wall erreicht eine maximale Höhe von 2665 Metern. Der Innenraum mit mehreren Kratern liegt zwischen 2200 und 2300 Meter hoch. Der Papandayan entstand im jüngeren Pleistozän und besitzt eine Caldera mit mehreren jüngeren und älteren Kratern. Sie hat einen Durchmesser von 1,5 bis 1,8 Kilometern, wird von mehreren nordöstlich verlaufenden Störungen durchzogen und hat am Nordwestrand einen Durchbruch.

Der jüngste Ausbruch des Vulkans erfolgte im Herbst 2002, von 15. November bis Anfang Dezember wurden mehrere Ausbrüche registriert. Die Ausbrüche fanden im östlichen Bereich der Caldera direkt unterhalb des Walls statt: Drei neue Krater taten sich auf. Große Waldflächen wurden durch die Aschenstürme vernichtet.

Im Frühjahr 2003 bot sich den Forschern das Bild von Teufels Küche: Mit ihrem trüben Farbspektrum, das von dunkelgrau über braun bis beige reicht, wirkt die Caldera auf den ersten Blick relativ steril. Schaut man jedoch genauer hin, erkennt man mehr farbige Flecken wie rote Streifen auf dem Gestein oder kanariengelbe Tupfer von Schwefel. Wechselnde Grautöne zeigt vor allem der mehr oder weniger alterierte Andesit, der das dominierende vulkanische Gestein ist. Nach einer Stunde Fußmarsch durch eine Mondlandschaft aus mit grauen Felsblöcken übersäten Schlammströmen erreicht man als erstes den sogenannten „Goldenen Krater“ (Kawah Mas), wo mehrere Solfataren geräuschvoll für Schwefelbildungen sorgen. Der Krater ist ein 100 bis 200 Meter breiter Hügel, der durch zwei zehn bis zwanzig Meter tiefe Täler (Störungen) seitlich begrenzt wird. Man muss also klettern, um das Schwefelfeld zu erreichen.

Übelriechende Gase treten zischend aus Spalten und Löcher aus, 120 bis 450 Grad heiß, unter hohem Druck. Der Lärm erinnert an einen Dampfstrahler, mit dem man Gebäude reinigt. Der scharfe beißende Geruch deutet auf Schwefelwasserstoff, Salzsäure und Schwefeldioxid hin. Es geht zu, wie in einem brodelnden Freiluftlabor. Gespeist wird diese irdische Hölle von einem Magmakörper im Untergrund, der die tieferen Schichten permanent aufheizt.

Schwefel ist das beherrschende Element dieser vulkanischen Küche. Aus den mit Schwefelwasserstoff angereicherten Gasen (Solfataren) entsteht durch Oxidation, Abkühlung und Sublimation gediegener Schwefel. Diese feinpulvrigen Sublimate sind nur die ersten Produkte. Durch Austrittsgase mit Temperaturen deutlich über 200 Grad Celsius wird der feste Schwefel verflüssigt und bildet nun eine rotbraune Schmelze niedriger Viskosität. Hierbei können goldgelbe Schornsteine von bis zwei Metern Höhe mit zentimeterdicken Wänden entstehen. Im Inneren der Röhren wird die rotbraune Schwefelschmelze nach oben getrieben. Sie fließt aus und tropft außen nach unten. Sie erstarrt und bildet schließlich eine Vielzahl von Schwefelsäulen. Aber nicht nur gediegener Schwefel sondern auch Sulfate wie weißer Gips oder Eisensulfide kommen vor. Sie alle prägen das atemberaubende Farbenspiel am Boden der Caldera.

Etwa einen Kilometer vom goldenen Schwefelhügel entfernt liegen die drei neuen Krater. Dort befindet sich auch eine surreale Endzeitlandschaft, ein Wald von trostlosen nackten Baumskeletten in einem hellgrauen Aschefeld. Es sind die Überreste eines Waldes, der unter einem Aschesturm begraben wurde. Die runden bis ovalen Krater haben Durchmesser von zwanzig bis achtzig Meter. Der oberste Krater ist ein großes Loch, aus dem heiße Gase aus der Unterwelt strömen. Im Gegensatz dazu sind die beiden anderen Explosionskrater mit farbigen heißen Lösungen gefüllt. Der eine enthält ein siedendes schwarz-graues Fluid. Am Rand des kochenden Teiches werden eisensulfidhaltige Sedimente abgelagert. Der andere vulkanische Kratersee liegt näher am Calderawall und hat eine gelbgrüne Farbe, die wahrscheinlich durch suspendierten Schwefel und gelöstes Eisenchlorid verursacht wird. In beiden Kraterseen sind sicher Bakterien an der Schwefelumwandlung beteiligt.

Die östliche Störungszone stellt mit drei trichterförmigen Schloten den aktivsten Teil des Papandayan dar. Dort ist die Schmelze dem Calderaboden am nächsten. Die Störungen gehen offensichtlich tief genug, um dieses Wärmereservoir anzuzapfen. Die beiden wichtigsten Indikatoren für vulkanische Aktivität im Untergrund sind deshalb die Temperatur der Fumarolen (heiße Gase) und der Anteil an Kohlendioxid. Die kontinuierliche Erfassung von Kohlendioxid und der Temperatur in Kombination mit der Mikroseismizität kann sehr hilfreich sein, um vulkanische Ausbrüche vorherzusagen. Steigt zum Beispiel der Kohlendioxidgehalt in den Fumarolen über 15 Prozent, so ist das ein Hinweis auf aufsteigende Schmelze und eine eventuell bevorstehende Eruption.

Peter Halbach

Fotos: Halbach, Mubandi

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